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Der Vereinsamung entgegentreten

Umfrage liefert wichtige Erkenntnisse zum Thema „Corona und die Zukunft der Kirche“

Umfrage liefert wichtige Erkenntnisse zum Thema „Corona und die Zukunft der Kirche“

Ebenso wie in anderen Bereichen, wirken die Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie auch auf das Erzbistum Paderborn wie ein Brennglas, das zuvor bereits wahrnehmbare Entwicklungen deutlicher hervortreten lässt. Das ist die Quintessenz einer Umfrage, die im September federführend von Dr. Katharina Lammers und Maximilian Schultes aus dem Erzbischöflichen Generalvikariat Paderborn in Kooperation mit Prof. Dr. Thomas Wienhardt von der Katholischen Hochschule NRW, Standort Paderborn, durchgeführt wurde. Maximilian Schultes arbeitet als Referent für „dialogische Pastoral in Kirche und Gesellschaft“ im Erzbischöflichen Generalvikariat, wo er in der Abteilung „Glauben im Dialog“ angesiedelt ist. Katharina Lammers ist als Referentin für „(Hoch-)Schulpastoral“ im Bereich „Schule und Erziehung“ ebenfalls im Generalvikariat tätig.

Vorgestellt wurden die Ergebnisse der Befragung innerhalb des am 14. Dezember abgehaltenen Online-Seminars „Corona und die Zukunft der Kirche“. Die vom Paderborner Bildungs- und Tagungshaus Liborianum veranstaltete Zusammenkunft fand im Rahmen der Online-Seminarreihe „Kultur im Wandel“ statt.

Wer sich beteiligt hat

Exakt 1.048 Personen zwischen 17 und 85 Jahren, alle im Erzbistum Paderborn beheimatet, haben sich an der Umfrage beteiligt. Obgleich es Rückmeldungen aus allen Dekanaten gab, stammen die Reaktionen schwerpunktmäßig aus den Dekanaten Paderborn, Lippstadt-Rüthen, Höxter, Dortmund und Bielefeld-Lippe. Bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern handelt es sich um haupt- und ehrenamtlich Tätige, die im Rahmen der Befragung Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse aus der ersten Phase der Pandemie wiedergegeben haben. Ziel der Befragung war es laut Maximilian Schultes, „die Auswirkungen der Pandemie auf die Pastoral im Erzbistum Paderborn zu erheben“.

Obwohl die Umfrage – da sie sich, statt an alle, vor allem an die hochengagierten Kirchenmitglieder richtete – laut den Verantwortlichen „nicht repräsentativ ist“, ließen sich anhand der Antworten „wichtige Trends ablesen“. Diese wiederum hat das Team in fünf Thesen überführt, die nachfolgend erläutert werden.

Fünf zentrale Thesen

  1. These: Kontakt ist am wichtigsten
  2. These: Beteiligungsformate müssen aufrechterhalten werden
  3. These: Die Mitarbeiter des Erzbistums Paderborn haben unterschiedlich auf die Situation reagiert
  4. These: Jung und Alt bewerten die Veränderungen unterschiedlich
  5. These: Ehrenamtliche wollen sich auch in der Krise engagieren

1. These: Kontakt ist am wichtigsten

Noch vor Gottesdienst-Streamings oder Telefon-und Onlineseelsorge hat der persönliche oder telefonische Kontakt vor Ort die größte Bedeutung. Den Menschen ist es wichtig, in ihren Fragen, Ängsten und Sorgen von vertrauten Seelsorgerinnen und Seelsorgern durch die Pandemie begleitet zu werden. Wo das ausbleibt, verzweifeln und vereinsamen viele.

2. These: Beteiligungsformate müssen aufrechterhalten werden

Sitzungen von Räten oder Gremien sind für das Gemeindeleben und die Beteiligung von Engagierten wichtig, konnten aber in der Pandemie oft nicht durchgeführt werden wie gewohnt. Vielerorts wurden (digitale) Alternativen geschaffen. Andernorts sind Sitzungen aber einfach ausgefallen. Das hat viele ehrenamtlich Engagierte verärgert, sie hatten dann das Gefühl, dass alte kirchliche Rollenmuster wieder aufbrechen und einfach über ihre Köpfe hinweg entschieden wird.

3. These: Die Mitarbeiter des Erzbistums Paderborn haben unterschiedlich auf die Situation reagiert

Ob Priester oder pastorale Mitarbeitende, ob Lehrkräfte oder in der Verwaltung Tätige: Die Berufsgruppen haben unterschiedliche Einstellungen gegenüber den Veränderungen gezeigt. Während manche stark verunsichert waren, haben andere sich als resilient oder erfinderisch erwiesen. Manchmal haben sich Pastoralteams selbst blockiert, weil zwischen unterschiedlichen Haltungen nicht vermitteln werden konnte – das lag mitunter auch daran, dass die Kommunikationskanäle im Team nicht gut funktioniert haben.
Hohe Resilienz weisen laut Prof. Thomas Wienhardt „die befragten Priester auf“. Sie seien „am wenigsten skeptisch unterwegs“. Nach Wienhardts Erkenntnis sind „Verwaltungsangestellte und Erzieherinnen und Erzieher eher skeptisch ausgerichtet“, Bildungsreferenten hingegen „Chancenseher“. Was daran liege, dass letztere Gruppe „meist digital gut aufgestellt und entsprechend versiert ist“. Ihre Devise: „Glauben geht auch digital.“

4. These: Jung und Alt bewerten die Veränderungen unterschiedlich

Menschen unter 36 Jahren sehen vermehrt die Chance, verändert – spirituell erfrischt, strategisch neu aufgestellt und priorisiert – aus der gegenwärtigen Situation heraus zu gehen. Menschen über 59 Jahren sind sehr skeptisch. Sie sorgen sich um den Abbruch bzw. Wandel der ihnen lieb gewonnenen Sozialformen in der Kirche. Einigen Älteren fällt es schwer, mit der verstärkten Digitalisierung der Kirche Schritt zu halten. Über alle Altersgrenzen hinweg war der eigene Glaube eine wichtige Stütze in der Krise.

5. These: Ehrenamtliche wollen sich auch in der Krise engagieren

Kirchlich gebundene Ehrenamtliche haben ihre Bereitschaft zum Engagement auch durch die Krise nicht verloren und sich in vielfältigen Formen engagiert. Gleichwohl gibt es Fälle, in denen sich Ehrenamtliche gerne noch stärker eingebracht hätten. Wegen der mancherorts fehlenden Andock-Punkte haben sie sich stattdessen im außerkirchlichen Ehrenamt eingebracht.
Insofern sollte die Pandemie auch zur strategischen Planung genutzt werden. Wo wird unsere Pfarrei im kommenden Jahr, wo in fünf und wo in zehn Jahren stehen? Viele Befragte können eine solche Strategie kaum erkennen.

Den Blick nach vorn gerichtet

Und was bringt die Zukunft? Oder wie Maximilian Schultes es formulierte: Wie kann man im Angesicht der andauernden Situation „das Christliche in neue Formen bringen“? Eine Möglichkeit besteht für Thomas Wienhardt darin, sich „verstärkt an den Bedürfnissen der Menschen zu orientieren“. Katharina Lammers weiß, dass die Angebote, „die direkt auf die Bedürfnisse der Menschen abzielen, die positivste Resonanz hervorrufen“. Des Weiteren hält es Lammers für elementar, „aktuelle Antworten zu geben“ und „persönliche Botschaften zu formulieren“. Zudem scheint es Lammers wichtig, „akute Probleme und Handlungsbedarfe zu erkennen“. Letztlich muss es im kirchlichen Handeln gerade in der Bewältigung der Pandemie darum gehen, „Verbindung zwischen den Menschen und mit Gott zu schaffen“, wie Schultes betonte.

Die Zukunft ist digital

Eine Möglichkeit, solche Verbindungen zu schaffen, ist in den letzten Monaten im Kontext einer sich rasant vollziehenden Digitalisierung entstanden. Entsprechende Angebote werden laut Thomas Wienhardt „vielerorts bereits wahrgenommen“. Und zwar speziell dort, „wo vorher analoger Kontakt bestand“, wie Maximilian Schultes bestätigt. Bezug nehmend auf das virtuelle Themenfeld verweist Dr. Annegret Meyer auf die „steile Lernkurve hinsichtlich digitaler Angebote“.

Annegret Meyer leitet die Abteilung „Glauben im Dialog“ im Erzbischöflichen Generalvikariat in Paderborn. Sie moderierte das Online-Seminar, das beispielhaft für die aktuelle Entwicklung steht. Wo keine persönliche Interaktion stattfinden kann, sollten nach Möglichkeit digitale Ersatzformate auf den Weg gebracht werden. Sie scheinen nicht nur für den Moment, sondern auch mit Blick auf die (Corona-freie) Zukunft unabdingbar und könnten wesentlicher Baustein einer neuen, modern ausgerichteten Kirche sein.

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