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Zwischen Ungeduld und Hoffnung

Kurz vor der 3. Frauenkonferenz: Ein Interview zum stets aktuellen Thema „Frauen und Kirche"

Kurz vor der 3. Frauenkonferenz: Vier Frauen und ein Mann blicken im Interview auf das stets aktuelle Thema „Frauen und Kirche“

„Frauen und Kirche“ – ein stets aktuelles Thema, auch im Erzbistum Paderborn. Im Vorfeld der 3. Frauenkonferenz, die am kommenden Samstag, 6. März, stattfindet, haben wir mit vier Frauen und einem Mann über ihre gegenwärtige Stimmungslage mit Blick auf dieses Thema gesprochen.

Die vier Frauen haben sich schon intensiv an der 2. Frauenkonferenz im Dezember 2019 beteiligt: Dr. Annegret Meyer, Leiterin der Abteilung „Glaube im Dialog“ im Erzbischöflichen Generalvikariat, Schwester Alexandra Völzke FCJM, Salzkottener Franziskanerin, Kristina Sobiech, Koordinatorin von youngcaritas in Dortmund und Anja Geuecke, ehrenamtlich engagiert im Pastoralverbund Attendorn und vielen als „Hettwich vom Himmelsberg“ gut bekannt. Benedikt Körner vom Fachbereich „Interreligiöser Dialog“ ist noch relativ neu im Generalvikariat und hat die 3. Frauenkonferenz mit vorbereitet.

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Redaktion

„Frauen und Kirche“ – welche Gefühle haben Sie, wenn diese Worte fallen?

Anja Geuecke

Bei mir ist es vor allem ein Gefühl der Ungeduld. Geduld braucht eine Perspektive, und damit tue ich mich gerade schwer. Ich habe auch den Eindruck, dass die Pandemie einen Rückschritt gebracht hat und vor allem Frauen Leidtragende sind. Die Kirchenvorstände, in denen vor allem Männer sitzen, arbeiten weiter, während die Pfarrgemeinderäte, in denen sich vor allem Frauen engagieren, abgeschnitten von allem sind

Benedikt Körner

Ich empfinde Hoffnung und Skepsis zugleich. Hoffnung, dass sich etwas tut, weil inzwischen auch Führungspersönlichkeiten von einem Veränderungsbedarf sprechen. Ich glaube, das war vor ein paar Jahren noch nicht so möglich. Skeptisch bin ich deshalb, weil ich mich frage, wie das in Rom wahrgenommen wird.

Kristina Sobiech

Ich fühle mich im Augenblick hoffnungslos. Ich habe den Eindruck: Wir machen einen Schritt nach vorne und dann wieder drei zurück. Immerhin: Ich habe gelesen, dass im Vatikan jetzt zum ersten Mal eine Frau Stimmrecht bei der Bischofssynode hat – das ist mal wieder ein Schritt nach vorne.

Schwester Alexandra Völzke

Meine Reaktion: Es dauert! Ich glaube, man muss Geduld in der Ungeduld haben, so ähnlich wie in der Corona-Pandemie. Was wir derzeit haben, ist meiner Meinung nach kein Stillstand, aber es geht eben langsam.

Dr. Annegret Meyer

Ich bin derzeit „über dem Punkt“ und will viele Fragen gar nicht mehr stellen. Ich habe keine Lust mehr, für manche Dinge noch eine Erlaubnis einzuholen. Auf der anderen Seite erlebe ich aber auch, dass viele Menschen mit voller Power unterwegs sind und dass viel möglich zu sein scheint. Und das ist auch eine Wirklichkeit von Kirche.

3. Frauenkonferenz: Anmeldung nach wie vor möglich!

Die 3. Frauenkonferenz im Erzbistum Paderborn trägt die Überschrift „Von Mensch zu Mensch Kultur (ver-)wandeln“ und findet aufgrund der Corona-Pandemie in digitaler Form statt. Eine Anmeldung ist nach wie vor möglich.

Redaktion

Gab es zuletzt ein Ereignis, vielleicht auch eine Äußerung oder ein Statement zu diesem Thema, das besonders in Erinnerung geblieben ist?

Benedikt Körner

Mir fallen da zwei Punkte ein. Als die Diskussionen um Maria 2.0 losgingen, sagte mir eine Frau, die schon lange in der Kirche engagiert ist: Diese Diskussionen haben wir vor 50 Jahren auch schon geführt und gebracht hat es nichts. Und dann erinnere ich mich sehr positiv an den Segen, den Du, Annegret, am Ende eines Strategieworkshops gespendet hast – das war ein eindrucksvolles Statement.

Kristina Sobiech

Mir ist ein Bericht auf WDR 5 über Schwester Philippa Rath OSB in Erinnerung geblieben. Sie hat in einem Buch Zeugnisse von 150 Frauen gesammelt hat, die sich zur Priesterin oder Diakonin berufen fühlen – vor dem Hintergrund, dass es immer wieder heißt: Es gibt ja gar keine Frauen, die sich berufen fühlen, das sind nur Ausnahmen.

Dr. Annegret Meyer

Mir ist ein Statement von Christian Henneke aus dem Bistum Hildesheim hängen geblieben – gesagt hat er es bei der Online-Tagung „Gestaltwandel des Priesterlichen“ Anfang Februar, im Rahmen des Synodalen Wegs. Er sagte, dass die Kirche keine Reform des bestehenden Systems braucht, sondern einen Wechsel des Betriebssystems. Das trifft es genau: Ich will nicht im alten System „mehr“ dürfen, ich will ein anderes System.

Sr. Alexandra Völzke

Mir ist auch ein Statement von dieser Tagung in Erinnerung geblieben, und zwar von Pater Martin Werlen OSB. Er sagte, die Taufe sei wichtiger als das Geschlecht. Wenn jeder seine Taufberufung leben kann, dann ist das ein Geschenk für die Kirche.

Anja Geuecke

Den Gedanken der Taufberufung kann ich nur unterstreichen. Ich will ja niemandem etwas wegnehmen, sondern an Verantwortung beteiligt sein. Und ich glaube übrigens, dass viele Pastöre inzwischen auch „über den Punkt“ sind, was das Thema „Frauen und Kirche“ angeht.

Redaktion

Wie haben Sie die letzte Frauenkonferenz im Dezember 2019 in Erinnerung?

Kristina Sobiech

Gut, ich war „geflasht“ von der Veranstaltung – es herrschte irgendwie Festival-Feeling. Die Frage ist aber: Was ist draus geworden, wie ist es weitergegangen? 2020 ist irgendwie nichts weiter zu dem Thema passiert…

Dr. Annegret Meyer

2020 hat die Corona-Pandemie natürlich viele Themen überlagert… Mir ist aber auch die große Kraft dieser Veranstaltung in Erinnerung geblieben. Und der Auftritt von Dir, Anja, als Hettwich von Himmelsberg, war ein wichtiges Ventil, dass die Frauen über ernste Themen einfach auch mal lachen konnten.

Anja Geuecke

Mir ist noch in Erinnerung geblieben, dass Frauen mich fragten, wann denn die erste Frauenkonferenz gewesen ist- davon hatten sie gar nichts mitbekommen. Und wie man zur zweiten hätte kommen können. Da ist es ganz gut, dass die dritte Konferenz jetzt keine Begrenzungen der Teilnehmerzahl mehr hat.

Sr. Alexandra Völzke

Ich erinnere mich auch an die gute Atmosphäre. In den Gesprächen habe ich alle mögliche Stimmungslagen wahrgenommen: großen Frust und Enttäuschung, aber auch großes Engagement sowie die Botschaft: Bei uns klappt es super! Es gibt eine ganz große Bandbreite, wie es Frauen im Erzbistum gerade geht.

Dr. Annegret Meyer

Ja, es war eine große Fülle, die da zusammenkam. Die Ergebnisse haben wir auch zugänglich gemacht, an den Themen wird weiter gearbeitet. Die 3. Frauenkonferenz wird da eine weitere Bündelung vornehmen, indem die Anliegen der 2. Frauenkonferenz mit den Schlüsselthemen des Diözesanen Weges 2030+ zusammengebracht werden. Und ich hoffe, es wird auch mehr Klarheit geben, wie ein wirksamer nächster Schritt aussehen kann.

Anja Geuecke trifft Hettwich vom Himmelsberg

Im Video unterhält sich Anja Geuecke mit ihrer Kabarett-Figur Hettwich vom Himmelsberg über die 3. Frauenkonferenz.

Redaktion

Da wir schon bei der 3. Frauenkonferenz sind: Welche Erwartungen haben Sie an diese Veranstaltung?

Anja Geuecke

Ich glaube, der Vorteil ist, dass jetzt das ganze Erzbistum auf dem Weg ist, das macht das ganze viel handfester als bei der 2. Frauenkonferenz. Ich glaube aber, dass nur ein innerer Kreis wahrnimmt, dass etwas in Bewegung ist. Von außen wird das kaum wahrgenommen.

Dr. Annegret Meyer

Diesmal werden wir nicht gemeinsam mit den Teilnehmerinnen Inhalte erarbeiten wie bei der 2. Frauenkonferenz. Ich hoffe aber, dass es bei den Teilnehmerinnen zu Aha-Erlebnissen kommt, wenn wir die Schlüsselthemen des Diözesanen Wegs durch die Brille „Geschlechtergerechtigkeit“ betrachten – vielleicht auch bei der Bistumsleitung.

Anja Geuecke

Ich freue mich drauf, dass wir diesmal gemeinsam die gleichen Inputs hören und durch die gleiche Brille gucken. Und mit Blick auf meine Ungeduld hoffe ich auch, dass es konkrete neue Schritte gibt.

Sr. Alexandra Völzke

Ich erhoffe mir eine Ermutigung, an dem Thema „dran zu bleiben“ – gegen das ewige „Es dauert!“ Und ich wünsche mir den Impuls: Es geht voran!

Kristina Sobiech

Meine Befürchtung ist, dass das Online-Format manche Menschen auch abschreckt. Ich fände es schön, wenn die Vernetzung der Frauen untereinander dauerhafter sein könnte. Dass wir uns nicht nur zu solchen Events treffen…

Dr. Annegret Meyer

Ich würde die Frauenkonferenzen als „Stolpersteine“ dazwischen ansehen – als Impuls sich weiterzubewegen, an Themen dranzubleiben. Das heißt nicht, dass die Themen dazwischen nicht weitergeführt werden.

Anja Geuecke

Meine Erfahrung ist ja, dass bei einer Videokonferenz die Diskussion eher auf Augenhöhe stattfindet. Das Online-Format mag manche abschrecken, aber ich habe erlebt, dass sich die Gesprächskultur dadurch zum Positiven verändert. Deshalb sind digitale Formate auch eine Chance.

Benedikt Körner

Für mich passt das Wort „Update“ gut zu meinen Erwartungen an die Veranstaltung – ich hoffe, dass die Teilnehmerinnen das dann tatsächlich so erleben werden. Und auch, dass es Aha-Erlebnisse gibt. Ich frage mich allerdings auch, ob Frauenkonferenzen allein der richtige Weg sind und ob nicht mehr zu diesem Thema kommen muss. Es herrscht bei vielen Frauen so etwas wie „Politikverdrossenheit“. Wie will man diese Frauen erreichen?

Anja Geuecke

Ich würde gar nicht so sehr auf „Masse“ setzen. Es geht jetzt um die Frauen, die dabei geblieben sind, die sich engagieren und die etwas verändern wollen. Und wenn Veränderungen nicht möglich sind, dann sucht man sich heute eben einen Ort, an dem man seinen Glauben leben kann. Die wenigsten sind heute noch dazu bereit, eine Situation dauerhaft zu „ertragen“.

Redaktion

Das passt zu dem Thema der 3. Frauenkonferenz, das ja Kulturwandel lautet. Was hat sich für Frauen in den letzten Jahren denn schon gewandelt?

Benedikt Körner

Ich finde, dass die Stimmen von Frauen hörbarer geworden sind. Dass sich Frauen so zu Wort melden, wie sie es heute tun, dass hätte es vor zwanzig oder dreißig Jahren vielleicht noch nicht gegeben.

Anja Geuecke

Es hat sich sicher etwas getan, viele Leute freut es inzwischen, wenn eine Frau am Ambo steht. Eine andere Frage ist die Fehlerfreundlichkeit mit Blick auf Frauen. Ich glaube, dass Frauen noch anders unter Beobachtung stehen.

Sr. Alexandra Völzke:

Als ich nach der Maueröffnung in den Westen kam, war ich erstaunt, wie viele Familien noch nach dem „Ernährermodell“ lebten und wie viele Frauen sich noch um die „drei Ks“, also Kinder – Küche – Kirche kümmerten. Das hat sich inzwischen geändert. Es gibt Frauen an verantwortungsvollen Positionen – es könnten ruhig noch mehr werden.

Dr. Annegret Meyer

Ich bin da eher pessimistisch. Der Kulturwandel hat meiner Meinung nach auch mit einem dramatischen Wegbruch zu tun. Kulturveränderung gibt es in der Kirche immer dann, wenn „das Alte“ weggebrochen ist.

Redaktion

Letzte Frage: Wir sind im Jahr 2035 – der Diözesane Weg ist zu Ende. Wie sieht die Kirche dann aus? Und was hat sich für Frauen bis dahin geändert?

Anja Geuecke

Ich hoffe, dass wir 2035 Leitungsaufgaben auf Augenhöhe verteilt haben. Dass wir mit geteilter Verantwortung am Start sind und nicht mehr alles vom Priester „nach unten“ delegiert wird.

Dr. Annegret Meyer

Die Zahlen sind da ja eindeutig: Prof. Dr. Jacobs von der Theologischen Fakultät hat zum Beispiel im Rahmen der letzten Montagsakademie dargelegt, dass die territoriale Struktur am Zusammenbrechen ist. Dass es künftig darum geht, Priester kategorial an bestimmten Punkten einzusetzen. Da liegt ein Kurswechsel auf der Hand – am besten hin zur Orientierung an der Taufberufung.

Anja Geuecke

Ich befürchte nur, dass das letztlich dazu führen wird, dass die Pastoralen Räume noch größer werden. Und dann wird es für Ehrenamtliche noch schwieriger.

Sr. Alexandra Völzke

Ich komme aus der Diaspora und glaube nicht, dass das so ist. Ich kenne diese Situation. Es wird viele Pastorale Orte und Gelegenheiten geben, die werden lebendig sein, wir werden uns andere Player suchen, ökumenische zum Beispiel. Manchmal wird ein Priester da sein, manchmal nicht.

Anja Geuecke

Ich hoffe nur, dass die Veränderungen nicht zu einer neuen Strukturdebatte führen…

Sr. Alexandra Völzke

Das geht nicht mehr, dafür haben wir keine Zeit mehr. Ich denke da an Romano Guardini, der gesagt hat: „Die Kirche erwacht in den Seelen.“ Das muss sie auch heute, und das heißt, dass ich mir Menschen suchen muss, die mitgehen, um die Gemeinde vor Ort zu gestalten.

Benedikt Körner

Für mich sind auch die Amazonas-Synode oder der Synodale Weg gute Signale. Man merkt: Es wird gesprochen, überall in der Kirche. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein „Betriebswechsel“ stecken bleibt. Ich bin da hoffnungsfroh.

Dr. Annegret Meyer

Ich denke, wir dürfen auch darauf vertrauen, dass der Geist weht. Jetzt ist viel Bewegung im System, die darf nicht im Sande verlaufen.

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Detlef Herbers, stellvertretender Direktor der Kommende, formuliert seine Gedanken zum Thema Hoffnung in einem Standpunkt. Sein Beitrag ist auf der Homepage des Sozialinstituts veröffentlicht.
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