Damit ist freilich nicht einer vorschnellen oder wohlfeilen Gleichsetzung der Kirche mit Demokratie das Wort geredet. Von ihrer ureigenen Verfasstheit ist Kirche nicht demokratisch, sondern synodal. Sicherlich hat Synodalität einige Gemeinsamkeiten mit Demokratie, aber auch deutliche Unterschiede. In einer Synode würde eine Mehrheit von 51 Prozent (eventuell gar per Kampfabstimmung) keinesfalls eine gültige Grundlage bilden. Auch wäre es ein falsches Bild von Synode, wenn eine Mehrheit „gewinnt“ und eine Minderheit „verliert“. Und wiewohl die zuständige kirchliche Autorität die Entscheidung der Synode immer sehr ernst nehmen und wertschätzen muss, ist sie letztendlich nicht an diese gebunden und muss sie nicht zur Gänze umsetzen. Die zuständige Autorität ist bei einem Konzil oder einer Weltsynode der Papst, bei einer Diözesansynode der Bischof, in einem Ordenskapitel die oder der Obere, bei einem Pfarrgemeinderat der Pfarrer … Keineswegs ist die Synode einfach nur ein gesetzgebendes und die kirchliche Autorität ein ausführendes Organ. Die zuständige Autorität bleibt letztlich im Gewissen frei und nur an Gott gebunden. Allerdings muss sie ihr Gewissen bilden: sie muss der Entscheidung der Synode echte Anerkennung zollen und sie aufrichtig durchdenken und durchbeten, vor allem im Licht des Wortes Gottes – der Bibel – und der Lehre der Kirche.
Auf die Stimme des Heiligen Geistes hören
Im Ganzen ist das Zusammenspiel von Synode und kirchlicher Autorität, von Gläubigen und Kirchenleitung ein auf beiden Seiten höchst anspruchsvolles Miteinander. Um es zu verstehen, ist der Vergleich mit Demokratie oder Monarchie bedingt hilfreich. Die Kirche ist von Jesus Christus gestiftet und deswegen ein ureigenes Gebilde. Politische Kategorien stellen für sie einen äußerlichen Gesichtspunkt dar.
Seit dem II. Vatikanischen Konzil ist ein wichtigerer Gesichtspunkt ins Blickfeld gerückt: Kirche als communio = Gemeinschaft. Dies meint eine Gemeinschaft zwischen Gott und Mensch, Menschen und Menschengruppen. Das kirchliche Amt wird dabei als Dienst an der Gemeinschaft verstanden. Der Papst, die Bischöfe und Priester dienen, indem sie zunächst Positionen zusammenführen und miteinander ins Gespräch bringen. Sie achten vor allem darauf, dass niemand sich „durchsetzt“ und niemand „unterliegt“. Das ist möglich, wenn auf der Synode mehr im Spiel ist als die unterschiedlichen Parteien. Dieses Mehr ist die leise, aber wirklich vernehmbare Stimme des Heiligen Geistes, der sich letztlich alle unterordnen wollen. Je höher einer in der kirchlichen Hierarchie steht, umso mehr muss er auf diese Stimme hören, ihr Gehorsam sein. So verstanden ist das Amt ein Dienstamt: „Der Führende soll werden wie der Dienende“, sagt Jesus (Lk 22,26). Gebe Gott, dass die jetzt beginnende Synode dies lebt – auf allen Seiten.
Dr. Johannes Alexander Kudera
Geschäftsführer des Diözesanen Ethikrats beim Caritasverband für das Erzbistum Paderborn