„Unterschiede in theologischen Positionen und kirchenpolitischen Ausrichtungen gibt es auf jeden Fall auch unter den Priestern. Jeder bringt ja neben seiner eigenen geistlichen und pastoralen Prägung auch die vielen Erfahrungen mit, die er im Laufe der Jahre im pastoralen Dienst gemacht hat. Liberal und konservativ sind natürlich zwei Schlagworte, die schnell gefunden werden, auch im Kontext der Diskussionen auf dem Synodalen Weg.“

Rückblick auf drei Priesterkonvente
Zuletzt fanden drei Priesterkonvente im Erzbistum Paderborn statt. Was war das Ziel dieser Veranstaltungen?
Mit Beginn der Sedisvakanz im Oktober 2022 stellte sich die Frage, wie diese Zeit des Übergangs – von der niemand von uns weiß, wie lang sie dauern wird – gut genutzt werden kann. Rasch zeigte sich, dass sowohl im Geistlichen Rat als auch in der kommissarischen Leitung des Bereichs Pastorales Personal unabhängig voneinander ein ähnliches Anliegen besprochen wurde: Wir sollten in diesen Monaten das Gespräch unter den Priestern und mit den Priestern suchen und befördern: Dass wir voneinander hören und umeinander wissen – als Presbyterium von Paderborn. Ziel sollte sein, dass möglichst gut besprochen wird, was die Priester beschäftigt im Blick auf sie selbst und auf ihren Dienst in den kommenden Jahren im Erzbistum. Und dass auch das zur Sprache kommen kann, was die Bistumsleitung beschäftigt im Blick auf die Priester.
Welche Themen sind denn letztlich auf den Tisch gekommen?
Auf allen drei Konventen ging es darum, was die Priester bewegt: im Hinblick auf die Kirche in Deutschland, im Hinblick auf die Situation in den Gemeinden des Erzbistums und auch im Hinblick auf die Priester selbst. Der Austausch war von einer offenen Ehrlichkeit und gegenseitigem Respekt geprägt. Insofern wurde das Ziel auf jeden Fall erreicht. Die Beteiligung war insgesamt zufriedenstellend. Über 200 Priester haben an den drei Konventen teilgenommen. Anfang Mai steht dann noch ein weiterer Konvent an, der sich speziell an die jüngeren Priester richtet.

Dr. Rainer Hohmann
Jeder Priesterkonvent ist mit einem Impulsvortrag von Ihnen, Spiritual Städter, gestartet. Was waren die Kernbotschaften des Vortrages?
Ich habe versucht, zunächst auf die Situationen von uns Priestern einzugehen, die sich uns angesichts der momentanen Herausforderungen stellen. Auch wenn jeder von uns mit den Herausforderungen unterschiedlich umgeht, ist doch viel von Enttäuschung und Frustration die Rede, sei es angesichts der konkreten Lage vor Ort in den Gemeinden, oder der kontrovers geführten Debatten der Kirche in Deutschland.
Es ging aber auch um das persönliche Fundament, wenn ich an Ihren Vortrag zurückdenke…
Genau. Ich habe in einem zweiten Teil versucht, den Orten nachzuspüren, die so etwas wie ein Kraftreservoir sein könnten, um die anstehenden Herausforderungen anzugehen.

Spiritual Christian Städter
„Einige Mitbrüder konnten mit meinem geistlichen Ansatz, auf die Gegenwart zu schauen – vor allem auch mit den biblischen Bildern, die ich gewählt habe – wenig anfangen. Es schien ihnen etwas aus der Zeit gefallen, solch einen Ansatz in der heutigen Zeit noch zu wählen. Andere wiederum haben sich in meinen Gedanken wiedergefunden.“
Und was könnte das sein?
Ich selbst finde dieses Kraftreservoir in meiner persönlichen Beziehung zu Gott. Davon habe ich Zeugnis gegeben.
Was vielen Menschen heute sehr fremd ist…
Um diese Frage ging es auch. Also wie wir in dem säkularen Umfeld, in dem wir leben und in dem viele Menschen immer weniger mit unseren kirchlichen Vollzügen anfangen können, den Kern unser Botschaft verkünden können: dass Jesus Christus auch heute lebendig ist und unserem Leben eine Richtung und ein Ziel gibt.
Sind sich denn da alle einig?
Ich habe angeregt, darüber ins Gespräch zu kommen, wie wir trotz aller Unterschiedlichkeiten in unseren theologischen Ansichten und kirchenpolitischen Positionen so etwas wie Gemeinschaft und Einheit finden können.

Dann frage ich einmal anders, wie waren die Reaktionen darauf?
Die Reaktionen waren unterschiedlich. Einige Mitbrüder konnten mit meinem geistlichen Ansatz, auf die Gegenwart zu schauen – vor allem auch mit den biblischen Bildern, die ich gewählt habe – wenig anfangen. Es schien ihnen etwas aus der Zeit gefallen, solch einen Ansatz in der heutigen Zeit noch zu wählen. Andere wiederum haben sich in meinen Gedanken wiedergefunden.
Haben Sie damit gerechnet?
Auf jeden Fall, und das war ja auch die Absicht, so hat uns der Impuls in einen ehrlichen Austausch gebracht.
Herr Dr. Hohmann, Sie sind als Personalverantwortlicher viel im Gespräch mit den Priestern. Auch wenn es nicht „die“ Priester gibt: Stellen Sie da Unterschiede zwischen Jung und Alt oder Liberal und Konservativ fest?
Unterschiede in theologischen Positionen und kirchenpolitischen Ausrichtungen gibt es auf jeden Fall auch unter den Priestern. Jeder bringt ja neben seiner eigenen geistlichen und pastoralen Prägung auch die vielen Erfahrungen mit, die er im Laufe der Jahre im pastoralen Dienst gemacht hat. Liberal und konservativ sind natürlich zwei Schlagworte, die schnell gefunden werden, auch im Kontext der Diskussionen auf dem Synodalen Weg. Die Beobachtung, dass jüngere Priester meist konservativer sind, steht im Raum. Meist ist die Wirklichkeit dann aber doch etwas komplexer. Auf jeden Fall ist es nicht zu leugnen, dass die jüngeren Priester meist schon in einem recht säkularen Umfeld groß geworden sind, wogegen die meisten älteren Mitbrüder noch sehr volkskirchlich geprägte Gemeinden erlebt haben. Dass das zu unterschiedlichen Prägungen und auch Vorstellungen von der Kirche der Zukunft führt, ist klar.
Es gab unterschiedliche Reaktionen während der Veranstaltungen. Welche Themen wurden der Bistumsleitung mitgegeben?
Ein großes Anliegen, das die Priester immer wieder geäußert haben, war es, weiter in dieser oder ähnlicher Form im Austausch und im Gespräch zu bleiben. Der Wunsch, sich bei aller Unterschiedlichkeit als Gemeinschaft gegenseitig zu stärken, war deutlich zu spüren.

Erster Priesterkonvent in Meschede
Beim ersten Priesterkonvent während der Vakanz in Meschede im Sauerland ging es darum, den Ursprung der eigenen Berufung neu zu entdecken und davon zu erzählen.
Eine ausführliche Reportage finden Sie hier.
Gibt es bereits Erwartungen oder Themen, die sich an einen neuen Erzbischof richten?
Der Gesprächsfaden, der in den drei Konventen aufgenommen wurde, konnte in einer Tagesveranstaltung natürlich kein Ende finden im Sinne eines fertigen Ergebnisses. Unter solchen Druck wollten wir diese Tage nicht setzen. Der Gesprächsprozess sollte vielleicht auch mit einem neuen Erzbischof weitergehen. Auch könnte daraus vielleicht ein konkreter Arbeitsauftrag für den dann neu zu konstituierenden Priesterrat werden. Deutlich geworden ist aber ein gewisser Abgleich, ein Trend dazu, welche uns Priester zentral betreffende Themen vordringlich in die Bearbeitung und vielleicht sogar in absehbarer Zeit auch zur Entscheidung kommen sollten.
Wie gehen die Beratungen mit den Priestern weiter? Was für Formate oder Themen stehen noch an? Was passiert in der Priesterfortbildung dazu?
Einige jüngere Priester sind ja schon seit zwei Jahren im Austausch über die aktuellen Fragen zur priesterlichen Sendung im Identität. Pastor Jonas Klur hatte diesen Austausch damals zusammen mit mir angestoßen. Diese Gruppe trifft sich zweimal pro Jahr und es kommen jedes Mal andere Mitbrüder zusammen. Diese Treffen sollen auf jeden Fall fortgesetzt werden. Die Themen, die die Priesterkonvente stark gemacht haben, werden sicherlich aufgegriffen.
Vielen Dank für das Gespräch.