„Wenn vor oder nach einem Gottesdienst nichts für die Menschen geschieht, dann ist der Gottesdienst überflüssig“, so formulierte Rupert Neudeck, der Gründer der Cap Anamur einmal den Auftrag von Kirche. Das Erzbistum Paderborn formuliert es in seinem Zielbild 2023+ ein wenig anders: „Wir im Erzbistum Paderborn gewinnen Zukunft, wenn wir … ernst machen mit einer… Ausrichtung der Pastoral, die sich in einer Geh-raus-Kultur und praktizierter Nächstenliebe umzusetzen beginnt.“ Aber wie sieht sie aus, diese von Nächstenliebe und Evangelisierung geprägte Kirche, in einer Gesellschaft, die sich immer weiter von ihr entfernt?
Mit dieser und anderen Fragen im Gepäck machten sich 27 Sauerländerinnen und Sauerländer, allesamt ehren- und hauptamtlich in den Gemeinden und Pastoralen Räumen des Dekanats aktiv, am 29. September als „Kundschafter“ per Bundesbahn auf den Weg in die Großstadt Berlin. Unterstützt wurde die Fahrt mit Projektmitteln des Erzbistums Paderborn und richtete sich grundsätzlich an alle Interessierten in den Gemeinden.
Die Unterbringung in einem einfachen Pilgerhaus stellte für manche sicherlich eine kleine Herausforderung dar. „Dieses ist eigentlich nicht der Standard, den ich gewohnt bin, aber das Projekt hörte sich so spannend an, dass mir das egal war“, war von einigen Teilnehmenden zu hören.
Auf dem Programm standen dann der Besuch von kirchlichen Projekten und vor allem die Begegnung mit den Menschen, die sich dort in vielfältiger Weise engagieren.
„ParadEis Truck“
Eine Pastoralreferentin des Erzbistums Berlin berichtete am ersten Abend von ihrem Auftrag „Geh zu den Menschen“ Projekte zu entwickeln. In Folge dessen packt sie z. B. in der Weihnachtszeit in Geschäften Geschenke in besonderes Papier, das die Weihnachtsbotschaft im Kontext der Stadt Berlin darstellt, sie fährt mit dem „ParadEis Truck“ zu den Menschen und verteilt besondere Eissorten mit klangvollen Namen wie „Wagemut“ , und „Eden Für Jeden“ und garniert diese mit stärkenden Impulstexten. So kommt sie mit den unterschiedlichsten Menschen ins Gespräch. Ein anderes Mal besucht sie in der Weihnachtszeit während der Nachtschicht Menschen, die sich für das Gemeinwohl einsetzen, wie die Polizei, und verteilt kleine Geschenke. Der Bischof von Berlin hilft dabei selbstverständlich mit, weil es ihm ein Anliegen ist, bei den Menschen zu sein. Aber sie erzählte auch von dem zum Experimentieren gehörenden Scheitern und ihrem Kampf gegen die Dinosaurier „ Das war schon immer so“ und „ Das haben wir noch nie so gemacht“.
Die Franziskaner in Pankow betreiben eine Suppenküche mit einer angeschlossenen Hygienestation. Die Menschen, die zu ihnen kommen, sind ihre Gäste und werden herzlich „Willkommen“ geheißen. Keiner stellt die Frage, ob jemand zu Recht hier und/oder wirklich bedürftig ist. Das Ganze geht nicht ohne die Unterstützung vieler Freiwilliger. Die ermöglichte Begegnung beim Waffelbacken und die dabei erfahrene Dankbarkeit und Freude bewegte alle Beteiligten der Gruppe zutiefst. Auch die „Stadtführung“ mit Klaus, dem ehemaligen Obdachlosen, beeindruckte. Er hat sieben Jahre auf der Straße gelebt, versuchte immer unauffällig zu sein, aber dabei immer seine Würde zu behalten. Die Begegnung mit einem kleinen Mädchen und ihrer Familie, die ihn dennoch wahrnahmen und sich seiner an nahmen änderte alles. Fast ein Wunder…!