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Was bedeutet das, Transformation der Kirche?

Stephan Lange skizziert Phasen kirchlichen Lebens

Es ist ein großer Satz, der fast beiläufig gefallen ist. Beim Diözesanen Forum 2021 sagte Msgr. Dr. Michael Bredeck: „Es geht nicht um Optimierung, sondern um Transformation der Kirche“. Ein Satz mit Wumms, vom Leiter des Bereichs Pastorale Dienste im Erzbischöflichen Generalvikariat. Ein Satz, der beeindruckend klingt. Aber auch unklar ist. Was bedeutet das, Transformation der Kirche?

Antworten auf diese Frage suchen wir gemeinsam mit Stephan Lange. Er leitet die Abteilung „Leben im Pastoralen Raum“ im Bereich Pastorale Dienste und ist Teil der Prozessleitung für den Diözesanen Weg 2030+.

Transformation der Kirche. Um zu verstehen, was sich dahinter verbirgt, starten wir beim Begriff der Transformation. Und finden ein Bild für eine tiefgreifende Veränderung in der Tierwelt. „Wir verstehen Transformation so, wie sich eine Raupe zum Schmetterling verwandelt“, sagt Lange. Das macht klar: Es gibt eine Ausgangssituation (Raupe), eine Übergangsphase (Kokon) und das Neue (Schmetterling).

Immer mehr wird weniger

Wie die Ausgangssituation der Kirche ist, wird mit dem Stichwort: Volkskirche beschrieben. Die Kirche gab persönliche und gesellschaftliche Sicherheit, die Menschen strömten zu den Gottesdiensten, das Leben in Gruppen und Verbänden blühte. Als moralische Institution und gesellschaftlicher Player hatte die Kirche eine herausragende Stellung. Geistliche genossen ein hohes Ansehen bei den Menschen. Die Raupe ist ihren Weg gegangen.

Willkommen in der Übergangsphase

Vieles davon ist bereits Vergangenheit. Manches ist noch Realität. Willkommen in der Übergangsphase.

Lange skizziert Trends oder Abbrüche, die diese Phase prägen: Weniger Menschen engagieren sich in der Kirche. Die Zahlen der Gläubigen sowie des Pastoralen Personals sinken. Die finanziellen Mittel werden – zumindest absehbar – weniger. Es wird geklärt werden müssen, welche Immobilien sinnvollerweise gehalten werden können – und welche nicht. Es stellt sich die grundsätzliche Frage nach der Relevanz von Glaube und Kirche sowohl für den einzelnen als auch für die Kirche als Organisation.

Kirchenpolitisch werfen der Synodale Weg der Kirche in Deutschland und der Weltweite Synodale Weg wichtige Fragen und Diskussionen über die Kirche der Zukunft auf. Und seitdem die Ampel-Koalition die Bundesregierung stellt, stehen ganz neue Themen im Raum. Der Kirchenaustritt per Mausklick zum Beispiel. Oder gar, dass das Kirchensteuersystem abgeschafft werden könnte. Der Kokon bekommt Risse, ist nicht zusammenzuhalten. Der Status Quo wird nicht aufrechtzuerhalten sein.

In zehn Jahren ist es so weit

All diese Trends, Entwicklungen und Abbrüche werden die Kirche der Zukunft prägen. Stephan Lange schätzt, dass in spätestens zehn Jahren offensichtlich ist, dass es eine Transformation der Kirche gegeben hat. Da ist vieles nicht steuerbar oder planbar und wie eine transformierte Kirche aussen wird, ist noch nicht klar zu erkennen. Ähnlich wie bei der Raupe, die sich in den Kokon eingepuppt hat. Wer würde schon denken, dass aus ihr mal ein Schmetterling wird?

Wer über die Transformation der Kirche schreibt und spricht, schaut also immer ein wenig in die Glaskugel. Wenn Stephan Lange über eine zukunftsfähige Sozialform von Kirche spricht, dann fällt vor allem ein Stichwort: Netzwerk. Es geht ihm um vielfältige Orte und Gelegenheiten, an denen Menschen mit ihren Sorgen und Nöten sowie mit ihren Charismen und Potentailen gesehen und wahrgenommen werden. Dort, wo sich das pastorale Handeln daran ausrichtet, kann Neues entstehen und Wachstum möglich sein.

Neuer Akzent auf Ehrenamtliche

Er sieht viele engagierte Menschen, die aus der Kraft des Evangeliums leben, Orte der Gemeinschaft suchen und sich für andere einsetzen wollen. Hierfür gute Rahmenbedingungen zu schaffen und Netzwerke zu ermögliche, ist eine aktuelle Herausforderung. Es werde einen neuen Akzent auf Ehrenamtliche geben, „die nicht nur seelsorglich versorgt werden, sondern selbst zu Akteurinnen und Akteuren werden.“

Kirche als Netzwerk, ein neuer Akzent auf Laien, die Ausrichtung an den Bedürfnissen der Menschen – Lange weiß auch, dass das keine neuen Vorstellungen sind. Auch heute schon ist Kirche ein Netzwerk. Auch heute schon ist Kirche keine One-Man-Show. Jedoch: Die Bedeutung, ja Dringlichkeit dieser Schwerpunkte werde in Zukunft eine ganz andere sein, sagt Lange. Und die Verantwortung für die Entwicklung von Schwerpunkten wird nicht allein an den hauptamlichen Kräften hängen. Geteilte Verantwortung setzt neue Energien frei.

Wie sieht das Netzwerk Kirche außerdem aus? Wenn es nach dem Zielbild des Erzbistums Paderborn geht, sollen Verwaltungen in unterschiedlichen Bereichen noch mehr zusammengelegt und professionalisiert werden. Wichtig bleibt, dass die Menschen weiterhin ihren Glauben feiern und Gemeinschaft leben können. Dies ermöglichen Eigenverantwortung und Selbstorganisation vor Ort. Ergänzend dazu wird über pastorale Zentren nachgedacht, wenn es um die Grundvollzüge kirchlichen Lebens geht, wie die Feier der Sakramente, die hauptberuflich gewährleistet werden.

Und vor Ort?

Und vor Ort? „Da kommt es darauf an, dass Menschen ihr Christ-Sein leben. Sich missionarisch und diakonisch engagieren. Und sich rund um ein Anliegen oder ein Thema versammeln“, sagt Lange. Dafür sollen sie von Hauptamtlichen im Pastoralen Raum in ihrem Dekanat und aus Paderborn inspiriert, qualifiziert und befähigt werden. Ein konkretes Beispiel ist das Thema Beerdigungdienst durch Laien.

Schon seit 2007 ist es im Erzbistum Paderborn möglich, dass der Erzbischof Laien für den Begräbnisdienst beauftragt und es wurden in vielen Gemeinden gute Erfahrungen damit gemacht. „Dennoch war es weiterhin an vielen Stellen üblich, dass allein der Priester, der Diakon, die Gemeindereferentin oder der Gemeindereferent vor Ort die Beerdigung übernimmt“, sagt Lange. „Nun zeigt sich, dass es immer weniger hauptamtliches Personal gibt, sodass mehr Laien diesen Dienst übernehmen und es hierzu positive Rückmeldungen gibt. Ehrenamtliche entdecken in dieser Aufgabe ihre Berufung, die sie für andere einsetzen. Natürlich nicht, ohne vorher eine Fotbildung für den Begräbnisdienst zu absolvieren und vom Erzbischof beauftragt zu werden.“

Nicht „Optimierung“ sondern „Transformation“

Vielleicht lässt sich an der Entwicklung des Begräbnisdienstes durch Laien der Unterschied zwischen „Optimierung“ und „Transformation“ verdeutlichen. Optimierung wäre eine aus dem Mangel an Priestern geborene Aufgabe, die nun an Laien – haupt- oder ehrenamtlich – übertragen wird mit dem Beigeschmack, dass es sich um eine Notlösung handelt. In einer „transformierten“ Kirche dagegen zeigen sich ein verändertes Kirchenbild und veränderte Rollen der Haupt- und Ehrenamtlichen. Menschen entdecken ihre Berufung und bringen sie als Christinnen und Christen in die Gemeinschaft ein. Das Zielbild 2030+ spricht hier von der lebensveränderenden Kraft des Evangeliums und dem Einsatz für die Gesellschaft als Rahmen für die Entwicklung.

„In Zukunft“, sagt Lange, „wird es immer mehr darauf ankommen, vielfältige Engagementfelder für die unterschiedlichen Charismen zu ermöglichen. Hier gibt es wirklich viel Potential.“

Die Frage nach der Bedeutung von Transformation selbst kann dabei helfen, neu über die Kirche von morgen nachzudenken. Groß zu denken statt Ideen kleinzureden. Weniger die Raupe, sondern mehr den kommenden Schmetterling zu sehen. Zukunftsweisende Entscheidungen zu treffen. Dann ist der Weg zur Transformation der Kirche eröffnet.

Diözesanes Forum 2030+ und Mitarbeit

Mehr zum Diözesanen Forum 2021 können Sie im Artikel zum Diözesanen Weg 2030+ lesen.

Wenn Sie selbst mitarbeiten wollen, finden Sie hier die Termine zu den Pastoralwerkstätten in Ihrem Dekanat.

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