Wenn eine Organisation sich gezielt darum kümmert, dass sie ihre Leistungen verlässlich in guter Qualität erbringt, dann geht es um Prozessmanagement. Seit 2018 führt das Erzbischöfliche Generalvikariat Prozessmanagement ein. Zuständig dafür ist Claas Teipel aus der Abteilung Entwicklung im Bereich Generalvikar. Mit den Verantwortlichen aus den unterschiedlichsten Fachabteilungen hat er in den vergangenen Jahren mehr als 200 Prozesse bearbeitet. Im Interview berichtet Claas Teipel im Sommer 2022 von seinen Erfahrungen.
„Wird immer besser angenommen, wenn wir von ‚Kunden‘ sprechen“
Weshalb setzt das Erzbistum Paderborn auf Prozessmanagement?
Wir möchten dafür Sorge tragen, dass Leistungen in verlässlicher, guter Qualität erbracht werden können. Das bedeutet: Empfänger der Leistungen bekommen eine termingerechte und qualitativ gute Lösung angeboten. Es lässt sich nachvollziehen: Wer macht was, wann, wo und warum. Neue Mitarbeitende finden sich schnell in ihren Aufgaben zurecht. Unnötige Aufwände werden vermieden und wir erreichen Schritt für Schritt immer wieder Verbesserungen.
Wenn Sie „Empfänger der Leistungen“ sagen. Wen meinen Sie dann?
Es wird immer besser angenommen, wenn ich von ‚Kunden‘ spreche. In der Anfangszeit bin ich da wegen dieser Bezeichnung seltsam angeguckt worden. Klar ist aber: Es geht bei Prozessen an erster Stelle darum, welche Leistungen die Kunden am Ende bekommen. Bei einer Behörde wie dem Generalvikariat ist ‚Kunde‘ in den meisten Fällen nicht ein Gemeindemitglied, sondern eine Kollegin oder ein Kollege, die dann in einer anderen Abteilung oder Einrichtung damit weiter arbeiten. Doch am Ende steht auch bei komplizierten Kette von Verwaltungstätigkeiten ein Mensch, der in einem Pastoralen Raum oder eine kirchlichen Einrichtung eine qualitativ gute Lösung angeboten bekommt. Und für die machen wir das alles ja.
Es gehört bei ihrer Arbeit dazu, dass Sie mit vielen Mitarbeitenden über ihre Arbeit sprechen. Was wird da häufig genannt, dass mit den eigenen Arbeitsabläufen unzufrieden macht?
Ganz häufig sind es die langen Entscheidungswege über viele Stationen. Das führt dann dazu, dass die Durchlaufzeit von Beginn einer Aufgabe bis zu ihrem Abschluss manchmal viele Wochen dauert, während die eigentliche Arbeitszeit daran nur einige Stunden ausmacht. Das gleiche gilt für den Informationsfluss: es fehlt dann etwas, um die Aufgabe bearbeiten zu können, und man steckt Zeit darein, den fehlenden Informationen hinterher zu fragen.
Ein weiterer häufig genannter Punkt ist der Eindruck, dass eine andere Stelle etwas macht, für das man selbst doch auch zuständig ist. Solche Unklarheiten über Zuständigkeiten versuchen wir dann in der Prozessarbeit als erstes zu klären.
„Ein Prozess ist erst dann effizient,
wenn er im Arbeitsalltag funktioniert.“
Das Management von Prozessen ist in Unternehmen und Verwaltungsorganisationen üblich. Wie ist es in den pastoralen Tätigkeitsfeldern im Erzbistum?
Bei pastoralen Arbeitsabläufen steht ganz klar das Ergebnis vorne, egal, wie aufwändig der Weg ist. Qualität der Arbeit wird daran fest gemacht, ob am Ende alle Beteiligten damit zufrieden sind. Wo wir bei Verwaltungsprozessen versuchen, Arbeitsschritte durch effiziente Steuerung einzusparen, erlebe ich im pastoralen Umfeld, dass dort eher noch eine weitere Abstimmungsschleife vereinbart wird. Das hat natürlich auch damit zu tun, dass die Kunden einen anderen Stellenwert haben. Sie möglichst intensiv im Prozess und an der Qualität des Ergebnisses zu beteiligen, ist unser Anspruch. Deshalb beschreiben wir pastorale Prozesse nur in groben Schritten und achten vor allem darauf, wer wann informiert oder beteiligt werden muss.
Hat sich die Arbeit an Prozessen im Generalvikariat durch die Pandemie verändert?
Man kann klar sagen, dass die digitale Zusammenarbeit durch die Lockdown-Zeit erst ins Rollen gekommen ist. Da ist in den vergangenen zwei Jahren viel passiert, bei der Akzeptanz und auch bei technischen Möglichkeiten. Einen durch ein oder zwei Personen überschaubaren Prozess kann man gut in einer Videokonferenz bearbeiten. Gibt es allerdings eine größere Zahl von Schnittstellen, sind unterschiedliche Abteilungen beteiligt, dann braucht es Diskussion untereinander. Das funktioniert nicht digital. Die Pandemie hat also dazu geführt, dass wir viele überschaubare Prozesse bearbeitet haben und jetzt die komplizierteren Fälle anstehen.
Was wird in den nächsten Jahren auf Prozessverantwortliche im Erzbistum zukommen?
In vielen Bereichen sind wir so weit, dass die Prozesse erhoben sind. Künftig wird es immer mehr um Effizienz gehen. Dass die Gelder aus der Kirchensteuer weniger werden, ist seit Jahren allen klar und war sicher auch ein Grund dafür, ein systematisches Prozessmanagement einzuführen. Vor allem bei den Durchlaufzeiten lässt sich durch Digitalisierung viel für die Kunden – und eigentlich alle Beteiligten – verbessern.
Für die Prozessverantwortlichen sehe ich da zwei große Aufgaben: Erstens müssen Sie darauf achten, dass die Mitarbeitenden bei Prozessveränderungen Schulung und Unterstützung erhalten. Ein Prozess ist erst dann effizient, wenn er im Arbeitsalltag funktioniert. Und zweitens müssen Sie sich beteiligen, wenn es um die Auswahl und Anpassung von Software geht. Das kann einiges an Mehrarbeit bedeuten, die sich am Ende aber nur bezahlt macht, wenn sie von Anfang an richtig gemacht wird.