Die Lage ist ernst, die Zahlen sprechen eine überdeutliche Sprache: Rund 440.000 Menschen traten in Deutschland im vergangenen Jahr aus der katholischen und evangelischen Kirche aus. Beide Konfessionen verloren ungefähr gleich viele Mitglieder. Die Zahl der Menschen, die 2020 hierzulande den Kirchen den Rücken kehrten, entspricht knapp dem Dreifachen der Bevölkerung der Stadt Paderborn!
Angesichts dieser Größenordnung kann es nicht beruhigen, dass die Zahl der Kirchenaustritte im Jahr 2020 gegenüber dem Jahr 2019 um 18 Prozent zurückging. Zumal das Verlangsamen der Austrittswelle im vergangenen Jahr kein Anzeichen für eine Trendwende zum Besseren ist. Die Erklärung ist ebenso trivial wie ernüchternd: 2020 waren im Lockdown auch Kirchenaustrittsstellen geschlossen und danach umständlicher und schwieriger zu erreichen. Für 2021 steht daher zu befürchten, dass es zu Nachholeffekten kommt und die Austrittszahlen wieder steigen – unabhängig von negativen innerkirchlichen Ereignissen.
Die anhaltend hohen Austrittszahlen haben dramatische Auswirkungen auf die Ausrichtung, auf die Aufgaben und auf die finanzielle Ausstattung der Kirchen. Zudem steigt unter den hauptamtlich Beschäftigten und ehrenamtlich Engagierten der Frust. Auf schmerzhafte Weise müssen sie erkennen, dass sie mit ihrem Einsatz für den Glauben die Fliehkräfte nicht aufhalten können.
Besorgniserregend ist die Tendenz, dass nicht mehr nur „passive Mitglieder“ die Kirche verlassen, um sich beispielsweise um die Kirchensteuer herumzudrücken. Gerade in der jüngeren Vergangenheit ist gehäuft zu beobachten, dass auch vormals hochengagierte Christinnen und Christen aus der Kirche austreten – teilweise unter starken Gewissensqualen und begleitet von öffentlichem Protest.
Eine interdisziplinär besetzte Podiumsdiskussion im Liborianum widmet sich am 4. Oktober 2021 zwischen 19 Uhr und 21 Uhr dem Thema Kirchenaustritt. Die Online-Veranstaltung wendet sich an haupt- und ehrenamtlich Engagierte im Erzbistum Paderborn, die Teilnahme ist nach Voranmeldung kostenlos. Anmeldeschluss ist der 1. Oktober 2021, die Teilnahme ist auf 80 Personen begrenzt. Während des Podiumsgesprächs können im Chat Fragen gestellt und Kommentare abgegeben werden. Im Anschluss an das Podiumsgespräch gibt es die Möglichkeit zum Einzelchat mit den Podiumsgästen. Veranstalter des Podiumsgesprächs ist das „Labor E“, das sich seit seiner Gründung im Jahr 2018 der Frage widmet, was unter Evangelisierung zu verstehen ist und wie eine evangelisierende Pastoral im Erzbistum Paderborn aussehen kann.