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News
26. August 2020

Wachsen, und zwar qualitativ

Strategisches Gesamtbild verdeutlicht neu den Auftrag des Erzbischöflichen Generalvikariats

Vielleicht braucht es erst ein Anknüpfen an die persönliche Berufung, wenn man über die Zukunft der Kirche sprechen will. Vielleicht braucht es auch den Kontrast eines bunt dargestellten, strategischen Gesamtbildes auf einem alten, schweren Konferenztisch, um ein Gefühl für die Dimensionen der Veränderung in der Kirche zu bekommen. Und vielleicht braucht es Gesprächspartner, die ohne Weichzeichner deutlich machen, in welche Richtung sich das Erzbistum Paderborn und speziell seine Leitungsstruktur mit dem Erzbischöflichen Generalvikariat verändern muss. Ein Gesprächstermin über Vergangenheit und Zukunft der Kirche.

Keine Floskeln oder Ausreden

Vor wenigen Tagen sind die aktuellen Zahlen zum Glaubensleben in Deutschland veröffentlicht worden. 272.771 Menschen sind im vergangenen Jahr aus der Kirche ausgetreten, davon 13.109 auf dem Gebiet des Erzbistums. „Die Tage sind nicht leicht. Ich bin aber auch nicht erschüttert“, sagt Generalvikar Alfons Hardt. Es gibt keine Floskeln oder Ausreden, keine Schuldzuweisungen oder Ausflüchte. „Ich bin Priester geworden, weil ich mich für Jesus Christus entschieden habe und sein Beispiel, seine Rede, sein Wirken für das Leben der Menschen als wirksam empfunden habe.“ Punkt. Ein Zeugnis in wenigen Sätzen, das eigentlich viel umfangreicher ist.

„Evangelisierung verstehe ich als Wachstum in Glaube, Hoffnung und Liebe."

 

Msgr. Dr. Michael Bredeck

Wie kann ein qualitatives Wachstum der Kirche gelingen?

Den Generalvikar beschleicht jedoch eine Sorge: „Ich habe mir nie vorstellen können und möchte mir auch nicht vorstellen, dass jemals eine Situation eintritt, wo niemand mehr das Wort Gottes verkündet. Ich glaube, dass ich mich da in Teilen geirrt habe.“ Wie damit umgehen? Einen Teil der Antwort hat der Generalvikar in seiner ersten Aussage schon gegeben: Statt nur über Strukturen zu sprechen, braucht es Menschen, die sich für Jesus Christus entscheiden und seinem Beispiel folgen.

Um die Frage jedoch großflächig beantworten zu können, beschäftigen sich der Generalvikar und das Management des Generalvikariats seit Jahren damit, wie ein Aufbruch, ein qualitatives Wachstum der Kirche gelingen kann. Da waren die Perspektive 2014, die Pastoralwerkstatt, die Diözesanen Foren und das Zukunftsbild. Auf dessen Nährboden ist das strategische Gesamtbild für das Erzbischöfliche Generalvikariat entstanden, das nun in einem ersten Schritt für die Mitarbeitenden im Generalvikariat veröffentlicht wird.

Es ist ein Schaubild, das die komplexe Situation, in der sich die Kirche von Paderborn befindet, zusammenträgt – und dadurch selbst auch komplex wirken kann. Es muss mit Leben gefüllt und erklärt werden, und letzteres am besten von Msgr. Dr. Michael Bredeck, der als Leiter des Bereichs Entwicklung und Kommunikation verantwortlich für die Strategiearbeit ist. Er beschreibt die Vision, die von dem Bild ausgeht, so: „Im Zentrum steht die Evangelisierung, dargestellt als Sonne. Sie steht dafür, nach unserer Verbindung mit Jesus Christus zu fragen, sie zu intensivieren und uns gegenseitig davon zu erzählen, was uns in dieser Verbindung hält und stärkt. Evangelisierung verstehe ich als Wachstum in Glaube, Hoffnung und Liebe.“

Die Vision sichtbar machen

Diese Vision ist so alt wie das Christentum selbst, doch sie muss im Jahr 2020 neu erschlossen werden. Dazu dient das Schaubild. Wenn man es auf drei wesentliche Funktionen reduzieren müsste, dann wäre dies eine davon: die Vision sichtbar machen.

Eine andere würde lauten: Alle Mitarbeitenden auf einen Stand bringen. Das Schaubild verdeutlicht, welche Gründe sich für die momentane Situation der Kirche in Deutschland finden lassen. Woran es liegt, dass Hunderttausende Menschen pro Jahr aus der Kirche austreten, immer weniger an Jesus Christus glauben und sich haupt- oder ehrenamtlich in der Kirche engagieren.

Auf den Kirchturm im Schaubild drücken von links, rechts und unten Einflüsse wie das Ende der Volkskirche, der Bedeutungsverlust der Kirche und der Rückgang der Finanzen, die für einzelne Trends und Tendenzen stehen. Wie leicht sich diese verstärken können, wurde für Generalvikar Hardt besonders in der Corona-Krise deutlich. Kirche wurde digitaler, als es noch Tage vor den Ausgangsbeschränkungen denkbar war. Gottesdienste im Live-Stream, Bibelteilen per Videokonferenz. Und im gleichen Atemzug noch eine Aussage: „Ich bin bereit zu akzeptieren, dass junge Menschen andere Zugänge brauchen, den Glauben zu leben und zu verkünden.“

Ideen und Konzepte für das Glaubensleben der Zukunft

Später im Gespräch, jedoch zum selben Thema, sagt Dr. Bredeck: „Das flächendeckende Modell der Gemeinde, das wir kennen und größtenteils noch leben, lässt sich so nicht mehr fortführen.“ Ideen und Konzepte für das Glaubensleben der Zukunft gäbe es viele, weiß Generalvikar Hardt. Die meisten Pastoraltheologen tendieren dahin, die tradierte Pastoral von Bistum und Pfarrei zu verändern. „Die Erkenntnis der letzten Jahre ist, dass wir auch andere Orte und Formen brauchen, ganz andere gesellschaftliche Plätze in den Blick nehmen und dort investieren müssen, um präsent zu bleiben“, erklärt Generalvikar Hardt. Aussagen, die auch klar aus dem Schaubild folgen – was nicht heißt, dass schon klar ist, wie eine Pastoral der Zukunft aussehen soll.

Hier greift die dritte wesentliche Funktion des Schaubilds: Leitlinie für künftige Entscheidungen sein, damit dieser Weg in die Zukunft der Pastoral gegangen werden kann. Denn klar ist Generalvikar Hardt und Bereichsleiter Bredeck, dass so eine Strategie nicht verordnet werden kann. „Das ist ein langer Prozess“, sagt Bredeck. „Deshalb treibt uns jetzt die Frage an, wie wir die Strategie transportieren können. Und auch, wie künftige Entscheidungen daraufhin geprüft werden, ob sie der Strategie entsprechen oder nicht.“ Generalvikar Hardt bringt es auf die Faustregel: Je mehr erkennbar ist, welche Entscheidungen anhand der Strategie getroffen werden, desto verbindlicher wird sie.

„Für mich steht außer Frage, dass die verantwortlichen Leitungen der Abteilungen und Teams ihre Entscheidungen dahingehend prüfen müssen, ob sie unsere Leitlinien beachtet haben oder nach welchen Kriterien entschieden wurde. Das werden wir thematisieren.“

Generalvikar Alfons Hardt

„Wir wissen, dass es ein hohes Konfliktpotential geben wird“

Darin steckt auch eine Botschaft, die so einfach wie herausfordernd ist: Es kommt auf jeden und jede Einzelne an. Die Mitarbeitenden im Generalvikariat, in den Pastoralen Räumen, den Gemeindeverbänden, Dekanaten und Einrichtungen des Erzbistums Paderborn. Denn beim Diözesantag im November wird Erzbischof Hans-Josef Becker die Strategielinien für das gesamte Erzbistum Paderborn, nicht nur des Generalvikariats, bekanntgeben. Alle Mitarbeitenden können, ja sollen ihr Handeln an den Strategielinien ausrichten. Grob verkürzt, sie sollen mit ihrer Arbeit zum Wachsen in Glauben, Hoffnung und Liebe beitragen.

Oder wie Generalvikar Hardt es sagt: „Wir müssen alles dafür tun, dass wir Menschen wieder motivieren, in die Nachfolge Jesus Christi einzutreten. Wir leben in einer Welt, die sehr gottfern geworden ist. Da wäre, glaube ich, schon sehr viel gelungen, wenn akzeptiert würde, dass wir alle gemeinsam einen Weg gehen müssen.“

Alle zusammen – das ist mehr Wunsch als Realität. „Wir wissen, dass es ein hohes Konfliktpotential geben wird“, sagt Monsignore Bredeck. Denn besonders die Ressourcenzuweisungen sollen sich in Zukunft an den Strategielinien orientieren. Hardt: „Den Status Quo werden wir nicht halten können, wenn wir bei weniger werdenden Ressourcen zugleich in Neues investieren wollen.“ Ins Detail geht da beispielsweise ein neues Projekt im Rahmen der „Kirchenverwaltung der Zukunft“, das den Auftrag hat, Doppelstrukturen abzubauen.

Am Ende des Gesprächs bleiben einige offene Fragen, die an diesem Nachmittag nicht zu Ende diskutiert werden können – und auch den Rahmen dieses Textes sprengen würden. Doch noch eine sei erlaubt: Wie schnell sollen die Strategielinien umgesetzt werden? Hardt: „Es soll ein stetiger Prozess werden, der über das Jahr 2030 hinausreicht.” Der Generalvikar weiß, dass es Zeit braucht, Grundhaltungen bei Menschen zu verändern. Deshalb sagt er als Schlusswort nach fast zwei Stunden Gespräch: „Für mich steht außer Frage, dass die verantwortlichen Leitungen der Abteilungen und Teams ihre Entscheidungen dahingehend prüfen müssen, ob sie unsere Leitlinien beachtet haben oder nach welchen Kriterien entschieden wurde. Das werden wir thematisieren.“

(Hinweis: Das Schaubild ist derzeit nur als Arbeitstool für die Mitarbeitenden im Erzbischöflichen Generalvikariat in Paderborn unter Arbeitshilfen abrufbar. Das Schaubild für das Erzbistum Paderborn wird nach dem Diözesantag im November veröffentlich. Verantwortlich für die Strategiearbeit ist die Abteilung Entwicklung.)

 

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