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© Yaroslav Magistr / Shutterstock.com

Über die Sorgen und Nöte der Menschen in Kolumbien

Misereor-Gast Rafael Jurado besucht auch den Vauß-Hof in Scharmede und berichtet aus seiner Heimat

Die Menschen in Kolumbien leiden seit langem unter Armut und Konflikten in ihrem Land. Die katholische Kirche fördert die Bäuerinnen und Bauern dort mit verschiedenen Projekten, um die Lebensbedingungen zu verbessern. Rafael Jurado arbeitet seit rund 20 Jahren in der Sozialpastoral in Narino, Kolumbien. Derzeit koordiniert er den Bereich der Landpastoral und arbeitet dabei eng mit der Landbevölkerung zusammen.

Vom 24.2 bis 27.2. war er zu Gast in Paderborn und hat umliegende Gemeinden, Schulen und die Landvolkshochschule Hardehausen besucht.  Begleitet wurde er von Nathalie Pieper aus dem Bereich Pastorale Dienste, Team Weltkirche als Fachstelle für Globale Gerechtigkeit und interkulturelle Begegnung.

Zuvor war er am Wochenende zu Gast auf dem Vauß Hof in Scharmede. Dort traf er sich unter anderem mit Marius Pötting vom Vauß-Hof und Andreas Watzek von der Solidarischen Landwirtschaft Vauß-Hof eG. Bei seinem Besuch konnte er einen Einblick in die hiesige Landwirtschaft gewinnen und auch von der schwierigen Situation in seiner Heimat berichten.

„Viele Dörfer sind von der Außenwelt abgeschnitten“

Die kolumbianischen Kleinbauern stehen bei ihrer täglichen Arbeit nämlich vor großen Herausforderungen. Jurado spricht von drei Hauptproblemen: Zum einen gibt es in Kolumbien einen bewaffneten Konflikt mit 16 verschiedenen kriminellen Gruppen, der das südamerikanische Land seit rund 60 Jahren in Angst und Schrecken versetzt. In jüngster Zeit hat er sich verschärft. Hinzu kommt die schwache Präsenz des Staates, so dass viele Bäuerinnen und Bauern mit ihren Problemen auf sich allein gestellt sind. Und drittens sind die Flächen, die den Landwirtinnen und Landwirten zur Verfügung stehen, sehr klein und oft in schwer zugänglichen Gelände. Sie umfassen meist weniger als einen Hektar Land.

Große gerade Flächen werden oft an Banken oder internationale Unternehmen vergeben. Zudem ist die Abdeckung der Grundbedürfnisse in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Kommunikation auf einem sehr schlechten Stand. „Viele Dörfer sind von der Außenwelt abgeschnitten“, berichtet Jurado. Er versucht gemeinsam mit anderen Mitarbeitenden aus kirchlichen Einrichtungen, Familien mit Schulungen zu Anbau- und Erntetechniken oder beim Verkauf ihrer Produkte zu unterstützen. Aber das sei nicht immer einfach.

Hilfe aus Deutschland: Unterstützung bei der täglichen Arbeit

„In Kolumbien werden Bauern oft von bewaffneten Gruppen angegriffen, um sie zum Kokaanbau zu zwingen“, erzählt Jurado weiter. Die Sozialpastoral engagiert sich vor Ort stark, um die Lebensbedingungen der Menschen nachhaltig zu verbessern. Jurado selbst hat sich auf die Pastoralplanung, Menschenrechte und regionale Nachhaltigkeit spezialisiert. Bei ihrer Arbeit werden er und seine Kolleginnen und Kollegen auch vom deutschen bischöflichen Hilfswerk Misereor unterstützt, dafür ist Rafael Jurado sehr dankbar. Dennoch sind selbst die Helfenden bei ihrer täglichen Arbeit vielen Bedrohungen ausgesetzt. „Allein in diesem Jahr gab es bisher mehr als 124 Morddrohungen“, berichtet er.

 

In der Region Nariño werden neben Bohnen und Kaffee auch viele Kartoffeln angebaut. Die Bauernhöfe produzieren etwa 50 verschiedene Produkte, doch die Regierung verlangt oft nur nach Kaffee und Kartoffeln. Für die anderen Gemüsesorten bleibt daher nur der lokale und regionale Markt. „Es gibt keine Wertschätzung für ihre Produkte und deshalb auch keine fairen Preise“, sagt Jurado. Er setzt sich dafür ein, dass die Bäuerinnen und Bauern ein Bewusstsein für ihre Rechte, für gesunde Ernährung und klimafreundlichen Anbau entwickeln. „Die Kirche leistet dort Lebenshilfe und arbeitet sehr nah an und vor allem mit den Menschen. Sie will Wissen vermitteln und Nachhaltigkeit fördern“, sagt Nathalie Pieper.

Solidarische Landwirtschaft als Gemeinschaftsprojekt

Für nachhaltigen Anbau hier in Deutschland setzen sich auch Andreas Watzek von der Solidarischen Landwirtschaft Vauß Hof eG ein: „Wir bearbeiten unseren Boden sehr schonend von Hand, nicht mit großen Traktoren, die den Boden platt walzen. Der Boden muss locker sein, Humus aufbauen und Wasser speichern können.“ Rafael Jurado ist begeistert von dem Konzept der Solidarischen Landwirtschaft und von der Wertschätzung, die hier auch den kleinen Höfen entgegengebracht wird. Bei seinem Besuch erfährt er noch mehr über ökologischen Anbau und die Finanzierung des Hofes.

 

Das Gemüse auf dem Hof Vauß wird nach Demeter-Prinzipien angebaut. Zum Düngen verwenden sie nur eigenen oder zertifizierten Kompost ohne Chemie und Pestizide. Die Solidarische Landwirtschaft zählt derzeit 300 Genossenschaftsmitglieder. „Als Mitglied habe ich ein ganz anderes Verantwortungsgefühl, wenn ich mein Gemüse hierher beziehe“, sagt Watzek. Sein Anspruch ist es, mit den angebauten Produkten die rund 130 beteiligten Familien zu versorgen. „Das ist ein ganz persönliches Miteinander. Unsere Idee und unsere Landwirtschaft leben davon, dass man sich kennt“, ergänzt Marius Pötting, Besitzer des Vauß-Hofs und Mitbegründer der Solidarischen Landwirtschaft hier am Ort.

Was bedeutet Solidarische Landwirtschaft?

Bei diesem Projekt werden nicht einzelne Lebensmittel finanziert, sondern die Landwirtschaft, die diese produziert. So versorgt ein Hof eine Gruppe von Menschen mit Lebensmitteln, während diese im Gegenzug die nötigen finanziellen Mittel bereitstellen und vor Ort mitarbeiten. Zusammen leisten alle Beteiligten einen wichtigen Beitrag zu Umweltschutz und Nachhaltigkeit sowie zur Stärkung der regionalen Landwirtschaft.

© PhotoJuli86 / Shutterstock.com
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Kolumbien im Fokus der diesjährigen Fastenaktion

Zur Genossenschaft gehört auch ein solidarisches Finanzierungsmodell: Am Anfang des Jahres gibt es eine gemeinsame Budgetplanung mit allen Familien. Die Mitglieder können je nach Selbsteinschätzung vom Durchschnittsbeitrag abweichen, „starke Schultern können schwache Schultern“ stützen.  So haben viele die Möglichkeit, sich zu beteiligen. „Natürlich vergleichen wir uns auch mit dem Handel und stellen fest, dass unser Gemüse oft preiswerter ist als im Handel. Seit der Gründung vor sieben Jahren haben wir jährlich Qualität und Ertrag steigern können“, verrät Watzek.

Soweit die deutsche Perspektive. Aber was bedeutet nachhaltige und faire Landwirtschaft für Rafael Jurado? Während viele Unternehmen in Kolumbien ihre Produkte mit einem Siegel vermarkten, sieht er mindestens genauso viele Bäuerinnen und Bauern, die nach den gleichen Kriterien arbeiten, aber ihre Erträge nicht mit einem Siegel versehen können. Alles werde sehr ungerecht verteilt, oft fehlen diesen Höfen die finanziellen Mittel.

Jurado will sich weiter dafür einsetzen, dass auch die Bäuerinnen und Bauern in seiner Heimat zu Selbstversorgern werden und auf eigenen Beinen stehen können, mit ähnlichen Konzepten wie die der Solidarischen Landwirtschaft. Dabei wird er vom katholischen Hilfswerk Misereor unterstützt. Die diesjährige Misereor-Fastenaktion hat das Leitwort „Interessiert mich die Bohne“. Kolumbien steht mit dem Thema Ernährung bzw. Ernährungssicherheit in diesem Jahr im Fokus der Fastenaktion. Sie spiegelt für Jurado die Wertschätzung für seine Arbeit und die der Landwirtinnen und Landwirte in Kolumbien wider und soll das Bewusstsein für Ernährung schärfen. Jurado ist für etwa drei Wochen in Deutschland unterwegs, um von seinem Projekt der Landpastoral zu berichten und Menschen hier zu sensibilisieren.

Ein Beitrag von:
Redaktion

Miriam Westfechtel

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