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© Braun Media / Erzbistum Paderborn

Seelsorge speziell für Männer braucht es das?

Hier sprechen Männer über Gott, über das Verhältnis zur Tochter und über Männergesundheit

Seelsorge speziell für Männer – braucht es das? Ernsthaft? Die kurze Antwort lautet: ja! Angesichts der sich verändernden Männerrollen in der Gesellschaft suchen viele Männer nach Orientierung und nach ihrer Identität als Mann. Das zeigt sich auch daran, wie gut die kirchlichen Kursangebote speziell für Männer angenommen werden. Zentrum der Männerseelsorge im Erzbistum Paderborn ist das Bildungs- und Exerzitienhaus St. Bonifatius in Winterberg-Elkeringhausen. Im Schutz der Anonymität sprechen hier Männer in Themenkursen über intime Dinge: über Gott, über ihr Verhältnis zur erwachsenen Tochter oder über ihre Prostata. Darüber hinaus gibt es auch vor Ort, in den Gemeinden und Pastoralen Räumen, katholische Männergruppen. Ronald Thiele berichtet davon, dass es dabei ganz ohne stammtischhafte Witzeleien oder Alpha-Männchen-Gehabe zugehen würde, dafür aber sehr einfühlsam und solidarisch. Hauptsächlich ist Thiele als Berater der katholischen Ehe,- Familien-, Lebensberatung tätig, darüber hinaus ist er mit einem Stellenanteil von 20 Prozent Referent für die Männerarbeit und die Männerseelsorge im Erzbistum Paderborn.

Der Kirche wird gern nachgesagt, sie sei in gesellschaftlichen Fragen eher konservativ. Ganz anders, nämlich höchst fortschrittlich, präsentieren sich die schon im Jahr 2004, also just vor 20 Jahren von der Deutschen Bischofskonferenz herausgegebenen Richtlinien für die katholische Männerarbeit und Männerseelsorge. Bei den Aufgaben- und Handlungsfeldern heißt es da: „Männerpastoral unterstützt alle Männer – sowohl diejenigen, die den Schwerpunkt ihres Engagements in Beruf und Arbeit erleben, als auch diejenigen, die den nichtökonomischen Lebensbereichen größeres Gewicht geben möchten.“

Hinter der Maske der Maskulinität

Schon vor 20 Jahren, und damit lange bevor der Begriff der Care-Arbeit den Wissenschaftszirkel verließ, griff die katholische Kirche also ein Thema auf, das bis heute den gesellschaftlichen Diskurs prägt. „Dabei ist die Frage nach dem Stellenwert der nichtökonomischen Lebensbereiche im Leben eines Mannes nur eine Teilfrage aus dem großen Kosmos dessen, was Mann-sein heute, im 21. Jahrhundert, bedeutet“, erklärt Ronald Thiele. Auch dies spiegelt sich in den Richtlinien der Deutschen Bischofskonferenz wider. Männerpastoral, so heißt es darin ausdrücklich, wendet sich an Männer, die sich um die Entfaltung der eigenen Persönlichkeit bemühen, einen größeren Anteil der Beziehungsarbeit in Partnerschaft und Ehe übernehmen möchten oder sich stärker in Erziehungsaufgaben einbringen wollen. Ebenfalls genannt werden als Zielgruppe alleinlebende und alleinerziehende Männer. Männerpastoral, so heißt es in den Richtlinien weiter, setze sich „für die partnerschaftliche und solidarische Beziehung zwischen Männern und Frauen ein“.

Geh da mal hin, das ist gut für dich

Und wie sieht es in der Praxis aus? Noch heute käme es häufig vor, dass Kursteilnehmer angeben würden, das Männerwochenende im Bildungs- und Exerzitienhaus von ihrer Frau geschenkt bekommen zu haben, nach dem Motto: „Geh da mal hin, das ist gut für dich!“, gibt Thiele eine Anekdote aus seiner 30-jährigen Tätigkeit in der Männerpastoral zum Besten. Auch wenn die Frauen bisweilen den letzten Anstoß geben, dass ihre Männer eine Bildungsveranstaltung besuchen, sieht Thiele die Tendenz, dass selbst Männer im mittleren und fortgeschrittenen Alter durchaus interessiert daran sind, ihre Männerrollen kritisch zu hinterfragen und ihre hinter Rollenklischees verborgene wahre männliche Identität zu ergründen. Also neugierig sind auf das, was zum Vorschein kommt, wenn die Maske der Maskulinität fällt.

 

„Wenn Männer mit sich selbst und mit anderen liebevoller umgehen, werden sie dadurch nicht weiblicher, sondern menschlicher.“

 

Männerseelsorger Ronald Thiele

 

Dieses Interesse am Mann-sein ist eine Reaktion auf gesellschaftliche Entwicklungen. Immer noch gibt es viele Männer, die sich über die Arbeitswelt definieren und Erfolg in erster Linie als beruflichen Erfolg erleben. Allerdings ist die Rolle des Ernährers genauso ins Wanken geraten wie viele männliche Privilegien in der Arbeitswelt. Während sich in einigen Bereichen der Gesellschaft überkommene Denkmuster auflösen und alte Gewissheiten verschwinden, gibt es in anderen Lebensbereichen nach wie vor genaue Vorstellungen davon, wie sich ein Mann in bestimmten Situationen zu verhalten hat oder welches Pensum an Aufgaben er in welcher Lebensphase bewältigt haben sollte, um als richtiger Mann anerkannt zu werden.

Selbst- und Nächstenliebe

„Männer stehen vor der Notwendigkeit, ein neues Selbst-Bewusstsein zu entwickeln, in dem Sinne, dass sie sich ihrer selbst, ihrer Stärken, ihrer Schwächen und ihrer Wünsche bewusst werden“, so Ronald Thiele. Eine wesentliche Voraussetzung für diese Erkenntnisleistung sei ein liebevollerer Umgang mit sich selbst. Dabei gehe es nicht darum, Männer weiblicher zu machen. Ronald Thiele: „Wenn Männer mit sich selbst und mit anderen liebevoller umgehen, werden sie dadurch nicht weiblicher, sondern menschlicher.“

Hieraus, aus diesem Ansatz der Selbst- und Nächstenliebe, ergeben sich direkte Anknüpfungspunkte zum Christentum. Aber auch konkret, bei der Beantwortung spezifischer Lebensfragen, kann die Kirche Männern Hilfestellung und Orientierung bieten. Ronald Thiele verweist dabei auf das Kursprogramm des Bildungs- und Exerzitienhauses St. Bonifatius in Winterberg-Elkeringhausen. Ein sehr gut nachgefragtes Format sind beispielsweise die Männerzeitreisen, bei denen Männer über drei Wochenenden den Fragen nachgehen, wie sie zu dem Mann geworden sind, der sie heute sind. Aber nicht nur Vergangenheitsbewältigung steht auf dem Programm. Es gilt auch zu erörtern, was die Männer noch vom Leben erwarten. Einen ähnlich großen Zuspruch wie die Männerzeitreisen erfahren die Väter-Töchter-Wochenenden mit dem augenzwinkernden Titel „Von Superhelden und Räubertöchtern“. An diesen Wochenenden können Väter und ihre erwachsenen Töchter unter Anleitung und in Zweiergesprächen ihre Beziehung reflektieren und neue Impulse für ein gutes Miteinander aufnehmen.

Eine reine Männerwirtschaft?

Mit Ausnahme der Väter-Töchter-Wochenenden schwört Ronald Thiele in der Männerpastoral auf reine Männergruppen: „Wo haben Männer schon die Möglichkeit, sich offen auszusprechen und auszutauschen? Wo reden Männer über ihre Prostata oder über ihre Angst vorm Chef? Wenn überhaupt, dann machen sie das in einer geschützten Atmosphäre und untereinander. Sobald eine Frau dabei ist, ist leider Schluss mit Offenheit.“ Geschlechtertrennung hat sich daher nicht nur im Kursprogramm des Bildungs- und Exerzitienhauses St. Bonifatius als das bessere Konzept entpuppt, sondern ist auch bei der Männerpastoral in den Gemeinden und Pastoralen Räumen angeraten. Beim Aufbau dieser Gruppen bietet Ronald Thiele seine Unterstützung an. Dass Männerseelsorge zukünftig noch wichtiger wird, daran besteht für Thiele kein Zweifel: „Was Männer in der heutigen Welt brauchen, ist Austausch, Kontakt, Beziehung. Genau das können wir ihnen als Kirche geben.“

Kontakt

Ronald Thiele

Referent für diözesane Männerarbeit und Männerseelsorge
Ehe,- Familien-, Lebensberater in Meschede, Coach (DGFC)
Dipl. Religionspädagoge
Ronald.Thiele@erzbistum-paderborn.de
Tel +49(0)2981 92730

Ein Beitrag von:
© Jürgen Hinterleithner
Freier Autor

Hans Pöllmann

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