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© Besim Mazhiqi / Erzbistum Paderborn

Kirche 2035: Kleiner, offener und Konzentration auf das Wesentliche

Pastoralwerkstatt der Dekanate Bielefeld-Lippe und Herford-Minden mit Bistumsleitung und Vertreterinnen und Vertretern der Dekanate

Zur Diskussion über die Zukunft der katholischen Kirche begrüßten die Dekanatsreferenten Martin Decking und Peter Pütz über 100 Teilnehmende. Sie waren im Tagungszentrum Haus Neuland in der Senne bei Bielefeld zur Pastoralwerkstatt zusammengekommen, um über das Zukunftsprogramm „Diözesaner Weg 2030+“ zu beraten. Neben vielen hauptamtlich Tätigen waren in der Mehrheit engagierte Laien aus den Kirchengemeinden zwischen Lübbecke und Lügde erschienen.

Schon heute auf die Zukunft einstellen

Pütz und Decking appellierten, die Veranstaltungsreihe der Pastoralwerkstätten intensiv zu nutzen, da sich die katholische Kirche heute schon auf die Zukunft einstellen müsse. Stellvertretend für die 140.000 Katholikinnen und Katholiken in den Dekanaten Bielefeld-Lippe sowie Herford-Minden sagten sie: „Wir müssen heute lernen, was uns weiterhilft, um die Richtung finden, wie Strukturen und Evangelisierung in Zukunft gehen. Wir müssen aber auch Impulse in Richtung Bistumsspitze in Paderborn geben“, so Dekanatsreferent Pütz.

Diese Bistumsspitze war mit Diözesanadministrator Monsignore Dr. Michael Bredeck und seinem ständigen Vertreter Prälat Thomas Dornseifer bei der Pastoralwerkstatt dabei.

Weniger Kirchenmitglieder, weniger Priester, weniger Mittel und mehr Kirchenaustritte: Auf der Basis heutiger Statistiken und Vorhersagen entwarf Dechant Norbert Nacke aus dem Dekanat Bielefeld-Lippe ein Zukunftsszenario für die katholische Kirche im Jahr 2035. „Das Deutschland der Zukunft wird ein multireligiöses und säkularisiertes Land sein.“ Zu den Gründe für eine geschwächte Kirche sagte Nacke: „Die Missbrauchskrise hat die Kirche massiv beschädigt, dazu kommt der Umgang mit Geld, der Umgang mit Reformbewegungen oder queeren Menschen.“

Am Scheideweg

Für den Dechanten steht die Kirche heute am Scheideweg: „Wir haben einen Kipppunkt erreicht, an dem es kein „Weiter so“ oder ein „Zurück in die Vergangenheit“ gibt. Wir müssen Aufgaben der Kirche proirisieren.“ Was das konkret bedeuten kann, präsentierten die Dechanten Norbert Nacke und Gerald Haringhaus dann mit einem Zukunftsszenario für beide Dekanate: Das Erzbistum Paderborn verfügt 2035 nach diesem Szenario über nur noch 40 bis 50 Prozent der heutigen Beschäftigten, die Dekanate sind aufgelöst und das Dekanatspersonal arbeitet in sogenannten „Zentren“.  In den Dekanaten Bielefeld-Lippe und Herford-Minden gibt es zwei Zentren mit jeweils drei Priestern, zwei Gemeindereferenten und zwei Mitarbeitenden für die Verwaltung.

In den Zentren wird es täglich Messen geben und es werden kirchliche Feiertage zelebriert. Zum Angebot gehören Kirchenmusik, Kunst und religiöse Bildung. Diese Zentren sind dann „Tankstellen“ für neue Ideen und Impulse. An den anderen Kirchenstandorten gestalten ehrenamtliche Kräfte das Gemeindeleben: „Dazu müssen Eigenverantwortung und Selbstorganisation gestärkt werden. Notwendig sind: Beteiligung, Befähigung, Begleitung und eine Feedbackkultur. 2035 richten sich die Angebote der Kirchengemeinden nach dem Engagement Freiwilliger vor Ort“, so Nacke. Noch stärker werden katholische Kitas, Altenheime, Sozialdienste oder Schulen Orte des religiösen Lebens sein.

„Die Zukunft ist offen“

In der anschließenden Podiumsdiskussion fasste Dechant Gerald Haringhaus vom Dekanat Herford-Minden zusammen: „Gerade weil Kirche künftig nicht mehr flächendeckend durch Hauptamtliche präsent sein kann, müssen wir uns darauf vorbereiten, dass die Kirche bei uns schon in gut zehn Jahren ganz anders aussehen wird. Auch wenn wir heute noch kein klares Bild dieser Zukunft haben, wollen wir erste Vorstellungen entwickeln, wie Kirche und Glauben vor Ort gelebt werden können.“

Prälat Thomas Dornseifer forderte die Anwesenden zur Diskussion auf: „Die Zukunft ist offen. Wir besitzen keine Glaskugel und nicht jede Überlegung der Bistumsspitze ist Gesetz“. Diözesanadministrator Dr. Michael Bredeck rief für die kommende Zeit zu einem stärkeren Miteinander von Laien, Getauften und Priestern auf: „Geerbte, überlieferte Vorstellungen werden in Frage gestellt. Die Kirche muss Antworten geben: Was bedeutet Glaube?“ Bredeck forderte eine neue Beteiligungskultur: „Engagement in der Kirche muss Freude machen, Ehrenamtliche müssen mitentscheiden, nicht der, der am Geldhahn sitzt.“

Impulse setzte auch die „Prozessleitung Diözesaner Weg 2030+“: Dr. Annegret Meyer, Stephan Lange und Markus Freckmann, die den Veranstaltungstyp Pastoralwerkstatt zusammen mit den Dekanaten entwickelt haben. Dr. Annegret Meyer wünschte sich, dass zum „ehrlichen“ Szenario, ein guter Dialog gefunden wird, denn „Glaube braucht nicht nur großartige Ressourcen.“

Viele gute Gedanken in den Arbeitsgruppen

In den anschließenden Arbeitsgruppen konnten alle Teilnehmenden offen ihre Zukunftsvorstellungen entwickeln. In den Diskussionen und Debatten kristallisierten sich inhaltliche Schwerpunkte heraus: „Wir haben heute sehr viele gute Gedanken gehört. Etwa über Gewinnung von Ehrenamtlichen, Erkennen und Fördern von Talenten bis hin zu mehr Kooperationen mit Umweltorganisationen, Verbänden und Vereinen. Vor allem soll es viel mehr Zusammenarbeit mit der evangelischen Kirche geben. Offenheit ist eine ganz wichtige Forderung: Offene Räume schaffen, offen auf Nicht- oder Andersgläubige zugehen, neue offene Formen des Gottesdienstes finden“, bilanzierte Dekanatsreferent Decking am Ende der Veranstaltung.

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