Alfons Gruner, 58, war bis zu seinem Vorruhestand in der Führungskräfteentwicklung eines Weltkonzerns tätig. Seine vielfältigen Kenntnisse und Erfahrungen aus dem Berufsleben bringt Gruner nun in Schwerte in Projekten der Gemeinde und im Pfarrgemeinderat ehrenamtlich ein.
Zum Ehrenamt in der Kirche kam ich über die Kommunionvorbereitung meiner Kinder. Momentan bin ich in zwei Projekten tätig. Das eine ist die Friedensbank, eine Bank auf dem Friedhof. An zwei Tagen in der Woche sitzt dort jemand von unseren ehrenamtlich Engagierten und bietet den Trauernden ein Gespräch an. Das Angebot gibt es in Schwerte schon seit sieben Jahren.
Das zweite Projekt sind die Versorgungsschränke. Das Projekt läuft erst seit einem halben Jahr. An mittlerweile drei dieser Schränke im Stadtgebiet können sich armutsbetroffene Menschen mit Grundnahrungsmitteln, Trinkwasser und Hygieneartikeln eindecken. Die Spendenresonanz ist gigantisch, wir konnten so die Anschubfinanzierung der Katholischen Gemeinde immer noch in Reserve halten. Armutserfahrung ist genug mit Ausgrenzung und Scham verbunden. Daher gehört zu unserem Konzept die Anonymität. Die Schränke werden also nicht beobachtet. Bei uns können sich alle das aus dem Schrank nehmen, was sie gerade brauchen. Bisher haben wir null Probleme mit Vandalismus und auch nur ganz vereinzelt davon gehört, dass jemand die Schränke leerräumt.
Beide Projekte sind in ihrer Umsetzung überkonfessionell und interreligiös. Auf den Friedensbänken sitzen an manchen Tagen evangelisch-freikirchliche Ehrenamtliche, bei den Versorgungsschränken arbeiten Menschen muslimischen Glaubens mit. Die Projekte würden auch ohne das Label „Katholische Kirche“ funktionieren, aus reiner Humanität. Unsere Motivation kommt gleichwohl aus unserem christlichen Menschenbild. Wenn dann ein Imagegewinn auf die katholische Kirche ausstrahlt, ist das ein Kollateralnutzen.
Neue Ideen für die kirchliche Ehrenamtsarbeit konnte ich aus der Pastoralwerkstatt nicht viele mitnehmen, wohl aber Impulse für die Arbeit in Gremien. Mehr habe ich auch nicht erwartet. Beim ehrenamtlichen Engagement haben wir in Schwerte ein ordentliches Niveau erreicht. Es war ein Gewinn, dass wir unsere Projekte anderen vorstellen durften. Vielleicht passt das, was wir hier bei uns entwickelt haben, in eine andere Region.
Glaubwürdiger Auftritt der Bistumsleitung
Positiv war, dass ich in der Pastoralwerkstatt Organisationsentwicklung im Livebetrieb erleben konnte. Die Bistumsleitung hat verdeutlicht, welche Aufgaben und welche Verantwortung sie zukünftig vor Ort sieht. Auch hat sie für mich auf eine glaubwürdige Weise klargemacht, dass sie diese Entscheidung aus Überzeugung getroffen hat und nicht etwa nur getrieben von Ressourcenknappheit. Die Ehrenamtlichen konnten im Gegenzug verdeutlichen, welche Freiräume und Ressourcen sie dafür benötigen. Ich habe den Eindruck, dass ein guter Entwicklungsprozess in Gang gekommen ist.
Zudem konnten die Ehrenamtlichen gegenüber den Verantwortlichen in der Bistumsleitung verdeutlichen, welches Ausmaß der Veränderungsdruck angenommen hat. Es hilft uns gar nichts, wenn die Leute sagen: „Euer Sozialprojekt hier bei uns ist gut, eure Glaubensangebote geben den Menschen Halt. Aber die Kirche als Institution mit ihren Skandalen und ihrer mangelnden Veränderungsbereitschaft kann uns trotzdem gestohlen bleiben.“ Die Kritik der Menschen entzündet sich an der Institution. Also muss sich die Institution verändern.
Ich hoffe, dass die Bistumsleitung den Veränderungsdruck von der Basis an höhere Instanzen der Kirche weitergibt. Wenn es in Zukunft eine vitale Kirche in Westeuropa geben soll, muss sie sich den Bedürfnissen der Menschen in Westeuropa öffnen. Hauptsächlich war die Pastoralwerkstatt für mich eine Arbeitssitzung. Ich konnte aber auch etwas für meinen Glauben mitnehmen. Zum Beispiel den Leitsatz, dass man im Antlitz des Anderen Gott erkennt. Ich hätte mir gewünscht, dass viel mehr Engagierte aus unserer Gemeinde an dieser Pastoralwerkstatt teilgenommen hätten.