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„Der grundsätzliche Kulturwandel ist noch im Gange“

Reihe „7 Leitsätze zur Organisationsentwicklung“: Raimund Eilebrecht über die Balance zwischen Vertrauen und Aufsicht

Interviewreihe „Die 7 Leitsätze zur Organisationsentwicklung”: Raimund Eilebrecht aus dem Bereich Finanzen über die Balance zwischen Vertrauen und Aufsicht

Wenige Monate nach Veröffentlichung des Zukunftsbildes erhielten die Mitarbeitenden im Erzbischöflichen Generalvikariat einen Satz bunter Karten mit „7 Leitsätzen“.  Diese Sätze zeigten eine erste Richtung an, wie der vom Zukunftsbild beabsichtigte Kulturwandel im Generalvikariat aussehen könnte.

Fünf Jahre danach fragen wir bei Abteilungsleitungen nach: Werden die Leitsätze gelebt? Wie hat sich die Kultur in unserer Behörde schon verändert? Als erstes gibt Raimund Eilebrecht, Leiter der Abteilung „Kirchengemeinden, Kindertageseinrichtungen“ im Bereich Finanzen, Auskunft zum Leitsatz „Wir fördern Vertrauen, indem wir Vertrauen geben und Entscheidungen erklären.“

Redaktion

Was genau ist Aufgabe der Abteilung „Kirchengemeinden, Kindertageseinrichtungen“ innerhalb des Bereichs Finanzen?

Raimund Eilebrecht

Wir prüfen und genehmigen jährlich die Haushalte der Kirchengemeinden und setzen Schlüsselzuweisungen fest, also jene Gelder aus Kirchensteuermitteln, die nach bestimmten Kriterien auf die Gemeinden verteilt werden. Des Weiteren unterstützen und beraten wir bei der Planung, Durchführung und Realisierung von Baumaßnahmen sowie bei rechtlichen und finanziellen Fragen rund um das Grundeigentum von Kirchengemeinden. Auch für Kindertageseinrichtungen ist unsere Abteilung da: Die sieben KiTa-GmbHs, also die Träger unserer KiTas, erhalten ein Budget, das von unserer Abteilung festgelegt wird.

Redaktion

Wie sehen typische Arbeitsvorgänge aus?

Raimund Eilebrecht

Ein typischer Vorgang ist zum Beispiel der Jahresabschluss einer Kirchengemeinde. Der Kirchenvorstand erhält einen Entwurf vom zuständigen Gemeindeverband und leitet ihn nach Beschluss an uns zur Prüfung weiter. Wir analysieren dann, ob die Kirchengemeinde finanziell gut aufgestellt ist. Falls wir Defizite entdecken, überlegen wir, wie wir damit umgehen, etwa durch Beratung zur Bewirtschaftung. Die Prüfung von Bau- und Architektenverträgen bei anstehenden Baumaßnahmen und die Berechnung des dafür möglichen Kirchensteuerzuschusses ist ebenfalls ein typischer Vorgang, oder die Prüfung von Kaufverträgen, wenn Gemeinden Grundstücke erwerben.

Redaktion

Hat sich die Abteilung im Zuge der Organisationsentwicklung verändert?

Raimund Eilebrecht

Bei uns hat es schon vor der eigentlichen Organisationsentwicklung Veränderungen gegeben, vor etwa sechs bis acht Jahren. Wir haben uns eine kundenorientierte Struktur gegeben mit dem Ziel, dass die Kirchengemeinden möglichst einen Ansprechpartner haben und sich nicht, je nach Thema, neu orientieren müssen. Wir haben unsere Aufgaben auch besser miteinander vernetzt. Dieses Vorgehen hat sich bewährt. Wenn z.B. ein Kirchenvorstand zum Gespräch zu uns kommt, kann man gleich mehrere Themen zusammen bearbeiten.

Redaktion

Wo kommt bei dem beschriebenen Aufgabenfeld das Thema Vertrauen ins Spiel?

Raimund Eilebrecht

Es drückt zum Beispiel Vertrauen aus, wenn wir ein Budget zur Verfügung stellen, dessen Verwendung wir nicht mehr nachprüfen. Das ist etwa bei den KiTa-GmbHs der Fall, denen wir ein Budget in zwei Teilbeträgen zur Verfügung stellen: eins für Betriebskosten und eins für Baukosten. Wir haben für die Verwendung dieses Budgets nur wenige Leitplanken eingezogen. Zum Beispiel muss gewährleistet sein, dass 90 Prozent der Angebote weiterhin aufrechterhalten werden müssen. Dieses Vertrauen bedeutet auf der anderen Seite aber auch, dass die KiTa-GmbHs Verantwortung für ihre Entscheidungen übernehmen müssen.

“Es gibt sicherlich Verständnis dafür, dass wir Aufsicht wahrnehmen, aber es ist nach wie vor so, dass unsere Einblicke geduldet, aber nicht geliebt werden. Hier ist noch ein grundsätzlicher Kulturwandel im Gange. Hoffnung bereitet mir, dass nachwachsende Generationen in den gemeindlichen Ehrenämtern häufig Verständnis für unsere Rolle zeigen.”

Raimund Eilebrecht

Redaktion

Sind auch die Schlüsselzuweisungen Vertrauenssache?

Raimund Eilebrecht

Die Kirchengemeinden sind selbst dafür verantwortlich, wie sie mit den Schlüsselzuweisungen umgehen. Dies ist allerdings nicht neu, wir verfahren schon seit ca. 45 Jahren so. Von unserer Seite versuchen wir, das Vertrauen in die Schlüsselzuweisungen zu fördern, indem wir ihre Kriterien transparent machen, Berechnungen erklären und so Objektivität und Verlässlichkeit herstellen.

Redaktion

Transparenz spielt also eine große Rolle, wenn es um das Thema Vertrauen geht?

Raimund Eilebrecht

Ja, das ist so. Transparenz haben wir zum Beispiel auch herzustellen versucht, als wir vor zwei Jahren die Kriterien zur Bauförderung neu gefasst und veröffentlicht haben. Die Eindrücke von Kirchengemeinden, dass Entscheidungen willkürlich getroffen werden, sind dadurch weniger geworden. Es gibt dadurch aber auch weniger Flexibilität. Ausnahmegenehmigungen lassen die Kriterien nicht zu.

Redaktion

Bei allem Vertrauen und aller Transparenz: Ihre Abteilung hat trotzdem auch eine Aufsichtsfunktion, die Projekte genehmigen und auch ablehnen kann. Mit welchem Grund?

Raimund Eilebrecht

Unser Auftrag, den wir im Auftrag des Erzbischofs ausüben, ist letztlich dafür zu sorgen, dass weder der einzelnen Kirchengemeinde noch dem Erzbistum ein finanzieller Schaden entsteht. Das Verständnis dafür ist nicht immer vorhanden. Es wird schon einmal die Frage gestellt: Warum müsst ihr das alles wissen? Natürlich klingt es zunächst einmal nach Kontrolle, wenn wir uns einen Konto-Auszug vorlegen lassen, um zu klären, ob wir etwas genehmigen oder nicht. Das ist aber kein generelles Misstrauen. Wir brauchen Klarheit über die herrschenden Bedingungen, damit die geplanten Projekte auch gelingen können.

Redaktion

Wie ist das Vorgehen, wenn ein Projekt nicht genehmigt werden kann?

Raimund Eilebrecht

Ein Beispiel dafür ist das Vorhaben einer Kirchenrenovierung. Eine Frage, die sich uns dann zum Beispiel stellt: Welche Rolle hat die Kirche im Pastoralen Raum? Ist sie ein zukunftsfähiges Objekt, und kann man mit gutem Gewissen Kirchensteuermittel einsetzen? Wenn sich abzeichnet, dass wir etwas nicht genehmigen können, laden wir zum Gespräch ein, um die Entscheidung zu erklären und über das weitere Vorgehen zu sprechen. Natürlich herrscht bei den Betroffenen dann erst einmal Enttäuschung, dass z.B. die Kirche nicht renoviert werden kann. Unsere Argumente ziehen dann erst einmal nicht. Das ist übrigens auch eine Folge der Finanzberichte, mit denen das Erzbistum sein Vermögen offengelegt hat. Die Frage heißt oft: Das Erzbistum hat so viel Geld – wieso kann unser Projekt nicht genehmigt werden?

Redaktion

Sind die aufsichtspflichtigen Vorgänge geringer geworden? Oder haben sie sich verändert?

Raimund Eilebrecht

Das ist ein rechtlicher Katalog, der sich eigentlich kaum verändert hat. Wir haben aber einige Instrumente eingeführt, die das diözesane Recht zulässt. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Pauschalen: jährliche Baupauschalen bis zu einem bestimmten Betrag, Technik-Pauschalen, die auch über mehrere Jahre angesammelt werden können, um eine größere Anschaffung zu tätigen. Da wäre vermutlich noch mehr möglich. Wir sind dabei, die Dinge zu beleuchten, die entsprechende Verwaltungsordnung wird überprüft.

Redaktion

Gab es konkrete Erfahrungen, die gegenseitiges Vertrauen haben wachsen lassen?

Raimund Eilebrecht

Wir sind bei unseren Zusagen verlässlich – an unsere Zusagen halten wir uns. Das wird auch geschätzt. Außerdem haben wir einen distanzierten Blick aus das große Ganze von 600 selbständigen Kirchengemeinden, was bei manchen Streitigkeiten Vorteile hat. Der Kirchenvorstand einer Gemeinde im Pastoralen Raum ist zunächst einmal dem Wohl seiner Kirchengemeinde verpflichtet und gerät schnell in Legitimationsprobleme, wenn es z.B. darum geht das eigene Pfarrheim aufzugeben und das Pfarrheim der Nachbargemeinde mit zu nutzen. Wir haben in der Diskussion einen Zeitvorsprung und versuchen, über den Tellerrand hinaus zu denken. Hier erleben wir im Nachhinein oft Dankbarkeit, auch wenn die Entscheidung zunächst einmal schwer ist.

Redaktion

Ihre Einschätzung: Hat sich der Blick auf das Generalvikariat bei Ihren „Kunden“ in den vergangenen Jahren verändert?

Raimund Eilebrecht

Es gibt sicherlich Verständnis dafür, dass wir Aufsicht wahrnehmen, aber es ist nach wie vor so, dass unsere Einblicke geduldet, aber nicht geliebt werden. Hier ist noch ein grundsätzlicher Kulturwandel im Gange. Hoffnung bereitet mir, dass nachwachsende Generationen in den gemeindlichen Ehrenämtern häufig Verständnis für unsere Rolle zeigen.

Interviewreihe "7 Leitsätze zur Organisationsentwicklung"

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