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Das Virus und der liebe Gott

Der Fundamentaltheologe Prof. Dr. Joachim Negel kritisiert im Fachgespräch fehlende theologische Antworten auf die Corona-Pandemie / Video der Veranstaltung ist frei verfügbar

Hat das Corona-Virus etwas mit Gott zu tun? Diese Frage stand im Mittelpunkt eines theologischen Fachgesprächs, zu dem die Abteilung Fortbildung pastorales Personal im Generalvikariat eingeladen hatte. Gesprächspartner war Professor Dr. Joachim Negel, Priester aus dem Erzbistum Paderborn und Inhaber des Lehrstuhls für Fundamentaltheologie an der Universität Fribourg (CH). Im Jahr 2022 veröffentlichte Negel ein Buch mit dem Titel „Das Virus und der liebe Gott“. Über seine Gedanken in diesem Werk sprach er mit Moderator Dr. Johannes Lorenz, Studienleiter im „Haus am Dom“, Frankfurt a.M.

Negel sagte, es sei richtig, dass Theologie und Kirche das Corona-Virus nicht als Strafe Gottes für die Sünden der Menschen gedeutet hätten. Das bedeute aber nicht, dass die Corona-Pandemie nichts mit Gott zu tun habe. „Es ist die Überzeugung aller biblischen Religionen, dass die Wirklichkeit elementar etwas mit Gott zu tun hat“, sagte er. „Und insofern hat auch die Corona-Pandemie etwas mit Gott zu tun.“ Was das sei, darauf hätten die Kirchen aber keine Antwort gefunden.

Videoaufzeichnung des theologischen Fachgesprächs

Das theologische Fachgespräch „Das Virus und der liebe Gott“ mit Professor Dr. Negel  konnten die Teilnehmenden vor Ort im Erzbischöflichen Priesterseminar oder per Video-Übertragung verfolgen. Das Video steht allen Interessieren weiterhin zur Verfügung.

Wenn die Wirklichkeit Gottes abhandenkommt

Generell hätten sich die Kirchen viel zu wenig theologisch mit der Krise auseinandergesetzt, so Professor Dr. Negel. „Um mit den Infizierten Solidarität zu üben, die Hygiene-Vorschriften einzuhalten und mit Blick auf das Pflegepersonal und die Ärzte Aufmerksamkeit zu üben, da brauche ich kein Christ zu sein“, merkte er kritisch an. „Das ist etwas Selbstverständliches. Wenn das unsere Botschaft ist, dann sagen wir im Grunde genommen nichts anderes, als das, was Karl Lauterbach und Angela Merkel gesagt haben. Die Leute merken das und sagen: Wenn das euer Markenzeichen ist, dann brauche ich euch nicht.“

Ein Grund für die fehlende theologische Deutung der Corona-Pandemie sei die Tatsache, dass die Wirklichkeit Gottes vielerorts abhandengekommen sei, fuhr Negel fort. „Auch in den Kirchen ist das elementare Lebensgefühl der Wirklichkeit Gottes abhandengekommen, verblasst, hat sich ausgedünnt, wird fragwürdig, ist diffus, nicht mehr zu fassen“, sagte er. „Es gibt so etwas wie eine umfassende Gotteskrise. Das ist Kennzeichen unserer Moderne, und deshalb sind wir auf uns selber zurückgeworfen.“

Ohne Gott geht es nicht

Auf die Frage, was eine theologische Antwort auf die Pandemie sein könne, antwortete Professor Dr. Negel: „Dieses Leben ist endlich, und das einzige, was für jeden Menschen fest steht ist, dass er sterben wird. Und die Aufgabe von Kirche ist es, daran zu erinnern, dass es eine Wirklichkeit gibt, in der alles gerettet sein wird.“ Christinnen und Christen müssten diese Wirklichkeit den Menschen so vor Augen zu stellen, dass man ahnt: Ohne Gott geht es nicht. „Stattdessen mahnen wir die Impfpflicht an“, kritisierte er. „Dafür braucht es uns nicht.“

Wenn die Wirklichkeit Gottes für die Menschen nicht mehr erfahrbar sei, habe das Folgen, gerade in einer Pandemie. Dann werde die eigene Gesundheit zu einer Ersatzreligion. „Es gibt dann nichts außer das eigene Leben, und dieses muss ich bis ins letzte ausreizen.“ Negel äußerte die Vermutung, dass die ökologische Katastrophe auch eine Konsequenz dieses „radikal immanenten Lebens“ sei, aus dem der Mensch rausholen wolle, was nur gehe.

Maskenlos vor Gott

Im zweiten Teil des theologischen Fachgesprächs griff Negel gängige Corona-Begrifflichkeiten auf und zeigte, dass man diese auch theologisch lesen kann. Eines seiner Beispiele bezog sich auf die Masken, die während der Pandemie getragen wurden und teilweise immer noch werden. „Wir leben grundsätzlich unter Maskenzwängen“, stellte er fest und meinte damit die verschiedenen sozialen Rollen, die man spielen müsse, um überhaupt über die Runden zu kommen. „Aber ich gehe natürlich nicht in meinen sozialen Rollen auf“, fuhr er dann fort. Es gebe „ein innerstes Forum meiner selbst, wo ich radikal maskenlos bin, als der der ich bin und nicht als die Rolle, die ich spiele“.

An diesem Ort, an dem man radikal vor sich selbst stehe, stehe man auch vor Gott. „Und es könnte ja sein, dass da, wo ich vollständig maskenlos auftrete oder mich anblicken lasse, mir ein Blick entgegenkommt, der in aller nüchternen Klarheit etwas Wohlwollendes hat“, so Negel. Da wo ich radikal als ich selbst geprüft bin, weil ich keine Maske trage, kommt mir ein Blick entgegen, der mich erkennt.“

Jesus, der einzige maskenlose Mensch

Negel bezeichnete es auch als Überzeugung des Neuen Testamentes, dass Jesus der einzige Mensch sei, der vollständig maskenlos gelebt habe. Er sei völlig wahrhaftig, und folge man den Evangelien,  sei in seiner Stimme kein einziges Mal ein falscher Ton zu vernehmen. „Jesus wusste sich aus einer Tiefe zu schöpfen, die ihn zu einer Form von Klarheit und Durchsichtigkeit geführt habe, die ihn völlig souverän sein ließ“, beschrieb Negel. „Er hat echte Autorität, ohne jemals autoritär zu sein. Das gibt es unter Menschen nicht. Und deshalb stellen ihn die vier Evangelien als den wahrhaftigen Menschen vor“.

Ein Beitrag von:
© Besim Mazhiqi/Erzbistum Paderborn
Redaktion

Dr. Claudia Nieser

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