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© Foto: hxdyl / Shutterstock.com

Leitung wahrnehmen

Leitung gelingt, wenn "der Zug Kirche" rollt und niemand die Notbremse ziehen muss. Dafür müssen verfügbare Kräfte gebündelt, muss Verantwortung geteilt werden. Auch, wenn es schwierig sein kann, Kontrolle abzugeben. Und wenn immer weniger Menschen bereit sind, Verantwortung zu übernehmen.

100 Sekunden "Leitung wahrnehmen"

Das Video führt kurz und knapp in das Thema „Leitung wahrnehmen“ ein. Die zentrale Aussage lautet: Leitung hat viele Gesichter und Facetten.

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Gemeinsam leiten Verantwortung teilen

Das Thema „Leitung wahrnehmen“ ist eines der zentralen Schlüsselthemen im Zielbild 2030+.

Erzbischof em. Hans-Josef Becker hat beauftragt, neue Formen gemeinsamer Leitung und geteilter Verantwortung zeitnah in Pastoralen Räumen des Erzbistums Paderborn in die Umsetzung zu bringen, damit sie nach einer Erprobungsphase als etablierte Modelle zur Verfügung stehen können. Im Blick ist dabei die Leitung von und in Pastoralen Räumen, und zwar durch pastorales Personal sowie durch ehrenamtlich Engagierte.

Mit der Steuerung dieses Umsetzungsprojektes sind Alina Sivaraj und Dr. Rainer Hohmann betraut worden, die sich dabei auf eine sogenannte Kompetenzeinheit Leitung wahrnehmen stützen können, welche aus fünf weiteren Personen – Mitarbeitenden teils des Generalvikariates, teils der Dekanatsebene – besteht. Einbezogen werden auch die Vorerfahrungen geteilter Leitung, die in den vergangenen Jahren bereits in einzelnen Pastoralen Räumen unseres Erzbistums gemacht wurden.

Ziel des Projektes ist es, ab Spätsommer 2023 für einen auf maximal drei Jahre begrenzten Erprobungszeitraum Prototypen bestimmter Modelle gemeinsamer Leitung in die Umsetzung zu bringen, diese Umsetzung zu begleiten und die Erfahrungen kontinuierlich auszuwerten.

Auftaktveranstaltung "Gemeinsam leiten - Verantwortung teilen"

Über 200 Menschen kamen am Samstag, 6. Mai 2023, zur Auftaktveranstaltung „Gemeinsam leiten – Verantwortung teilen“ ins Paderborner Hotel Vivendi und verdeutlichten damit, wie wichtig das Thema Leitung derzeit im Erzbistum Paderborn ist. Ziele der Veranstaltung sollten sein, Leitungsmodelle im Erzbistum kennenzulernen, zu verstehen und weiterzudenken, von Praxiserfahrungen konkreter Leitungsmodelle zu profitieren und Umsetzungsmöglichkeiten auf den Weg zu bringen.

Übersicht über die vorgestellten Leitungsmodelle:

1. Gemeinsame Leitung im Pastoralen Raum

a. auf ein Territorium bezogen (z. B. Gemeindeteams)
b. auf ein Thema bezogen (z. B. Schwerpunkte, Projekte)

2. Gemeinsame Leitung des Pastoralen Raumes

a. Pfarrer + Verwaltungsleitung
b. Pfarrer + Verwaltungsleitung + Pastorale Koordination*
c. Leitung in solidum (mehrere Priester) nach can. 517,1 + VL
d. Leitung des Raumes durch einen Pfarrbeauftragten oder eine Pfarrbeauftragte mit moderierendem Priester nach can. 517,2 + VL
e. Ehrenamtliche beteiligen sich an der Leitung des Pastoralen Raumes

Das verbirgt sich hinter den unterschiedlichen Modellen

Zuerst ist es wichtig zu unterscheiden, dass es die gemeinsame Leitung IM Pastoralen Raum gibt und die gemeinsame Leitung DES Pastoralen Raumes.

Gemeinsame Leitung IM Pastoralen Raum: Die Modelle 1a und 1b

Die gemeinsame Leitung IM Pastoralen Raum kann territorial oder thematisch geschehen (1a und 1b). Beide haben gemeinsam, dass das Leitungsteam aus Pfarrer, Verwaltungsleitung und dem Pastoralteam besteht. Bei der territorialen Struktur führen darüber hinaus Ehrenamtliche und Hauptberufliche einzelne Gemeinden oder Kirchstandorte. Bei der thematischen Struktur betreuen Ehrenamtliche und Hauptberufliche einzelne Themen wie beispielsweise die Firmvorbereitung oder die Familienpastoral für den gesamten Pastoralen Raum. Die Entscheidung über die gemeinsame Leitung IM pastoralen Raum kann vor Ort eigenständig entschieden werden. Für die im Folgenden skizzierten Modelle 2 braucht es jedoch die Zustimmung aus dem Generalvikariat.

Gemeinsame Leitung DES Pastoralen Raums: die Modelle 2a, 2b und 2c

Denn die gemeinsame Leitung DES Pastoralen Raumes kann vielfältiger ausfallen. Das Modell 2a, welches den bisherigen Standard im Erzbistum abbildet, sieht ein Leitungs-Duo aus Pfarrer und Verwaltungsleitung vor, das seinerseits eingebettet ist in ein Pastoralteam. Im Modell 2b kommt noch eine Pastorale Koordination* hinzu. Diese Person entwickelt und koordiniert ein Netzwerk verschiedener pastoraler Systeme („Erlebnisfelder“). Zudem soll sie zu einer kommunikativen Atmosphäre beitragen, in der Engagierte ihre Charismen einbringen können. Modell 2c bildet eine solidarische Leitung ab, in der es nicht einen leitenden Pfarrer gibt, sondern ein leitendes Pfarrerteam. Hier werden mehrere Priester zu Teampfarrern für den gesamten Pastoralen Raum ernannt.

Neue Wege: die Modelle 2d und 2e

Die Leitungsmodelle 2d und 2e beschreiben ganz neue Wege ohne einen leitenden Pfarrer im Leitungsteam. Da die Leitung eines Pastoralen Raumes rechtlich aber nicht ohne Priester möglich ist, gibt es in diesen Modellen einen sogenannten moderierenden Priester. Dieser trägt die kirchenrechtliche Verantwortung, aber sitzt möglicherweise gar nicht im Pastoralen Raum, sondern ist in einer anderen Einrichtung eingebunden oder Ähnliches. Dennoch hat er die Verantwortung für die Feier der Sakramente, das Taufrecht und die allgemeine Trauvollmacht und unterstützt und begleitet die haupt- und ehrenamtlichen Verantwortungsträgerinnen und -träger. Er muss jedoch nur punktuell im Pastoralteam und in Gremien anwesend sein.

In Modell 2d kommt noch eine neue Rolle hinzu: der oder die Pfarrbeauftragte. Diese Person verantwortet die Umsetzung pastoraler Zielsetzungen, übernimmt liturgische Aufgaben und nimmt an der Pfarrerkonferenz teil. Der Dienstvorgesetzte für die Pfarrbeauftragte oder den Pfarrbeauftragten ist der Erzbischof. Modell 2e unterscheidet sich in der Hinsicht, dass die Stelle des oder der Pfarrbeauftragten durch ein Team aus Ehrenamtlichen ersetzt wird. Beide Modelle, 2d und 2e, gibt es bisher im Erzbistum Paderborn nicht, aber in unseren Nachbarbistümern Essen, Münster und Osnabrück. Mit diesen ist das Erzbistum im regen Austausch und profitiert von deren Erfahrungen. Daher waren auch Vertreterinnen und Vertreter aus diesen Bistümern bei der Auftaktveranstaltung zu Gast und haben als Expertinnen und Experten in Gesprächsrunden zur Verfügung gestanden.

Leitung hat viele Gesichter und Facetten

Unser Zukunftsbild hat eine klare Meinung zum Thema. Auf einen Nenner gebracht: Leitung hat viele Gesichter und Facetten. Es geht um gegenseitiges Vertrauen, um geteilte Verantwortung, um eine aktive Beteiligung. Wir wollen Menschen fördern – und Ertrag sichern. Die Realität ist davon oft noch weit entfernt. Ein Spannungsfeld hält uns besonders in Schach: Die Schwierigkeit zu delegieren und Kontrolle abzugeben, auf der anderen Seite die abnehmende Bereitschaft Verantwortung zu übernehmen.

Gerade in den Pastoralen Räumen begegnet uns ein doppeltes Dilemma. Erstens: Wie gehen wir mit den zunehmend unbesetzten Stellen um? Und zweitens: Wie stellen wir eine kontinuierliche Handlungsfähigkeit sicher – unabhängig vom persönlichen Führungsstil Einzelner? Dafür müssen drei Fragen geklärt sein. Wer darf überhaupt leiten? Wer will leiten? Wer muss leiten? Unser Führungsstil wird sich an einer sehr einfachen Formel ausrichten müssen: Verfügbare Kräfte bündeln und Verantwortung teilen.

Niemanden überfordern oder ausbremsen

Dafür braucht es klare Leitlinien. Wenn jeder macht, was und wie er es will, werden wir dem Auftrag Jesu Christi nicht gerecht, gemeinsam Kirche zu sein. Leitung wahrnehmen, das heißt: jederzeit dafür zu sorgen, dass alles läuft. Dafür muss ich Vieles im Blick haben – und mich auf andere verlassen dürfen. Leitung gelingt dann, wenn „der Zug Kirche“ fährt und niemand die Notbremse ziehen muss.

Selbst besser leiten können und andere besser leiten lassen. Wir müssen lernen beides in Einklang zu bringen. Damit uns zwei Dinge nicht passieren: Niemand soll überfordert sein und niemand soll ausgebremst werden.

Zentrale Aussagen:

  • Leitung hat viele Gesichter und Facetten.
  • Es geht um gegenseitiges Vertrauen, um geteilte Verantwortung, um eine aktive Beteiligung.
  • Leitung gelingt dann, wenn „der Zug Kirche“ fährt und niemand die Notbremse ziehen muss.
© Foto: Monster Ztudio / Shutterstock.com
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Erfahrungen aus dem digitalen Freiraum zum Schlüsselthema

Zum Schlüsselthema “Leitung wahrnehmen” fand am 1. Dezember 2020 ein digitaler Dialograum statt, um das Thema zu vertiefen und weiterzuentwickeln. Nach den Präsentationen beim Diözesantag 2020 führen die „Freiräume“ als digitales Dialogformat den inhaltlichen Austausch weiter. „Kräfte bündeln, Verantwortung teilen“ – an dieser Formel müsse sich das Erzbistum Paderborn orientieren, hatten die Teamleader Theresa Reinke und Matthias Kolk beim Diözesantag 2020 betont. Niemand dürfe überfordert, niemand ausgebremst werden.

 

Im Freiraum fragten die Teamleader nach konkreten Erfahrungen der Teilnehmenden mit einem Führungsstil geteilter Verantwortung sowie nach den vorhandenen Erwartungen. Sie baten um Impulse für die Weiterentwicklung und verknüpften ihr Anliegen mit dem Thema Evangelisierung, das für den Diözesanen Weg von zentraler Bedeutung ist: „Wie kann Führung aus dem Geist der Evangelisierung zum Gelingen von Emmaus-Erfahrungen beitragen?“

Vom persönlichen Führungsstil Einzelner hängt viel ab

Verteilt auf vier moderierte Dialogräume traten 66 angemeldete Teilnehmende in einen intensiven Austausch, an dessen Ende viele konkrete Ideen gesammelt wurden. Viele Rückmeldungen zu den Erfahrungen mit geteilter Verantwortung illustrierten eine bekannte Problematik: Gelingen oder Misserfolg hängt häufig am persönlichen Führungsstil Einzelner. Damit verbunden ist die Schwierigkeit, Kontinuität über personelle Wechsel hinweg zu gewährleisten. Der Austausch in den Dialogräumen zeichnet dabei ein differenziertes Bild: Geteilte Verantwortung führt zu neuen Anforderungen und verlangt weitreichende Kompetenzen, vor allem in einer verbindlichen, klaren und weitreichenden Kommunikation.

Im eigenen Tempo ausprobieren dürfen

Positive Erfahrungen, in der eigenen Arbeit gestärkt zu werden, stehen hier neben Hinweisen, dass der steigende Kommunikationsaufwand auch zu Überforderung führen kann: „Die Lust zu leiten geht verloren, wenn der Tanker zu groß ist und zu viele Menschen informiert werden müssen.“ Auch grundsätzliche Zweifel, ob partizipative und kooperative Leitungsmodelle unter den aktuellen kirchlichen Bedingungen überhaupt möglich sind, werden wiederholt geäußert.

 

Die Notwendigkeit verbindlicher Leitungsmodelle in den Pastoralen Räumen sowie klare Verantwortungsbereiche für Pfarrgemeinderäte werden immer wieder betont. Am Ende steht der Wunsch, über die Erfahrungen mit Modellversuchen besser informiert zu werden. Und die Erinnerung, dass in den Institutionen und Pastoralen Räumen die Entwicklung nicht synchron läuft: „Modell-Räume sind wichtig, aber bitte die langsameren Einheiten nicht abhängen.“

Teamleader des Schlüsselthemas "Leitung wahrnehmen"

Alina Sivaraj

Abteilung Leben im Pastoralen Raum

*Die Bezeichnung Pastorale Koordination hieß zuvor Leitung pastorales Netzwerk. Zwischenzeitlich hat eine Begriffsanpassung stattgfunden.

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