In dieser Woche tagt die Konferenz der Spirituale aus den deutschsprachigen Bistümern in Paderborn. Strukturreformen, neue Pastoralpläne und Seelsorgekonzepte machen auch vor der Priesterausbildung keinen Halt. Die Debatte über Ausbildungsstandorte, -formen und -inhalte läuft. Die Spirituale wollen während ihrer Konferenz neue Impulse zum priesterlichen Dienst sammeln – und reisen dabei „Zurück in die Zukunft“, wie die geistlich-theologischen Arbeitseinheiten mit eben diesem Titel mit Prof. Dr. Hans-Georg Gradl von der Theologischen Fakultät Trier suggerieren könnten. Denn die Spirituale wollen besonders Impulse im Neuen Testament sammeln. Zeit für ein Gespräch mit Paderborns Spiritual Christian Städter über aktuelle Fragen rund um die Priesterausbildung.
„Wir möchten unsere Seminaristen zu Teamplayern ausbilden“
Im gemeindlichen Kontext kennen wir Pfarrer, Pastor oder Vikar. Was ist ein Spiritual?
Als Spiritual bin ich für die geistliche Ausbildung der Seminaristen im Priesterseminar zuständig. Insbesondere für die Einführung in ein geistliches Leben, die Beschäftigung mit der eigenen Berufung. Ich begleite die Seminaristen bei der Klärung der Frage: „Ist das mein Lebensweg oder nicht!?“
Was macht ein geistliches Leben aus?
Es geht um ein Leben, in dem ich Gott Raum gebe, also darum, meinen Alltag in Beziehung zu und mit Gott zu setzen. Es geht also zum einen um die Beschäftigung mit der Heiligen Schrift, zum anderen dann darum, den Themen der Menschen nachzuspüren, um so unsere christliche Botschaft und unser konkretes Leben in eine Beziehung zu setzen. Das geschieht beispielsweise im persönlichen Gebet, im Gottesdienst und in der Mediation.
Bräuchten nicht viel mehr Menschen einen Spiritual?
Es kann hilfreich sein, gelegentlich einen geistlichen Gesprächspartner zu Rate zu ziehen. In der Ausbildung von anderen pastoralen Berufsgruppen haben wir das auch. Wir kennen zudem die Geistliche Begleitung, die jeder anfragen kann. Eine Priesterausbildung ist kaum denkbar ohne einen Spiritual, der ja in einem besonderen Vertrauensverhältnis zu den Seminaristen steht.
Inwiefern?
Für die Priesterausbildung ist der Regens als Leiter des Seminars verantwortlich. Er gibt am Ende nach Anhörung verschiedener Berater dem Bischof ein Votum, ob nach seiner Einschätzung jemand zum Priester geweiht werden kann. Ich gebe kein Votum ab. Als Spiritual begleite ich die Seminaristen im Rahmen eines Vertrauensverhältnisses, das absoluter Schweigepflicht unterliegt. Niemandem darf ich darüber Auskunft geben. Das ist auch eine besondere Chance, für die Themen und Fragen der Seminaristen vertrauensvoll da zu sein.
Ich kann Sie jetzt nicht fragen, wie es dem Priesternachwuchs geht?
Doch, dazu kann ich mich allgemein äußern. Und darüber sprechen wir auch in dieser Woche, denn die Diskussionen in unserer Kirche führen zu einer großen Verunsicherungen, auch bei den Priesteramtskandidaten mit Blick auf die Zukunft der Kirche. Es wird ja aktuell scheinbar alles in Frage gestellt. Das sind schon existenzielle Fragen für die Seminaristen sowie für junge Priester, die nun händeringend nach Sicherheit suchen. Mich erinnert das an den Aufbruch von Missionaren, die in eine ungewisse Zukunft geschickt werden. Ich habe nicht mehr die Gewissheit, dass der eingeschlagene Weg so bleibt, wie ich es mir jetzt vorstelle.
Konferenz der Spirituale
Vom 3. bis 9. März 2023 treffen sich die Spirituale der Priesterseminare aus den deutschsprachigen (Erz-)Bistümern im Erzbischöflichen Priesterseminar Paderborn. Die 20 Konferenzteilnehmer reisten mit intensiven geistlich-theologischen Arbeitseinheiten zum Tagungsthema „Zurück in die Zukunft“ und suchten neutestamentliche Impulse zum priesterlichen Dienst. Zudem stand ein Besuch des früheren Benediktinerklosters und heutigen Welterbes in Corvey sowie der Jugendkirche des Erzbistums in Hardehausen auf dem Tagungsprogramm.
Aber das betrifft doch auch ältere Priester.
Natürlich. Aber Priester mit längerer Lebenserfahrung haben es einfacher, sie haben schon viele Veränderungen erlebt, die das Leben mit sich bringt. Und sie merken bestenfalls, dass die eigene Berufung als Fundament trägt.
Zuletzt sind wieder Missbrauchsstudien veröffentlicht worden, die auch die Priesterausbildung früherer Jahrzehnte kritisieren. Wie gehen Sie und die Seminaristen damit um?
Die Studien sind für uns sehr wichtig. Wir lesen die Studien und thematisieren die Ergebnisse. Ich möchte betonen, dass wir alle aus den Studien lernen. Wir haben die Priesterausbildung sehr verändert. Entgegen allen anderen Behauptungen wird sich beispielsweise sehr intensiv mit dem Thema der Sexualität auseinander gesetzt. In vielen Seminaren arbeiten mittlerweile Psychologen mit. Wir bereiten Seminaristen bestmöglich auf die verschiedenen Dimensionen des zölibatären Lebens als Priester vor.
Wird über Fusionen von Priesterseminaren gesprochen?
Priester sind keine Einzelkämpfer. Wir möchten unsere Seminaristen zu Teamplayern ausbilden, die in und für die Gemeinschaft wirken. Dafür brauchen wir größere Gruppen, um die positiven Dynamiken der Gemeinschaft weiter zu gewährleisten. Eine Konzentration der Priesterausbildung in Deutschland in weniger Standorten ist im Gespräch, aber der Gesprächsprozess ist bisher noch zu keinem konkreten Ergebnis gekommen.
Der Synodale Weg beschäftigt sich mit der „Priesterlichen Existenz heute“.
Und das ist gut so. Unabhängig davon, wie man im Einzelnen zu den Thesen und Vorschlägen der Delegierten steht, inspiriert der Synodale Weg dazu, sich weitergehend mit dem Thema auseinander zusetzen. Er stellt die Grundfrage: Was wollte Jesus, als er die Apostel berufen und in die Welt gesandt hat? Wie verstehen wir ihn als Kirche? Das ist auch das Thema unserer Konferenz.
Was könnte denn eine Antwort sein?
Dass man seinen Lebensentwurf nicht auf ein bestimmtes bekanntes Priesterbild bauen kann, sondern nur auf die Beziehung mit Gott. Gott meint es gut mit uns und sendet uns aus. Das ist ein sehr biblisches Bild. Wir sollen das Evangelium den Menschen verkünden und daraus leben: in Liebe und Barmherzigkeit, indem wir Solidarität mit den Armen und Ausgegrenzten zeigen und an ihrer Seite stehen. Priester sollen Einheit stiften, Menschen zusammen bringen, ihnen in den Sakramenten die Nähe Gottes erfahrbar machen und in Gemeinschaft begleiten. Das sind urpriesterliche Aufgaben.
Vielen Dank für das Gespräch.