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© Besim Mazhiqi/Erzbistum Paderborn

Steine des Anstoßes oder mahnende Zeichen?

Blog-Beitrag von Generalvikar Alfons Hardt

Antisemitismus, auch in seiner religiös motivierten Ausprägung als Antijudaismus, zeigt  auch heute noch immer sein erschreckendes Gesicht. Hass gegen Jüdinnen und Juden gehört leider Gottes nicht der Vergangenheit an. Und selbst, wenn dies historisch der Fall ist, wird er zu Recht in der Gegenwart hinterfragt – so geschehen auch in unserem Erzbistum, als vor wenigen Wochen in Willebadessen zwei historische Kreuzwegstationen mit antisemitischen Inschriften zum Stein des Anstoßes wurden.

Wir stehen kurz vor dem Karfreitag, an dem wir den Kreuzweg Jesu mitgehen und uns sein Leiden vergegenwärtigen. Das Bewusstsein, dass Jüdinnen und Juden, die Glaubens-Geschwister unseres Herrn, durch Anfeindungen gelitten haben und noch immer leiden, rüttelt gerade in dieser Zeit der Karwoche auf. Das Erzbistum Paderborn vertritt dazu eine eindeutige Haltung: Wir stellen uns gegen jede Form von Antisemitismus und Antijudaismus. Wir betonen die geschwisterliche Beziehung zwischen Judentum und Christentum sowie das tiefe Verhältnis beider Religionen zueinander.

Zugleich müssen wir jedoch bekennen, dass das nicht immer so war. Ein Blick in die Kirchengeschichte zeigt: Das theologische Denken gegenüber dem Judentum war bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil deutlich negativ geprägt. Jüdinnen und Juden wurde die Verantwortung für den Tod Jesu und damit für den „Gottesmord“ angelastet. Erschwerend wurde unterstellt, dass das jüdische Volk von Gott verworfen sei, da es sich nicht zum gottgewollten Christentum wendete. Auf dieser Grundlage wuchs eine Welle des Antijudaismus, die fast zwei Jahrtausende durch Religion und Gesellschaft rollte und auch viele antijüdische Darstellungen an kirchlichen Gebäuden hervorbrachte.

Wende durch Zweites Vatikanisches Konzil

Ein verändertes theologisches Denken entstand erst durch das Zweite Vatikanum mit dem Konzilstext Nostra Aetate, den das Konzil am 26. Oktober 1965 verabschiedete. Die Erklärung drückt aus, dass das Judentum in der Heilsgewissheit Gottes steht und das Christentum eng mit dem Judentum verbunden ist. Aus heutiger Sicht ist kaum zu verstehen, warum die Kirche so lange für ein geschwisterliches Verhältnis zu dem Volk brauchte, dem Jesus selbst angehörte. Neben vielen weiteren positiven Verdiensten schuf das Zweite Vatikanische Konzil somit die Grundlage für einen interreligiösen Dialog in der katholischen Kirche – nicht nur mit dem Judentum, sondern auch mit anderen Religionen.

In unserem Erzbistum gibt es nicht nur in Willebadessen antijüdische Darstellungen. Viele Kirchen und Kreuzwege stammen aus einer Zeit, in der kirchlicher Antisemitismus ein „Trend“ war. Wie kann man damit angemessen umgehen? Sicherlich sind Zuständigkeiten und unterschiedliche Sichtweisen im Umgang mit Darstellungen wie in Willebadessen komplex. Dennoch dürfen antijüdische Darstellungen nicht unkommentiert bleiben. Als Lösung der historischen Aufarbeitung werden oft Hinweistafeln eingesetzt, für die eine sensible Formulierung gefunden werden muss.

Fruchtbarer christlich-jüdischer Dialog auf vielen Ebenen

Ich bin froh und dankbar, dass heute sowohl auf diözesaner Ebene, als auch auf Ebene unserer Kirchengemeinden ein fruchtbarer Dialog mit Jüdinnen und Juden geführt wird. In vielen Städten gibt es Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit, die eine wertvolle Verständigungs-Arbeit leisten. In vielen Kirchengemeinden wird an die Opfer der Schoa gedacht. Wie andere (Erz-)Bistümer in NRW und Deutschland thematisiert auch unser Erzbistum jedes Jahr die Schoa mit dem dringenden Aufruf, dass Antisemitismus keinen Platz im Christentum und in der Gesellschaft hat. In NRW geben zudem alle (Erz-) Bistümer und Landeskirchen jährlich zum jüdischen Neujahrsfest Rosh-ha-shana gemeinsame Grußworte heraus.

Wir müssen ehrlich und mit Reue eingestehen, dass Antisemitismus viel zu lange auch im Denken unserer Kirche verankert war. Umso dankbarer bin ich, dass wir nun auf Grundlage eines veränderten Denkens auf Augenhöhe einen lebendigen jüdisch-christlichen Dialog führen. Geschichte lässt sich nicht ausradieren. Aber sie muss ein Mahnmal bleiben, das dazu befähigt, es durch die Lehren der Vergangenheit künftig besser zu machen. In diesem Sinne können vielleicht auch antisemitische Darstellungen – mit der entsprechenden Aufarbeitung – mahnende Zeichen und ein Auftrag sein, es besser zu machen.

Lassen Sie uns in diesem wachen Bewusstsein die Tage des Leidens, des Todes und der Auferstehung unseres Herrn feiern. Ich wünsche Ihnen allen und Ihren Familien ein gesegnetes Osterfest!

Ihr Generalvikar Alfons Hardt

„Wir müssen ehrlich und mit Reue eingestehen, dass Antisemitismus viel zu lange auch im Denken unserer Kirche verankert war. Umso dankbarer bin ich, dass wir nun auf Grundlage eines veränderten Denkens auf Augenhöhe einen lebendigen jüdisch-christlichen Dialog führen.

Geschichte lässt sich nicht ausradieren. Aber sie muss ein Mahnmal bleiben, das dazu befähigt, es durch die Lehren der Vergangenheit künftig besser zu machen. In diesem Sinne können vielleicht auch antisemitische Darstellungen – mit der entsprechenden Aufarbeitung – mahnende Zeichen und ein Auftrag sein, es besser zu machen.“

Falls antijüdische Darstellungen auch im Erzbistum Paderborn auffallen, wird um eine Nachricht per E-Mail an Benedikt Körner (benedikt.koerner@erzbistum-paderborn.de) gebeten. Er ist in der Abteilung „Glauben im Dialog“ des Erzbischöflichen Generalvikariats Paderborn zuständig für Fragen des interreligiösen Dialogs

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