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Neu Kurs aufnehmen

Blog-Beitrag Generalvikar Alfons Hardt

Seit Wochen ist jetzt schon alles „anders“: Menschen gehen auf Abstand, Familien dürfen sich teilweise nicht sehen. Gottesdienste können nicht öffentlich gefeiert werden, viele Kolleginnen und Kollegen arbeiten von Zuhause aus, auch Kinder lernen Zuhause statt in der Schule. Hinter den Mitarbeitenden im Generalvikariat liegen zwei Wochen Betriebsurlaub. All das sind Dinge, mit denen so keiner gerechnet hat.

Auch Ostern haben wir ganz „anders“ gefeiert als gewohnt. Aber die Osterbotschaft vom Sieg des Lebens über den Tod hat ihre ganze Kraft gerade in der Krise entfaltet: In all die Furcht um die eigene Gesundheit, um das Wohlergehen von Angehörigen oder in die Angst vor dem wirtschaftlichen Existenzverlust durch die Corona-Maßnahmen strahlt sie hinein.

Was ist wirklich wichtig?

Das muss in meinen Augen zu der Frage führen, ob wir aus der jetzigen Situation, in der durch die Corona-Pandemie alles so „anders“ ist, als Kirche nicht etwas lernen können? Was, wenn dieses „Andere“ uns zeigen würde, was eigentlich wirklich wichtig ist für die Kirche? Was, wenn diese „Anders-Erfahrung“ uns vielleicht sogar zum „Besseren“ führen könnte? Viele Menschen sind derzeit von Ängsten und Unsicherheit erfüllt. Die Krise hat uns erfinderisch werden lassen, wie wir Menschen auch über die räumliche Distanz hinweg erreichen, um sie zu ermutigen. Warum erhalten wir uns diesen Ideenreichtum und dieses Engagement nicht auch, wenn wir wieder ganz persönlich auf Menschen zugehen können?

Auch Neues immer wieder hinterfragen

Damit meine ich nicht nur, dass wir die jetzt vielfach erprobten digitalen Möglichkeiten voraussichtlich auch künftig stärker einsetzen könnten. Ich bin dankbar, an wie vielen Stellen Menschen aktiv geworden sind und Initiativen oder Aktionen auf die Beine gestellt haben, mit denen man Menschen in der Krise erreichen konnte und nicht allein gelassen hat. Aber wir müssen jetzt evaluieren, mit welchen Inhalten und Formaten wir die Menschen wirklich erreichen: Wie lassen sich manche Angebote, die wir in dieser Situation gemacht haben, sinnvoll fortführen? Die Krise zeigt uns also auch, dass wir Mut brauchen, Neues nicht nur zu entwickeln, sondern immer wieder auch zu hinterfragen und gegebenenfalls zu verbessern.

Den Menschen geben, was sie brauchen

Wir müssen ideenreich lernen, wie wir das Herz der Menschen mit Jesu Botschaft erreichen können. Wir sehen derzeit, dass vielen Menschen Gottesdienste und auch die persönliche Ansprache fehlen – und wir haben zum Beispiel durch Live-Streams von Gottesdiensten Lösungen auf die Beine gestellt. Haben diese nun eine durch die Krise entstandene Lücke gefüllt oder sind es alternative digitale Formate, die wir ausbauen sollten, um virtuell präsenter zu sein? So führt uns die Krise zu einer der wichtigsten Fragen, über die wir immer wieder nachdenken sollten: Wie können wir immer weiter fähig werden, den Menschen das zu geben, was sie von uns brauchen?

Den Mut für wichtige Schritte finden

Die Corona-Krise wird weder heute noch morgen einfach vorbei sein. Vielleicht müssen wir uns von unserer Vorstellung von Normalität verabschieden. Die Welt wird sich weiter drehen, aber unsere Gesellschaft und unsere Kirche werden vielleicht ein Stück weit „anders“ bleiben. Wäre das so schlimm? Vielleicht haben wir uns „eingerichtet“ in unserer bisherigen Situation: Wir wissen schon lange, dass sich etwas ändern muss, haben aber bisher oft nicht den Mut gefunden für die wirklich wichtigen, manchmal auch schmerzhaften Schritte. Wir haben bisher vielfach vermieden, unsere „Komfort-Zone“ zu verlassen – obwohl diese eigentlich schon lange nicht mehr komfortabel ist. Wir wissen alle, dass wir manche Dinge eigentlich gar nicht mehr leisten können – versuchen sie aber dennoch zu leisten. Das wird niemandem gerecht.

Ressourcen fördern statt Defizite beklagen

Bei uns im Erzbistum Paderborn haben wir uns in den letzten Jahren viele Gedanken gemacht, wir haben diskutiert und miteinander gerungen, was die Entwicklung unserer Pastoral angeht. All das war und ist wichtig. Planung und Organisation waren und sind wichtig. Doch die Corona-Krise lässt deutlich werden, wie belebend und inspirierend Kreativität ist. Dass es nicht nur darum geht, mit etwas „rechnen“ zu können – außer mit dem Wirken des Heiligen Geistes. Die Krise zeigt uns, dass wir in unserem Erzbistum auf Kreativität und dieses Wirken des Geistes vertrauen können. Oft schauen wir nur klagend auf unsere Defizite: Was fehlt uns, was bricht uns weg?

Die Krise hat uns stattdessen unsere Ressourcen vor Augen geführt, die wir immer noch vielerorts haben: gute pastorale Ideen in gut zusammenarbeitenden Teams – und damit den Willen, die frohe Botschaft zu den Menschen zu bringen. Das ist es doch, was wirklich wichtig ist. Deswegen möchte ich Sie eindringlich ermutigen, in diesem Willen nicht nachzulassen. Ich möchte Sie ermutigen, vor Ort mit Mut und Kreativität gute Ideen zu verwirklichen. Sich für den Nächsten und für die Schöpfung engagiert einzusetzen. Denn das ist unser Auftrag. Und je überzeugter wir diesen Auftrag erfüllen, desto glaubwürdiger ist unser Zeugnis als Christen.

Den Kurs des Lebens neu ausrichten

Zusammenfassend möchte ich Ihnen einige Sätze aus der Ansprache von Papst Franziskus ans Herz legen, die er bei der bewegenden Andacht kurz vor dem Osterfest auf dem Petersplatz gehalten hat. Sie bringen auf den Punkt, worauf es jetzt ankommt:

„Du rufst uns auf, diese Zeit der Prüfung als eine Zeit der Entscheidung zu nutzen. Es ist nicht die Zeit deines Urteils, sondern unseres Urteils: die Zeit zu entscheiden, was wirklich zählt und was vergänglich ist, die Zeit, das Notwendige von dem zu unterscheiden, was nicht notwendig ist. Es ist die Zeit, den Kurs des Lebens wieder neu auf dich, Herr, und auf die Mitmenschen auszurichten.“ (Papst Franziskus)

Richten wir uns neu auf Gott und unseren Nächsten aus! Dafür wünsche ich Ihnen allen weiterhin Gottvertrauen, Kreativität und Mut. Geben Sie auch weiterhin gut auf sich Acht!

Ihr Generalvikar Alfons Hardt

„Die Krise führt uns zu einer der wichtigsten Fragen, über die wir immer wieder nachdenken sollten: Wie können wir immer weiter fähig werden, den Menschen das zu geben, was sie von uns brauchen?“

Generalvikar Alfons Hardt

 

 

Generalvikar Alfons Hardt

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