Gemeinschaft, Sendung und Teilhabe sind die drei Themen, die Papst Franziskus auf die Agenda der Weltsynode zur Synodalität gesetzt hat. An dieser Bischofssynode werden erstmals auch Laien an den Beratungen und Abstimmungen teilnehmen. Nach einer lokalen und einer kontinentalen Phase folgt nun ab dem 4. Oktober das Treffen auf Weltebene im Vatikan, das auch viele Engagierte aus Deutschland verfolgen werden. Dazu gehört der Paderborner Diözesanadministrator Dr. Michael Bredeck, der sich intensiv mit dem Arbeitsdokument, dem sogenannten „Instrumentum laboris“ beschäftigt hat. Als Teilnehmer der letzten Versammlung des Synodalen Weges in Deutschland und in Verantwortung für die Rückmeldungen aus dem Erzbistum blickt er im Interview mit Redaktionsleiter Dirk Lankowski hoffnungsvoll nach Rom.
Diese Hoffnungen und Herausforderungen sind mit der Weltsynode verbunden
Was will Papst Franziskus mit dieser Weltsynode erreichen?
Mein Eindruck ist, dass Papst Franziskus einen anderen Stil des Kirche-Seins möchte. Daher spricht er schon länger von einer „Synode über Synodalität“, obwohl er weiß, dass das sehr abstrakt klingt. Aber es ist für ihn nicht abstrakt. Er möchte Synodalität als Lebensprinzip der Kirche so stark machen, wie es geht. Und das wird dann auch ganz praktisch und hat Auswirkungen auf Beratungs- und Entscheidungsfragen. Fast einen Monat lang sollen die Themen des Vorbereitungsdokumentes diskutiert werden. Begleitet werden die Beratungen von geistlichen Einheiten, Gebeten und Gottesdiensten. Die Teilnehmenden sollen unvoreingenommen zuhören, reflektieren und sprechen.
In Kirchenkreisen und Medien wird spekuliert, dass ein Großteil der Deutschen von der Synode enttäuscht wird. Was ist da dran?
Das kommt auf die Erwartungen an. Wenn ich erwarte, dass der Synodale Weg der katholischen Kirche in Deutschland in Rom inhaltlich und vom Prozedere weitergeführt wird, dann werde ich vermutlich enttäuscht. Denn wir sind eine Ortskirche von sehr vielen, mit einem ganz bestimmten Kontext, in unserem Fall einer demokratischen Gesellschaft und einer säkularen Situation. Wenn ich aber meine Sicht weite und die Statements aus anderen Teilen der Weltkirche wahrnehme und vielleicht ähnliche Themen aus ganz anderen Perspektiven höre, dann kann ich auch positiv überrascht werden. Darauf hoffe ich. Im Vorbereitungsdokument wird deutlich, dass sich viele benannte Themen weltweit ähneln.
Wie gehen Sie an diese Synode heran?
Ich habe sehr aufmerksam das Vorbereitungsdokument gelesen und kann nur raten, sich damit zu beschäftigen. Über die Vertreter der Bischofskonferenz erhoffe ich mir dann später weitere Informationen, vor allem von unseren Nachbarbischöfen Dr. Felix Genn aus Münster und Dr. Franz-Josef Overbeck aus Essen.
"Themen offen und ehrlich besprechen"
Sind die Themen des deutschen Synodalen Weges aufgegriffen worden?
Ja, es sind alle Themen im Vorbereitungsdokument als Themen benannt worden und schon allein das ist ein Zeichen, dass alle Ortskirchen gehört werden. Dennoch würde ich die Erwartung dämpfen, dass diese oder jene Ideen und Vorstellungen, mit diesen Themen umzugehen, sofort umgesetzt werden. In diesem ersten Teil der Synode geht es um die Beratung. Eine weitere Etappe steht im nächsten Jahr im Oktober an.
Sie sind zwar nicht selbst in Rom dabei, aber welche Themen sind Ihnen wichtig?
Erst einmal ist für mich zentral, dass es der Synode gelingt, Themen offen und ehrlich zu besprechen. Es ist wichtig, dass die unterschiedlichen Kontexte eingespielt werden. Ein Beispiel: Ein Grundthema unserer Weltkirche – und das zeigen die Rückmeldungen aus allen Kontinenten – ist das Verhältnis von Priestern und Laien. Und die Behandlung dieses Themas wird den Anspruch einer synodalen Kirche ausmachen, denn natürlich sind da die Situationen schon rein zahlenmäßig weltweit sehr verschieden.
Was meinen Sie mit Blick auf das Thema konkret?
In unserem synodalen Diskurs in Deutschland und auch bei uns im Erzbistum stellen wir uns beispielsweise die Frage, wo die zentralen Aufgaben des Priesters in der Seelsorge sind, wo der Ort des Priesters in der Gemeinde ist. Das berührt auch die Frage der Amtsführung in der Leitung. Bei uns gibt es zunehmend eine Art „Priester-Bashing“, wo ich manchmal den Eindruck habe, dass Priester als Problem gesehen werden, während es in anderen Ortskirchen, wo es ähnliche Herausforderungen gibt, eine viel selbstverständlichere Dankbarkeit für den priesterlichen Dienst gibt.
Wie können denn solche wichtigen Fragen gut bearbeitet werden?
Das wird uns die Synode hoffentlich zeigen. Denn es geht ja um die Frage, wie wir, wie die Ortskirchen ihre brennenden Themen in der Weltkirche ins Gespräch bringen können. Wir haben da als Kirche in Deutschland Gesprächsbedarf angemeldet, um über eine inklusive Kirche oder eine andere Rolle der Frauen zu beraten. Das Vorbereitungsdokument ist dieser Frage nachgegangen, wie eben der Anspruch einer synodalen Kirche aussehen kann, wie die Themen zur Beratung kommen können. Viel hängt von den Synodalen ab. Sie dürfen zum einen ihren eigenen Anspruch nicht aufgeben, sie dürfen andere aber auch nicht verprellen.
Mit der Weltkirche verbunden
Und gelingt uns Deutschen das gut? Sie waren kürzlich zu den Ad-limina-Besuchen in Rom, darüber wurde viel berichtet und spekuliert.
Ich habe bei den Ad-limina-Besuchen erlebt, dass es nicht nur eine römische Meinung gibt. Es gibt kein Interesse an einer Frontstellung. Und nicht nur wir ‚Deutschen‘ werden eine Erfahrung bei der Synode machen, auch die ‚Römer‘ und alle anderen werden Synodalität neu erleben.
Wie blicken Sie dabei auf Papst Franziskus?
Ich bin Papst Franziskus dankbar dafür, dass er in dieser schwierigen Situation von gefühlt auseinanderdriftenden Ortskirchen diese Weltsynode einberufen hat.
Mit Blick auf den Synodalen Weg und manche Konfrontation war – auch hier wieder mit Blick auf Kirchenkreise und Medien – von einem drohenden Schisma die Rede…
Das finde ich fürchterlich und weiß auch nicht, wer ein Interesse daran hat, so etwas herbeizureden. Das Erzbistum Paderborn steht seit Papst Leo III. und König Karl dem Großen an der Seite des Papstes und ist römisch-katholisch. Jedes Jahr, wenn wir unser Liborifest feiern, sind wir ganz real mit der Weltkirche verbunden. Die Verschiedenheit der Ortskirchen ist eine Bereicherung für die Katholische Kirche. Wir müssen uns den kulturellen Herausforderungen für die Kirche hier in Deutschland stellen, und stehen zugleich im Kontext der Weltkirche, die höchst plural ist. Das haben wir mit dem Synodalen Weg getan, deswegen gab es die Unterschiedlichkeit in den Textarten: Handlungstexte, die schon zügiger Praxis verändern können und Grundtexte, die ein deutscher Beitrag zur theologischen Debatte sind. Die Antworten auf die kulturellen Herausforderungen kann und wird uns keine andere Ortskirche und auch nicht die Synode abnehmen. Aber die Rahmenbedingungen dafür erhoffe ich mir schon, im Austausch mit vielen anderen Ortskirchen.
In unserem Social Intranet wir.desk fragten zuletzt immer wieder Engagierte, wie es eigentlich mit dem Synodalen Weg in Deutschland und in unserem Erzbistum weiter geht. Haben Sie ein Update?
Wir treffen uns am 10. und 11. November zum Synodalen Ausschuss in Essen. Dann wird sicher klarer werden, wie der Weg weiter geht. In unserem Erzbistum werden verschiedene Arbeitspakete im Diözesanen Weg 2030+ bewegt. Bei vielen Themen warten wir auf die Umsetzung beschlossener Texte und Selbstverpflichtungen durch die Deutsche Bischofskonferenz, die einfach noch Zeit benötigen.
Vielen Dank für das Gespräch.