„Mit dem lebendigen Stein ist es ja so eine Sache. Das ist ja in der Tat ziemlich paradox: das Leben und der Stein. Wir würden das ja fast gegenseitig ausschließen. Entweder man hat ein Herz aus Stein, also kein Herz – oder man hat ein lebendiges, warmes, weiches Herz. Dazwischen gibt‘s im Grunde nichts.
„Behüte dein Herz; denn von ihm hängt das Leben ab“, heißt es im Buch der Sprüche: Sieh zu, dass sich dein Herz nicht in einen Stein verwandelt, dass du offen bleibst und lebendig. Dass du ein geistiges Haus aufbaust, keinen toten Kasten. Genau darum geht es ja bei der Lesung auch, nicht um tote Steine, sondern um geistige, lebendige Steine.
Liebe Schwestern und Brüder, wir alle arbeiten als Seelsorger und Seelsorgerinnen, als Priester, Diakone, Gemeinde- oder Pastoralreferentinnen in der Kirche und haben Teil an deren tiefer Krise. Ich meine, das schlimmste, was wir in dieser Situation, die uns allen viel abverlangt, tun könnten, wäre wie Steine zu werden: Steine sind Monaden. In sich abgeschlossen, ohne Beziehung, ohne Perspektive auf Andere, auf die Welt. Das sollte unsere Kirche natürlich niemals sein, schon gar nicht eine Kirche, die kein Selbstzweck ist, sondern ein Werkzeug, ein Instrument, wie es das Zweite Vatikanische Konzil in Erinnerung gerufen hat.
„Wir im Erzbistum Paderborn wollen eine herzliche Kirche sein, zugewandt, Weite zeigend“
2014, am 25. Oktober, vor 8 Jahren, hat unser mittlerweile emeritierter Erzbischof das Zukunftsbild für das Erzbistum Paderborn veröffentlicht und als Wegzeichen für die Weiterentwicklung der Seelsorge im Bistum bezeichnet. Vor einem Jahr, am 22. Oktober 2021, ist das daraus abgeleitete Zielbild 2030+ veröffentlicht worden. Im Zukunftsbild ging es wesentlich um etwas, das mit den lebendigen Steinen zu tun hat. Vereinfacht gesagt steht darin: Wir im Erzbistum Paderborn wollen eine herzliche Kirche sein, zugewandt, Weite zeigend. Oft wurde gesagt, hier ginge es um Haltungen und es wurde auch oft hinzugefügt: die sind nur schwer zu ändern, und anordnen lässt sich das schon gar nicht. Im Zielbild 2030+ und dem Diözesanen Weg „Erzbistum 2030+“ wird das Zukunftsbild nach sieben Jahren Aneignung erneuert und konkretisiert. Hier heißt es sieben Mal: „Wir im Erzbistum Paderborn gewinnen Zukunft, wenn…“
Was in Zukunfts- und Zielbild steht, ist anspruchsvoll und vielleicht auch anstrengend. Aber es ist – da bin ich mir sicher – der einzige Weg, der sich in der säkularen und mehrheitlich nicht mehr christlich geprägten Kultur, in der wir als Kirche in Deutschland Kirche existieren, eignet, um die Mission zu erfüllen, die wir haben: Gott mit den Menschen und Menschen untereinander zu verbinden. Menschen, die freiwillig entscheiden, ob sie das wollen oder nicht. Menschen, die wir als Menschen der Kirche in dieser Freiheit achten und schätzen sollen.