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© Sabrina Voss / Erzbistum Paderborn

Neue Grundordnung: „Die Betonung der Vielfalt und Toleranz gilt für jeden“

Julia Kroker, Leiterin der Abteilung Personal, spricht im Interview über die neue Neufassung des Kirchlichen Arbeitsrechts in Form der Grundordnung

Die Vollversammlung des Verbandes der Diözesen Deutschlands (VDD) hat am 22. November mit Mehrheit eine Neufassung des Kirchlichen Arbeitsrechts in Form der „Grundordnung des kirchlichen Dienstes“ als Empfehlung für die deutschen Bistümer beschlossen. Was das für die Mitarbeitenden im Erzbistum Paderborn bedeutet, darüber haben wir mit Julia Kroker, Leiterin der Abteilung Personal im Erzbischöflichen Generalvikariat gesprochen.

Was ist eigentlich eine „Grundordnung des kirchlichen Dienstes“?

Hier möchte ich auf Ziffer II.1 der „Bischöflichen Erläuterungen zum kirchlichen Dienst“ verweisen: „Die Grundordnung ist die zentrale Rechtsquelle der katholischen Arbeitsverfassung in Deutschland“.

Warum gibt es überhaupt ein kirchliches Arbeitsrecht?

Das kirchliche Arbeitsrecht ist Ausfluss des verfassungsrechtlich gewährleisteten Selbstbestimmungsrechts der Kirchen (Art. 140 GG i.V.m. Art 137 Abs. 3 Weimarer Reichsverfassung). Danach können die Kirchen im Rahmen der Schranken des für alle geltenden Gesetzes ihre Angelegenheiten selbständig zu regeln, zu denen auch die kirchlichen Arbeitsverhältnisse gehören. Diese sind grundsätzlich in das staatliche Arbeitsrecht eingebunden. Das auf Basis des Selbstbestimmungsrechts erlassene kirchliche Arbeitsrecht berücksichtigt die kirchenspezifischen Besonderheiten.

Was hat die Bischöfe beziehungsweise die Personalverantwortlichen motiviert, die Grundordnung zu überarbeiten?

Ich vermute, es war die Erkenntnis gereift, dass es einer Modernisierung der Grundordnung bedarf, um der Arbeit im Auftrag der Kirche in einer modernen pluralistischen Gesellschaft Rechnung zu tragen. Äußere Einflüsse werden aber auch eine Rolle gespielt haben, insbes. die neue Rechtsprechung des EuGH, der ja in einigen bedeutenden Entscheidungen gegen die kirchlichen Rechtsträger entschieden hat. In der Öffentlichkeit – und auch in der Politik – wird das kirchliche Arbeitsrecht zudem ja zunehmend kritisch gesehen. Das sind vermutlich alles Faktoren gewesen, die zu der Entscheidung geführt haben, dass es einer Reform des kirchlichen Arbeitsrechts bedarf.

War dabei auch Druck im Spiel?

Inwieweit seitens der Bischöfe Druck verspürt worden ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Äußerliche Einflüsse werden vermutlich, wie gerade dargelegt, eine Rolle gespielt haben. Die „Out-In-Church“ Debatte hat dann sicherlich einen großen Einfluss darauf gehabt, dass der Prozess zur Beschlussfassung nun so konsequent und zügig durchgeführt wurde. Nach meiner Kenntnis war der Reformprozess im Zeitpunkt der Veröffentlichung bereits gestartet. Der Beitrag hat aber natürlich die Dringlichkeit erhöht.

„Die neue Grundordnung ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.“

Julia Kroker, Leiterin der Abteilung Personal im Erzbischöflichen Generalvikariat Paderborn

Wie geht es Ihnen persönlich damit, dass es eine neue Grundordnung gibt?

Die neue Grundordnung ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Mich freut sehr, dass sich momentan die Anzeichen mehren, dass sie in Deutschland flächendeckend in Kraft gesetzt wird und ich erhoffe mir das natürlich auch für unser Erzbistum. Wichtig finde ich aber auch, dass eine Evaluation nach 5 Jahren beschlossen wurde (Art. 12). Die neue Grundordnung ist eine Errungenschaft, auf der wir uns aber nicht ausruhen dürfen. Es bedarf meines Erachtens einer kontinuierlichen Weiterentwicklung des kirchlichen Arbeitsrechts.

Was ist der größte Gewinn dieser Grundordnung?

Es fällt mir schwer, das auf einen Punkt zusammen zu fassen. Die Betonung der Vielfalt wie sie in Art. 3 Abs. 2 der Grundordnung beschrieben ist, und die Anerkennung und Wahrung des höchstpersönlichen Lebensbereichs der Mitarbeitenden sind zwei Kernelemente. Die Abkehr von den Loyalitätsobliegenheiten für die Mitarbeitenden hin zur primären Verantwortung des Dienstgebers für die kirchliche Ausprägung der Einrichtung ist ein Paradigmenwechsel. Insofern hat die neue Grundordnung einen ganz anderen, viel zugewandteren Ton.

Wann ist mit der Einführung der neuen Grundordnung im Erzbistum Paderborn zu rechnen?

Wir prüfen aktuell, wie eine Umsetzung in der Vakanz des Erzbischöflichen Stuhls möglich ist.

Was bedeutet das für das Erzbistum?

Grundsätzlich sind wesentliche Aspekte der neuen Grundordnung im Erzbistum Paderborn ja bereits geltende Praxis. Hierzu verweise ich insbesondere auch auf die von Generalvikar Alfons Hardt mit Zustimmung von Erzbischof Hans-Josef Becker am 3. Februar dieses Jahres für das Erzbistum Paderborn veröffentlichte Erklärung, dass keine Mitarbeiterin und kein Mitarbeiter befürchten muss, allein aufgrund der Offenlegung ihrer beziehungsweise seiner sexuellen Orientierung oder der Eingehung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft oder gleichgeschlechtlichen zivilrechtlichen Ehe gekündigt zu werden. Erzbischof und Generalvikar hatten damals die Absicht erklärt, sich zügig für die Fortentwicklung des kirchlichen Arbeitsrechts in Richtung auf einen Verzicht auf alle Bezüge auf die persönliche Lebensführung einzusetzen, was nun mit der neuen Grundordnung vollzogen wird.

Lassen Sie uns ein bisschen ins Detail gehen: Kleriker und Ordensleute sowie Ehrenamtliche tauchen jetzt auch in der Grundordnung auf. Warum?

Es ist meines Erachtens nur konsequent, dass alle Mitglieder der Dienstgemeinschaft, also alle in der Kirche Tätigen, die daran mitwirken, dass die Kirche ihren Sendungsauftrag erfüllen kann, in die neue Grundordnung einbezogen werden.

Bleibt das Privatleben von Mitarbeitenden jetzt komplett außen vor?

Der Kernbereich privater Lebensgestaltung ist rechtlichen Bewertungen entzogen. Art.7 Abs. 2 stellt klar, dass dies insbes. das Beziehungsleben und die Intimsphäre umfasst. Es spielt also keine Rolle mehr, wen ich liebe. Außerdienstliches Verhalten, das grundlegende katholische Werte verletzt, kann aber relevant sein, ebenso kirchenfeindliches Verhalten in der Freizeit.

Und was ist mit dem Kirchenaustritt?

Dieser führt in der Regel zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Nur in Ausnahmefällen kann von einer Kündigung abgesehen werden.

Betrifft das auch Neueinstellungen nach dem Kirchenaustritt?

Ja. Personen, die aus der katholischen Kirche ausgetreten sind, werden nicht eingestellt. Wie bei Kündigungen kann es in ganz besonders gelagerten Fällen Ausnahmen gebe.

Wenn man sich die Schlagzeilen so anschaut, dann bestimmten die Themen geschieden-wiederverheiratete und queere Personen die Medien. Wenn mich diese Themen nicht betreffen, was bringt mir die neue Grundordnung?

Die Regelungen, die die genannten Personengruppen betreffen, betreffen doch alle in der Kirche Tätigen. Die Betonung der Vielfalt und Toleranz gilt doch für jeden, ebenso die Wahrung der Intim- und Privatsphäre, der Fokus auf die Gemeinschaft. Die Grundordnung bildet die Grundlage unser aller Arbeit, die wir für die Katholische Kirche tätig sind. Das, was ich oben als neuen den Menschen zugewandten Ton bezeichnet habe, kommt allen in der Kirche Tätigen zugute.

Vielen Dank für das Gespräch.

Ein Beitrag von:
Redaktionsleiter

Dirk Lankowski

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