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© Jonathan Hicks / Shutterstock.com

Klein, aber fein: das Tiny House

Mitten im Wald der Brenker Mark entsteht ein neuer Ort, an dem Schöpfungsverantwortung erfahrbar wird und an dem Familienpastoral, Teambuilding, Walderlebnispädagogik und viele neue Ideen zusammenfinden sollen

Tiny Houses haben Konjunktur. In der Hauptsache sind sie natürlich minimalistische Wohnstätten. Aber im kirchlichen Kontext werden die schnuckeligen Mikrohäuser ebenfalls immer beliebter – auch im Erzbistum Paderborn finden sich Beispiele. Bereits im Jahr 2021 haben die sieben Fachverbände des Caritasverbandes für das Erzbistum Paderborn ein Tiny House bauen lassen, das einer wohnungslosen Person wenigstens zeitweise ein Dach über dem Kopf oder einer gewaltbedrohten Frau Zuflucht bieten kann. Im Pastoralen Raum Werre-Weser ist seit 2022 eine mobile Kapelle in der Anmutung eines historischen Schäferkarrens unterwegs und seit diesem Jahr besitzt das Kolping Schulwerk im Erzbistum Paderborn eine Tiny Church. Stationiert ist die „Kirche auf Rädern“ auf dem Kolping Gutshof in Großeneder im Kreis Höxter, kann aber von interessierten Gruppen ausgeliehen werden. Demnächst geht zusätzlich im Wald der Brenker Mark zwischen Geseke und Büren ein weiteres kirchliches Tiny House „in Betrieb“. Dabei handelt es sich um ein Gemeinschaftsprojekt mit Beteiligung der Dekanate Lippstadt-Rüthen und Büren-Delbrück sowie der Katholischen Erwachsenen- und Familienbildung (KEFB) im Erzbistum Paderborn.

Vater-Kind-Projekte im Wald

Besonders wird das Tiny House aber weniger durch die dreifache Trägerschaft, sondern durch das dahinterliegende Konzept. „Der Startpunkt für unsere Überlegungen, einen neuen Glaubensort zu schaffen, waren unsere sehr erfolgreichen Vater-Kind-Projekte im Wald“, berichtet Christian Möser, Referent für Jugend und Familie im Dekanat Lippstadt-Rüthen. „Wir haben gemerkt, dass in diesem Themenbereich großer Bedarf besteht.“

Schon in der Vergangenheit fanden die Projekte für Väter mit ihren etwa sechs- bis 13-jährigen Kindern in der Brenker Mark statt. Die guten Kontakte zur Jägerschaft und zum Waldeigentümer machten es möglich, den Wald für diese Zwecke zu nutzen. Bei niedriger Waldbrandgefahr und mit ausreichend Abstand zum Baumbestand ist es sogar erlaubt, ein Lagerfeuer zu entzünden. Was allerdings fehlte, war eine feste oder zumindest halbfeste Anlaufstation. „Bis jetzt müssen wir vor den Projekttagen jedes Mal alles Material in den Wald karren“, berichtet Christian Möser. Das neue Tiny House wird nun für Abhilfe sorgen und hat als fahrbarer Untersatz gegenüber einer festen Waldhütte weitere Vorteile: Ist das belegte Waldstück aufgrund von Forstarbeiten oder wegen brütender Vögel gesperrt oder nach einer Weile schlicht übernutzt, lässt sich das Häuschen auf Rädern mit dem Traktor einfach an einen anderen Ort verfrachten.

Als Kirche können wir die Menschen mit hochwertigen Angeboten noch positiv überraschen!

Christian Möser

Und was hat das jetzt mit Kirche zu tun?

Erstes Ziel von Christian Möser ist es, mit dem Tiny House die Vater-Kind-Projekte im Wald zu verstetigen. Zusätzlich soll das Häuschen im Wald für innerkirchliche Fortbildungsveranstaltungen und sogenannte Offsites – also Arbeitstagungen abseits der gewohnten Arbeitsumgebung – genutzt werden. Dabei bieten sich natürlich Veranstaltungen im Themenkreis von Nachhaltigkeit und Schöpfungsverantwortung an. Aber auch bei der Erörterung anderer Themen oder beim innerkirchlichen Teambuilding kann die Abgeschiedenheit des Waldes eine Inspirationsquelle sein.

Der Nutzen erlebnispädagogischer Angebote ist unbestritten. Aber braucht es dazu eigens ein Tiny House? Und was hat das jetzt genau mit Kirche zu tun? Könnte das nicht jeder Sozialträger machen? Lässt sich für ein innerkirchliches Offsite keine andere Örtlichkeit finden? Es scheint fast so zu sein, als hätte Christian Möser auf all diese Fragen gewartet. Die Antworten jedenfalls fallen routiniert aus, was wenig verwundert. Die Argumentation steht, seit Christian Möser beim „Fonds für Neue Projekte zur Umsetzung des Zukunftsbildes und des Zielbildes 2030+“ seinen Förderantrag stellte: „Was wir hier machen, ist zutiefst christlich. Als Kirche zeigen wir den Menschen Wege auf, wie sie liebevoll miteinander umgehen können, indem sie einander Zeit, Aufmerksamkeit und Wertschätzung entgegenbringen.“

Dafür würden die Teilnehmenden an den bisherigen Projekten große Dankbarkeit zeigen. Christian Möser: „Als Kirche können wir die Menschen mit hochwertigen Angeboten noch positiv überraschen!“

Sie sollten einmal bei den Gesprächsrunden dabei sein, bei denen sich die Väter untereinander über ihre Väterrolle und generell ihre Lebensfragen austauschen.

Christian Möser

Zudem weist der Dekanatsreferent darauf hin, dass die Veranstaltungen programmatisch natürlich an den Verkündigungsauftrag der Kirche angelehnt seien: Bei den Vater-Kind-Projekten beispielsweise wird nicht nur gemeinsam geklettert, gebaut, die Waldumgebung erkundet und eine Mahlzeit zubereitet. Das Programm enthält auch christliche Impulse, mitunter finden an den Projekttagen selbst kirchenferne Väter ins Gebet. In seiner Argumentation für das Tiny House beruft sich Christian Möser auch auf das Zielbild 2030+ des Erzbistums Paderborn. Darin heißt es: „Wir gewinnen Zukunft, wenn wir uns an den Lebens- und Glaubensthemen der Menschen orientieren und unsere Arbeit danach ausrichten.“ Und Erziehungsfragen sind zweifellos die wichtigsten Lebens- und Glaubensthemen überhaupt.

Drei Fragen an Christian Möser, Referent für Jugend und Familie im Dekanat Lippstadt-Rüthen

Redaktion

Herr Möser, wie kamen Sie auf die Idee der Vater-Kind-Projekte im Wald?

Christian Möser

Meine eigene Naturverbundenheit hat da sicherlich auch mit hineingespielt. Der größte Impuls kam aber von den Menschen. Viele Eltern, vor allem die Väter, brauchen einen Ort, an dem sie ihre eigene Rolle reflektieren und wertvolle Zeit mit ihren Kindern verbringen können. Und die Kinder wollen ihre Väter ebenfalls gern einmal anders erleben als zu Hause. Diese Bedürfnisse sind da, aber nur unterschwellig. Es gibt auch nur sehr wenige Angebote in dieser Richtung. Mit unserem Projekt rennen wir offene Türen ein, übrigens gerade bei den Müttern. Die meisten Väter werden von ihren Frauen zu uns geschickt, zumindest beim ersten Mal. Danach kommen sie aus eigenem Antrieb wieder.

Redaktion

Was erhoffen Sie sich von Ihrem neuen Tiny House?

Christian Möser

Zunächst, dass an den Projekttagen der Aufwand für den Auf- und Abbau weniger wird. Wir wollen mit unserem neuen Glaubensort auch die bisherigen Projekte verstetigen und behutsam weiterentwickeln. Ich denke beispielsweise an Veranstaltungen für Alleinerziehende oder an Angebote, bei denen sich Väter und ihre erwachsenen Kinder in der besonderen Atmosphäre des Waldes begegnen können.

Redaktion

Ist das Tiny House wirklich ein neuer Glaubensort?

Christian Möser

Die Projekttage bestehen ja nicht nur aus Walderlebnispädagogik und Freizeitgestaltung. Sie sollten einmal bei den Gesprächsrunden dabei sein, bei denen sich die Väter untereinander über ihre Väterrolle und generell ihre Lebensfragen austauschen, während die Kinder durch den Wald rennen. Das ist Seelsorge in ihrer reinsten Form. Es klingt auf den ersten Blick paradox, aber es gelingt uns tatsächlich, ausgerechnet im einsamen Wald Menschen neu oder wieder für die Kirche zu begeistern. Der Wald ist ein idealer Ort, um Glaubens- und Lebensthemen zu behandeln.

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