Ein Ansatz, den auch sie persönlich verfolgt. Die Diskussionen rund um Machtstrukturen, Frauen in Ämtern und die Sexualmoral könnten stark vereinfacht auf eine Frage runtergebrochen werden: Verändert sich die Kirche, weil sich das Leben der Menschen verändert? „Ich bin dafür, dass wir das tun“, sagt Nadine Mersch. Doch das ist in manchen Punkten leichter als in anderen. Grundlegende Lehren der Kirche können auch durch den Synodalen Weg der deutschen Kirche allein nicht geändert werden. Das weiß Nadine Mersch, die sich daher mit konkreten Forderungen zurückhält. Sie hoffe auf Veränderungen, die in den Pfarrgemeinden spürbar seien. Sie nennt die Schlagworte Laienpredigt, Kommunion für konfessionsverschiedene Paare und den Umgang mit Wiederverheiraten. Zur diskutierten Weihe von Diakoninnen sagt sie: „Ich weiß, dass es viele Menschen gibt, die das erwarten. Ich hoffe, dass wir Schritte weiterkommen und gleichzeitig die Kraft haben, mit Enttäuschungen umzugehen.“
Mit ihren Antworten scheint sie alle Menschen mit einbeziehen zu wollen, zu vermeiden, dass sich jemand verletzt fühlen könnte. Wie in der Diskussion über die Zukunft der Kirche allgemein, halten die einen ihre Forderungen für zu zurückhaltend, während sie den anderen zu weit gehen. Diese Spannbreite kennt sie gut aus dem Diözesankomitee, in dem Laien aus den Pfarrgemeinderäten, aus den Erwachsenenverbänden, den Kinder- und Jugendverbänden sowie den karitativen Fachverbänden zusammenkommen. Menschen aus Dortmund, Bielefeld, dem Sauer- und Siegerland, junge Erwachsene, Eltern, Menschen im Ruhestand. Nadine Mersch selbst sitzt für die karitativen Fachverbände im Diözesankomitee. Sie schwärmt förmlich von der Arbeit der Verbände. Darin stecke viel Energie und gelebter Glaube, der nah an den Menschen sei. Sie sagt: „Das ist eine unserer Stärken als Kirche, dass wir uns auf Basis des Evangeliums dem Leben der Menschen zuwenden.“
Bei all ihrem Engagement innerhalb der katholischen Kirche klingt es nicht abgehoben, wenn Nadine Mersch sagt, dass Glaube und Tat für sie untrennbar miteinander verbunden sind. „Letztlich geht es darum, das, was wir in der Welt tun, aus dem christlichen Fundament herzuleiten.“ Mit ihrer Arbeit und dem Engagement innerhalb der Kirche ist sie in der Öffentlichkeit präsent. Woher nimmt sie die geistliche Motivation dazu? Wer ist Gott für Sie? Fragen, auf die Mersch im Gespräch nicht vorschnell eine Antwort geben möchte. Sie hält einige Momente lang inne und antwortet schlagwortartig: „Lebensbegleiter, etwas Stützendes, Tragendes.“ Sie spricht lieber von dem „göttlichen“ statt Gott und zitiert den Satz, den Margot Käßmann einst bei ihrem Rücktritt sprach: „Du fällst niemals tiefer als in Gottes Hand.“
Glaube, Gemeinschaft, Rituale der Kirche
Dann erzählt sie von Chorproben, aus denen sie mit mehr Energie rauskomme, als sie reingegangen sei. Von dem Wissen, dass ihr Mann oder ihre Mutter eine Kerze für sie anzünden und sie ins Gebet einschließen. Von Lesungstexten, denen sie sich abends widmet, um den Tag zu reflektieren. Glaube, Gemeinschaft und die Rituale der Kirche prägten und stärkten ihr Leben. Ihr ist wichtig zu betonen, dass die Kirche den Menschen nicht mit zu wenig geistlichen Angeboten begegne. Vielmehr sei das Problem, dass die Menschen sich vom Gesamt der Kirche nicht mehr angesprochen fühlten. „Daher fällt es schwer, die Menschen zu erreichen und zu ermöglichen, dass sie ihren Glauben mit dem Leben verbinden können.“
Daran wird Nadine Mersch als Vertreterin der Laien im Erzbistum Paderborn und auch auf dem Synodalen Weg weiter arbeiten. Deshalb bewertet Sie es äußerst positiv, dass auch das Erzbistum Paderborn die vier Themen aufgreift und damit arbeitet. Besonders bei der Frage, wer die Verantwortung für Entscheidungen trägt, erhofft sie sich, dass Kleriker und Laien in Zukunft gleichermaßen beteiligt werden. Aber erstmal sei wichtig, dass die Diskussionen gut entstehen könnten. Mit Sorge, aber ohne Angst davor, dass Menschen die Kirche verlassen. Sie fordert: „Alle, die sich engagieren, sollten mit wachen Augen darauf achten, dass wir nicht das Auseinanderfallen, sondern das engere Zusammenhalten der Kirche im Blick haben.“