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Erlebnisfelder statt Kirchturmdenken

Wie der Pastoralverbund Lippe-Detmold die aktuellen pastoralen Herausforderungen angeht

Zweifel und Vertrauen, Zweifel und Zuversicht – diese Gefühle kennen auch die engagierten Menschen im Pastoralverbund Lippe-Detmold, wenn sie auf die gegenwärtige Situation der Kirche blicken. Die aktuellen Herausforderungen sind natürlich auch dort spürbar: Menschen, die einfach wegbleiben, Menschen, die aus der Kirche austreten, ein flächenmäßig großes Gebiet mit vielen Einzelgemeinden, in den kommenden Jahren eher weniger als mehr hauptberufliches Personal und die Frage, wie es mit dem kirchlichen Leben unter diesen Bedingungen weitergeht.

Pastoralvereinbarung will Paradigmenwechsel einleiten

„Zum Pastoralverbund gehören einerseits Städte wie Detmold oder Lemgo“, schildert Gemeindereferent Klaus Junghans, der als Leiter pastorales Netzwerk im Pastoralverbund Lippe-Detmold tätig ist, die geografischen Gegebenheiten vor Ort. „Andererseits gibt es viele kleine Orte. Die Gemeinde Kalletal zum Beispiel besteht allein aus mehreren kleinen Ortschaften. Wenn ich im Pastoralverbund von einem Ende ans andere fahre, ist das die Strecke vom Paderborner Domplatz zum Marktplatz in Warstein.“ Der Pastoralverbund befindet sich in der Diaspora, die katholischen Gläubigen sind in der Minderheit.

Den Engagierten wurde im pastoralen Prozess schnell klar, dass es keine Strategie für die Zukunft ist, wenn alle kleineren und größeren Orte nur auf den eigenen Kirchturm blicken. „Mit unserer Pastoralvereinbarung haben wir versucht, einen Paradigmenwechsel einzuleiten“, beschreibt Gisela Gewies, Vorsitzende des Pastoralrates, den Weg des Pastoralverbundes. Der Pastoralrat ist zentrales pastorales (Laien-)Gremium für alle Kirchorte des Pastoralverbunds Lippe – Detmold. „Wir wollen uns vom ‚Kirchturmdenken‘ lösen und haben stattdessen bestimmte pastorale Themen definiert, um die sich die Menschen versammeln können – Themen statt Kirchtürme also.“ Der Pastoralverbund hat diesen Themen den Namen „Erlebnisfelder“ gegeben. Insgesamt gibt es fünf davon: Glaube erleben, Gemeinschaft erleben, Kultur erleben, Ökumene erleben und Hilfe erleben.

Viel Überzeugungsarbeit notwendig

Einfach umzusetzen ist dieser Paradigmenwechsel nicht. „Es ist viel Überzeugungsarbeit notwendig, damit dieses Denken und Handeln bei den Menschen ankommt“, schildert Brigitte Grosche, die sich ehrenamtlich in St. Stephanus Hiddesen engagiert. „Ich erlebe ja selbst, was für ein Spagat das ist. Die Vernetzung mit den anderen Gemeinden des Pastoralverbundes und die Zusammenarbeit im Pastoralrat sind mir wichtig. Aber mein Herz hängt an der Ökumene in Hiddesen. Es gibt eine lange Tradition der Zusammenarbeit mit den beiden evangelischen Gemeinden am Ort. Das hat gerade in der Coronazeit getragen, so konnten wir gemeinsam gute Ideen umsetzen. Es hat mich gefreut, dass einige Impulse auch in anderen Gemeinden des Pastoralverbund aufgegriffen wurden. Und ich bin froh, dass wir das Erlebnisfeld Ökumene erleben jetzt in der Pastoralvereinbarung haben, damit das Thema auch in den anderen Gemeinden stärker gesehen wird.“

Die Herausforderungen der aktuellen Situation wurden zum Beispiel deutlich, als sich kürzlich beim Pastoralrat Gläubige aus einer der kleineren Gemeinden des Pastoralverbundes meldeten, einem der vielen Orte im Pastoralverbund. „Die Menschen dort wandten sich mit dem Hilferuf an uns, dass bei ihnen das kirchliche Leben brach liege und gar nichts mehr stattfinde“, berichtete Gisela Gewies. „Wir haben uns vor Ort mit den Menschen zusammengesetzt und über ihre Wünsche und Anliegen gesprochen. Sie fühlten sich verstanden. Herausgekommen ist ein kleines Patronatsfest mit einer kurzen Begegnungsmöglichkeit nach der Messfeier. Das wurde sehr gut angenommen und die ein oder andere Idee zur Zusammenarbeit mit anderen Gruppen im Pastoralverbund überlegt.“

Auf dem Weg zu einem Netzwerk engagierter Menschen

Das schnelle Handeln in diesem Fall zeigt in die Richtung, in die es künftig gehen könnte: gut aufeinander achten, auch wenn die Gläubigen in einem großen Gebiet verstreut sind, viel miteinander reden, über Angebote informieren, Beziehungen herstellen. Gute strukturelle Bedingungen dafür wurden schon geschaffen, denn aus jedem der insgesamt acht Kirchorten im Pastoralverbund gibt es je zwei Vertreter im Pastoralrat. Die Hoffnung ist, dass durch viel Überzeugungsarbeit und das konsequente Verfolgen des eingeschlagenen Weges ein Netzwerk engagierter Menschen und lebendiger Orte entsteht, das den ganzen Pastoralen Raum erfasst und durchzieht.

Mit Gemeindereferent Klaus Junghans gibt es schon einen Leiter des pastoralen Netzwerks, der eng mit dem leitenden Pfarrer DDr. Markus Jacobs und Verwaltungsleiter Oliver Lohre zusammenarbeitet. „Ich bin in allen Gremien vertreten, bekommen also alles mit“, beschreibt Klaus Junghans seine Aufgaben. „Ich versuche darauf hinzuwirken, dass sich Gemeinden und Menschen nicht ‚abgehängt‘ fühlen von dem, was im Pastoralverbund geschieht und ‚Anschluss‘ finden. Und immer wieder achte ich auf die Umsetzung der Pastoralvereinbarung, sie ist handlungsleitend für die pastorale Arbeit.“

Corona ist weitere große Herausforderung

Natürlich ist da noch eine weitere Herausforderung für die Menschen im Kreis Lippe, die es zu bewältigen gilt: die Folgen der Corona-Pandemie. „Ich merke die Folgen zum Beispiel bei der Arbeit in unserer Kleiderkammer“, berichtet Brigitte Kurzawski, Caritas-Vorsitzende Heilig Geist Lemgo. „Wir haben versucht, einmal im Monat zu öffnen – streng Corona-konform, natürlich. Die Spendenbereitschaft war nach wie vor groß und es kommen viele Menschen zu uns, vor allem Asylbewerber und Menschen mit Flüchtlingshintergrund. Einige unserer Mitarbeiterinnen haben sich jedoch abgemeldet – weil sie Angst hatten vor einer Infektion. Auch in der Kirche sieht man viele Menschen nicht mehr.“

Ähnliche Beobachtungen gibt es auch im Erlebnisfeld Kultur, wie Klaus Junghans erzählt: „Da haben wir die Sorge, dass manche Chöre nicht mehr ans Leben kommen. Es gibt leider einige Leute, die sich in der Corona-Zeit aus den Chören verabschiedet haben. Das ist zunächst einmal für die Chöre schade. Die Kirchenmusik erreicht Menschen, die nicht zum Kern der Gemeinden gehören, auch die jungen – und es wäre doppelt schade, wenn diese Möglichkeit wegfällt.“ Die Verantwortlichen im Erlebnisfeld Kultur – unter der Leitung von Kirchenmusiker Gregor Schwarz – haben diese Herausforderung im Blick und planen über den Sommer Aktionen und Angebote.

Die Vision: "menschlich - gläubig - lebendig"

Mit der Vision „menschlich – gläubig – lebendig“ blickt man trotz der Herausforderungen im Pastoralverbund Lippe-Detmold zuversichtlich und vertrauensvoll auf den weiteren Weg. „Es ist ja auch nicht so, dass jedes einzelne Gemeindemitglied auf der Ebene des Pastoralverbundes denken und handeln muss“, meint Gisela Gewies. „Es ist völlig in Ordnung, wenn sich Menschen weiter ‚für ihren Kirchturm‘ engagieren. Wichtig ist nur, dass sie die Struktur im Pastoralverbund verstehen und wissen, dass sie Unterstützung bekommen und Ehrenamtliche wie Hauptberufliche für sie da sind.“

Ein Beitrag von:
Redaktion

Dr. Claudia Nieser

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