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© Foto: wk1003mike / Shutterstock.com

Ehrenamtliche Mitverantwortung

Erfahren Sie hier mehr über das Modellprojekt Ehrenamtliche Mitverantwortung.

Warum ein Modellprojekt?

Kurz gesagt: um die derzeitige Situation zu gestalten und nicht zu erleiden! Oder mit Bezug auf ein altes Sprichwort: Im derzeitigen Wind der Veränderung wollen wir Windmühlen bauen und nicht Mauern.

Denn Veränderung kann derzeit auf ganz unterschiedliche Weise beobachtet werden: Es gibt immer weniger die eine Art und den einen Ort, den Glauben zu leben; zunehmend mehr Menschen wollen eher in überschaubaren Projekten mitarbeiten, statt sich auf viele Jahre hin zu binden; die Lebensfragen der Menschen erfordern überzeugende Antworten aus einem persönlichen Glauben heraus. Das sind nur einige wenige Stichworte, aber sie zeigen bereits: Kirchliches Leben wird sich in Zukunft immer weniger mit Selbstverständlichkeiten gestalten lassen. Wie aber soll es dann weitergehen?

Dazu experimentieren im Modellprojekt “Entwicklung der ehrenamtlichen Mitverantwortung” verschiedene Pastorale Räume und eine Pfarrei. Die Erfahrungen werden gesammelt und ausgewertet, damit alle Beteiligten – vor Ort und in der Diözese – lernen können und dieser Erfolg gesichert wird. Es zeigt sich schon jetzt: Am Ende wird kein „Produkt“ stehen, das an anderer Stelle unverändert übernommen werden könnte. Wir lernen vielmehr, unter welchen Umständen ein Weg passend sein kann und unter welchen nicht. Diese Erkenntnisse sollen in Zukunft zur Verfügung gestellt werden – schön also, dass Sie sich dafür interessieren und diese Seite besuchen! Hier finden Sie eine kurze Übersicht. Einblick in Details erhalten Sie im Bereich “Wissenschaftliche Hintergründe”.

Erste Erkenntnisse

Das Modell

Beim Gemeindeteam übernimmt ein Team von Ehrenamtlichen die Verantwortung für das kirchliche Leben der lokalen Gemeinde – oft gehören mehrere Gemeinden zum Pastoralen Raum. Eine wichtige Rolle spielt dabei eine Vereinbarung zwischen Pastoralteam, Kirchenvorstand, anderen Gemeindeteams und Gesamtpfarrgemeinderat. Sie klärt, wie Entscheidungen zustande kommen und was einander zur Verfügung gestellt wird.

Die Gemeindeteams sollen nicht in erster Linie darauf achten, dass die bisherigen Angebote und Aktionen weiterlaufen. Sie können auch eigene Akzente setzen, wenn durch die besondere Situation vor Ort Veränderungen nötig sind. Sie bleiben in Verbindung zum Pastoralteam, den anderen Gemeindeteams oder anderen Gremien, sind aber vor allem eine Form der „Vergemeinschaftung“ vor Ort. In der Zeit der Corona-Pandemie wiesen die Gemeindeteams die höchste Form der Selbstorganisation und die meiste Eigenständigkeit gegenüber dem pastoralen Leitungsteam auf.

Erkenntnisse

Das Modell „Gemeindeteam“ setzt die Bereitschaft aller Beteiligten voraus, Zusammenarbeit neu auszuhandeln, dabei auch Kritik einzustecken und ein verändertes Selbstverständnis aufzubauen. Es bietet aber gleichzeitig die Möglichkeit, wirklich Mitbestimmung und lokal Entscheidungsspielräume zu erhalten – eine attraktive Erfahrung und große Motivation für Engagement. Für Pastoralteams bringen Gemeindeteams die Herausforderung mit sich, Leitung eventuell anders wahrzunehmen als bisher. Dazu müssen sie bereit sein, auf die Durchsetzung der eigenen Meinung zu verzichten sowie die Fähigkeit haben, zu fördern und zu ermächtigen, aber auch Notlagen zu erkennen. Wenn sich die Gemeindeteams auf die lokale Gemeinde konzentrieren, dann darf dies die Leitung eines Pastoralen Raums nicht als Privatisierung oder Rückzug verstehen. Eigenwilligkeit und Selbstorganisation der Gemeindeteams sind gerade die Wirkung, die die traditionellen Strukturen deutlich verändert – ohne die Zusammenarbeit im Pastoralen Raum deshalb zu vernachlässigen.

Das Modell

Der Pfarrgemeinderat ohne Hauptamtliche stärkt ebenfalls die Selbstorganisation der Gemeinden. Er setzt aber sehr viel stärker auf eine Kontinuität zu den bisherigen Gremien.

Erkenntnisse

Es konnte beobachtet werden, dass sich behutsam neuen Formen der Kooperation zwischen Hauptamtlichen (Priester und Laien) und Ehrenamtlichen entwickeln. Verantwortung wird übergeben, aber auch zurückgegeben, wenn diese zu groß wird, etwa in liturgischen Fragen. Nach wie vor übernehmen Hauptberufliche die inhaltliche Gestaltung und Ehrenamtliche die organisatorische Seite. Diese Arbeitsteilung hat viele Vorteile: Sie fördert die Eigenverantwortung, zugleich gibt sie Sicherheit und verhindert Überforderung. Allerdings lässt sich auch beobachten, dass die geringere Nähe zwischen den Pfarrgemeinderäten und den Hauptberuflichen und deren weiterhin starke Rolle gemeinsame Entscheidungen erschwert, gerade in Zeiten der Pandemie.

Das Modell

Im Kirchengemeinderat (KGR) verschmelzen Pfarrgemeinderat und Kirchenvorstand. Sie übernehmen finanzielle Verantwortung und erhalten so eine andere Ausrichtung: Die Engagierten vor Ort übernehmen als Experten für ihren Sozialraum und ihre Gemeinde Verantwortung und haben dafür einen Entscheidungsspielraum, der sie unabhängig macht. Die Hoheit über finanzielle Ressourcen ist wichtiger Bestandteil der Selbstorganisation und es ist deshalb wichtig zu beobachten, wie die KGR diese Möglichkeit nutzen.

Erkenntnisse

Nach bisherigem Stand ist die Säule des Pfarrgemeinderates in den Kirchengemeinderäten sehr stark. Die Kirchengemeinderäte bleiben so stark eingebunden in die gewohnte Gremienstruktur. Auch die hierarchische Abhängigkeit bleibt bestehen. Hauptamtliche, die in den Sitzungen dabei sind, können diese Abhängigkeit noch verstärken. Gleichzeitig können sie den Kirchengemeinderat auf dem Weg zu eigenständigen Schritten auch unterstützen und dazu ermächtigen. Gegenwärtig sind in diesem Modell noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Es könnte noch mehr Energie freigesetzt werden.

Die Modelle verändern die Pfarreien und Pastoralverbünde unterschiedlich stark, aber lösen alle auf ihre Weise Resonanz aus. Auf diese Weise ist gut abschätzbar, welche Wirkung ein Modell hinterlässt. Wichtiger als die Modellfrage an sich, ist aber die Situation vor Ort: Je nachdem welche Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen vor Ort aktiv sind, können ganz unterschiedliche Modelle angemessen sein.

Für ein Gelingen sind mehrere Komponenten wichtig: Risikofreude aller Beteiligten, gegenseitiges Vertrauen, bei den Hauptamtlichen eine Bereitschaft zu Selbstbegrenzung und einer neuen Rolle und das Ziel, Ehrenamtliche in eine Eigenständigkeit zu begleiten, die nicht zur Überforderung wird. Es hat sich gezeigt, dass die Übertragung von echter Verantwortung zu einer Entlastung führen kann. Darüber hinaus lässt sich eine Dynamik beobachten, die auf der Grundlage der bisherigen Geschichte vor Ort Möglichkeiten eröffnet, Dinge anders zu gestalten, Unzufriedenheiten zu reduzieren und Schritte in die Zukunft zu gehen. Das Experimentieren hat sich gelohnt! Derzeit werden die bisherigen Erfahrungen aufbereitet, so dass sie anderen Pastoralen Räumen zur Verfügung gestellt werden können.

Weitere Informationen und Hintergründe zum Modellprojekt

Partizipativ Partizipation lernen – Mehr als eine Evaluationsstudie

“Wenn Ernst gemacht werden soll mit dem ‘mutigen Paradigmenwechsel’ in der Kirche, muss die Kirche sich als lernende Organisation etablieren.”

(Monika Jakobs, Leiterin des Religionspädagogischen Instituts Luzern,
in ihrem Beitrag ‘Bildung und Partizipation in der pastoralen Praxis’, 2016)

Um die Erfahrungen des Modellprojekts für die unterschiedlichen Gemeindekonstellationen im Bistum fruchtbar zu machen, wird die Phase des Modellprojekts evaluiert. Mit den verschiedenen Schritten der Evaluation werden die Erfahrungen, die die Modellräume im Prozess machen, gesichert. Letztlich werden sie daraufhin ausgewertet, welche Pastoralen Räume und Pfarreien welche Erfahrungen gewinnbringend nutzen können. Das Evaluationsteam ist damit zunächst an Erkenntnissen über die Einführung neuer partizipativer Strukturen interessiert.

Dabei nimmt die Evaluation einerseits die partizipative Praxis und andererseits die Akteurinnen und Akteure dieser Praxis in den Blick.

  • Unsere Fragen zur partizipative Praxis: Wie verlaufen partizipative Entscheidungsprozesse in gewählten Gremien wie dem PGR, in beauftragten Gemeindeteams oder freien Arbeitskreisen? Wie bildet sich die partizipative Praxis in Organisationsstrukturen ab? Wie beeinflussen die partizipativen Strukturen die Arbeitsweise der Gremien, Teams und Arbeitskreise?
  • Unser Vorgehen zur partizipativen Praxis: Zum einen analysieren die Sitzungsprotokolle aller teilnehmenden Gremien, Gemeindeteams und Arbeitskreise auf die Themenwahl, Entscheidungsfindung und -umsetzung. Zum anderen beobachten wir jede Sitzung eines gewählten Gremiums und eines Gemeindeteams, um die Entscheidungsprozesse zu verstehen. Darüber hinaus überführen wir die Organisationsstrukturen in allgemeingültigere Modelle von partizipativer Strukturen in pastoralen Räumen.
  • Unsere Fragen zu den Akteurinnen und Akteuren innerhalb einer partizipativen Praxis: Welches Leistungsverständnis herrscht bei den Haupt- und Ehrenamtlichen vor? Welche Rollenbilder zu den Akteurinnen und Akteuren in Kirchen gibt es bei den Haupt- und Ehrenamtlichen? Wie stark ist die partizipative Haltung der Hauptamtlichen ausgeprägt? Warum engagieren sich Ehrenamtliche in verantwortlichen Gremien und Teams? Wo entstehen oder existieren Differenzen zwischen dem theoretischen Leitungsverständnis und Rollenbild und der praktischen Übersetzung in die Alltagssituationen im Gemeindeleben?
  • Unser Vorgehen zu den Akteurinnen  Akteuren innerhalb einer partizipativen Praxis: Alle gewählten Gremien und beauftragten Gemeindeteams sowie die Pastoralteams der Modellräume beantworten einen quantitativen Fragebogen, um die Rollenbilder von Priestern, Gemeindereferentinnen und Gemeindereferenten sowie Laien, das Leitungsverständnis und die Motivation zum Engagement bzw. die partizipative Haltung zu erheben. Daneben werden in zwei Modellräume Mitglieder des Pastoralteams sowie der Gremien bzw. Gemeindeteams interviewt, um diese abstrakten Verständnisse mit Alltagsbildern abzugleichen.

Genauso gilt das Erkenntnisinteresse der theologischen Grundlegung dieser Strukturen: Lässt sich Partizipation theologisch begründen und zu welchem Bild von Kirche gehört eine partizipative Haltung? Die Evaluation wird sich aber auch prozessorientiert an den unterschiedlichen Wegen der Modellräume orientieren. Jeder Pastorale Raum hat seinen Eigenwert und seine Eigenarten, die gewachsen und gereift sind. Diese sollen nicht nur in der Strukturentwicklung, sondern auch in der Evaluation Berücksichtigung finden.

Die Erkenntnisse aus der Evaluation werden immer wieder in den Prozess der Modellräume eingespeist, so dass die kommenden Jahre ein gemeinsamer Lernprozess für alle Beteiligten auf den unterschiedlichen Ebenen sein wird. Prozessorientiert wird sich durch die Bedarfe und Erfahrung der einzelnen Modellräume auch noch einmal zeigen, welche Aus- und Fortbildungen und welche weiteren Unterstützungsangebote in den nächsten Jahren notwendig sein werden. Dabei wird die Vernetzung hinein ins Bistum und zu den verschiedenen Bildungsträgern relevant werden. Letztlich wird für das Modellprojekt gut zu beobachten sein, ob sich die unterschiedlichen Prozesse von unternehmerischen Institutionen unterscheiden und ob der gemeinsame Glaube an Gott aus diesen Entwicklungen einen geistlichen Prozess machen kann.

“Jeder Christ ist aufgrund von Taufe und Firmung berufen, das Heilige in seinem eigenen Leben immer weiterzuentfalten und eben dadurch Welt und Kirche im Geiste Jesu Christi mitzugestalten.“

(Die Deutschen Bischöfe: „Gemeinsam Kirche sein“, 2015)

 

Grundlage

„Es ist der Auftrag der Kirche, das Evangelium von der Liebe Gottes zu verkünden.“[1] Was sich auf den ersten Blick so klar und eindeutig anhört, ist auf den zweiten Blick mit vielen Schwierigkeiten verbunden: Das beginnt beim Finden der richtigen Worte und einer verständlichen Sprache, geht weiter über die Unsicherheit, was in einer bestimmten Situation die richtige Entscheidung im Sinne Jesu ist, und endet nicht zuletzt bei den Schwierigkeiten, die durch die derzeitige öffentliche Wahrnehmung von Kirche bedingt sind.

Der Auftrag ist aber existentiell, und er betrifft alle Mitglieder der Kirche – auch wenn es innerhalb dessen unterschiedliche Aufgaben oder auch Dienste gibt.[2] Jede und jeder hat ganz unterschiedliche Fähigkeiten und Talente, um seinen ganz unverwechselbaren Teil zur Erfüllung dieses gemeinsamen Auftrages beizutragen.

Aber nicht nur das sind Geschenke Gottes, in denen sichtbar wird, dass Gott mithilft diesen Auftrag zu erfüllen. Mit Taufe und Firmung schenkt er den Heiligen Geist, der im Johannesevangelium „Beistand“ genannt wird. Auf diese Weise ist Anteil am Leben Gottes geschenkt – oder eben auch Partizipation daran.[3]

Damit ist ein Begriff genannt, der im kirchlichen Kontext in den vergangenen Jahren wieder stärker in den Blick genommen worden ist und der eine zentrale Stellung im Modellprojekt „Entwicklung der ehrenamtlichen Mitverantwortung“ einnimmt. Gleichzeitig hat er aber auch im gesellschaftlichen Kontext eine hohe Bedeutung.[4] Ausgangspunkt ist hier das Selbstverständnis des demokratischen Staates, dessen Anliegen u. a. ein Interessenausgleich und Einbeziehung seiner Bürger in Entscheidungsprozesse sind. Beide Zugänge haben im Kontext von Glaube und Kirche Bedeutung, so dass eine existenzielle sowie eine institutionelle Dimension zu unterscheiden ist.[5]

Durch die Menschwerdung Gottes in seinem Sohn hat er Anteil an unserem Leben. Gott kommt zur Welt, um an dem Leben, Lieben und Leiden der Menschen Teil zu haben. „Er nimmt an meinem (unserem) Leben teil, damit ich teilnahmefähig werde (wir teilnahmefähig werden) und herausfinden können, was es bedeutet, an seinem Leben teilzunehmen“[6]. Das zweite Vatikanische Konzil formuliert in der Konstitution Lumen Gentium das Selbstbewusstsein des Christen als Teil des Gottes Volkes und damit durch seine Taufe und Firmung geheiligt. Der getaufte Mensch hat Anteil an dem dreifachen Priesteramt Christi als Priester, Prophet und König. Mit dieser Würde des gemeinsamen Priestertums kommt auch die Verantwortung, für das Reich Gottes auf der Erde Sorge zu tragen, sich an der Sendung der Kirche und dem Leben der Menschen zu beteiligen. Die getauften Christen sind jedoch nicht nur Erbe der Verantwortung. Sie sind Teil des Volkes Gottes und als Gemeinschaft kann dies kultiviert werden. Die Einstellung einer Volk-Gottes-Kultur nimmt das Erbe nicht als Last an, sondern als Vorgeschmack auf das Leben in Fülle. Die beschriebene Bewegung Gottes auf den Menschen hin ist die Richtungsanzeige für Partizipation im existentiellen Sinne: Sie ist mit Rainer Bucher gesprochen „als „Exposure“ zu denken, als „Sich-Aussetzen“ der Gegenwart und ihren „Zeichen der Zeit“, als „Partizipation“ an den Freuden und Hoffnungen, an der Trauer und den Ängsten einer unüberschaubaren Gegenwart. (…) Zu jenen zu gehen, die nicht kommen, und sie zu fragen, was sie brauchen, das ist die Partizipation, die ansteht. (…) Genau genommen muss sie das Volk Gottes auch gar nicht lange suchen, denn es nimmt am Leben dieser Welt und dieser Zeit sowieso teil.“[7]

Auf dieser Grundlage sind für das Modellprojekt zwei Grundanliegen formuliert: Wie kann das Bewusstsein um die eigenen Taufe und Motivation zur Übernahme von Verantwortung für den Auftrag der Kirche gestärkt werden? (Projektanliegen: Stärkung der Taufberufung und Motivation zur Übernahme von Verantwortung) Und wie kann die Umsetzung dieser Verantwortungsübernahme nicht bei einem kleinen Kreis von engagierten Gemeindemitgliedern stehenbleiben, sondern alle Menschen vor Ort in den Blick nehmen? (Projektanliegen: Verantwortung für den Sozialraum)

Institutionelle Partizipationsregeln haben sich diesem Anliegen und damit dem Auftrag Jesu Christi unterzuordnen. Trotzdem sind sie wichtig, und es ist nicht ausreichend, von einer automatischen Anwendung auszugehen. Zur Bewusstwerdung wichtiger Prinzipien ist die „Partizipationspyramide“ hilfreich, wie sie Gaby Straßburger und Judith Rieger beschrieben haben.

Partizipation auf institutioneller Ebene bedeutet eben allen voran, „an Entscheidungen mitzuwirken und damit Einfluss auf das Ergebnis nehmen zu können“.[8] Straßburger/Rieger sehen verschiedene Stufen von Partizipationsmöglichkeiten. Die Vorstufe zur Partizipation sieht eine Top-down-Perspektivierung vor. Die institutionalisierte Seite – im kirchlichen Rahmen die Pastoralteams – lässt das Gegenüber – im kirchlichen Rahmen die Gemeindemitglieder – passiv an den Entscheidungen teilhaben, in dem diese informiert oder nach ihrer Meinung befragt werden. Wirklichen Einfluss auf das Ergebnis der Entscheidung haben die Gemeindemitglieder aber nicht bzw. nur indirekt, sie sind quasi die Objekte der Entscheidung. Die Entscheidungsmacht liegt alleine auf Seiten der Institution. Auf einer weiteren Ebene werden die Räume für kooperative Entscheidungen größer. Erst hier sprechen die Autorinnen von tatsächlicher Partizipation. Die Gemeindemitglieder werden zu Mitsubjekten des Entscheidungsprozesses. Pastoralteam und Gemeindemitglieder erwirken entweder gemeinsam eine Entscheidung oder es werden Freiräume für die Selbstverantwortung auf Seiten der Gemeindemitglieder geschaffen (Projektanliegen: Förderung der Selbstorganisation). Damit können „jene Kräfte wachsen, die zur Selbstorganisation, zu der Verantwortungsübernahme, der Ausgestaltung von Aufgaben und Diensten notwendig sind.“[9]

Das dafür benötigte Klima gegenseitigen Ermutigens braucht klare Rahmenbedingungen. Entscheidend ist, nichts dem Zufall zu überlassen und Sicherheit zu geben: „Ziel ist es, eine bewusste Haltung zur Partizipation zu entwickeln, und sie strukturell so zu verankern, dass Rechtssicherheit entsteht. In einer Institution, in der Partizipationsrechte definiert und durch klare Vorgaben abgesichert sind, hängt es nicht mehr von einzelnen Fachkräften oder vom Zufall ab, ob Adressatinnen und Adressaten in Entscheidungen einbezogen werden.“[10] Eine ähnliche Forderung findet sich auch im Zukunftsbild: „Dazu gehört, dass überall Klarheit bestehen soll, wer welche Entscheidungen unter Einbeziehung von wem verantwortet und trifft.“[11] Auf diese Weise wird vermieden, weiterhin Angebote für die Menschen zu machen, statt nach ihren Bedürfnissen und Anliegen zu fragen. Die Vereinbarung von Entscheidungswegen wird damit zu einem Baustein, um die Logik von Versorgung und Versorgtwerden aufzubrechen (Projektanliegen: gesicherte Partizipation). Dabei ist es eine bleibende Herausforderung, immer wieder den Kreis nicht zu klein zu ziehen und möglichst viele Menschen einzubeziehen (Projektanliegen: möglichst breite Partizipation). Auf diesem Weg spielt ein Grundsatz eine besondere Rolle.

„Die Getauften und ihre Charismen sind der eigentliche Reichtum der Kirche“.[12] Charismen oder Gaben sind individuelle, zur Geschöpflichkeit des Menschen und damit zu seiner Persönlichkeit gehörende Fähigkeiten, die Gott den Menschen schenkt. Die Gaben können in ganz unterschiedlichen Feldern liegen: im organisatorischen Bereich, aber auch im caritativen oder anderen zwischenmenschlichen Feldern – um nur einige zu nennen. Zum einen muss der begabte Mensch sich jedoch zu diesen verhalten, sie erkennen und wahrnehmen, aber auch annehmen und entwickeln. Zum anderen liegt das entscheidende Kriterium nicht darin, „eine Gabe zu haben und sie deswegen zum Einsatz zu bringen. Es geht vielmehr um die – zutiefst relevante – Frage, ob sie anderen nützt“[13]. Oder anders ausgedrückt: „Gaben dienen der Ehre Gottes und dem Wohl der Menschen.“[14] Der inneren, persönlichen Berufung müssen Menschen, muss eine Gemeinschaft gegenüber stehen, die diese Charismen braucht und der diese Gaben von Nutzen sind. In der Charismenorientierung geht es also nicht darum, Charismen für bestehende Aufgaben zu finden. Vielmehr kommen Charismen und Bedarfe von christlichen Gemeinschaften, aber auch dem sozialen Umfeld zusammen, aus denen sich dann Visionen und Aufgaben von den Charismen und Bedarfen her entwickeln. „Weil sie aus den Gaben des Heiligen Geistes kommen, der in den Gläubigen wirkt, sind auch vielfach unvorhersehbare Überraschungen durch sie möglich.“[15] Wichtig ist, dass dann auch Raum zur Entfaltung gegeben wird und sich neue Aufgaben entwickeln können. (Projektanliegen: Charismenorientiertes Arbeiten)

Daran anknüpfend kann es nicht Ziel sein, eine bestimmte Sozialform von Kirche und liebgewordene Arbeitsabläufe zu konservieren. Gebraucht wird eine grundsätzliche Offenheit, wohin der Heilige Geist die Kirche führen will und unter welchen „Zeichen der Zeit“ dies geschieht.

Sinn eines Modellprojektes ist es, neue Wege auszuprobieren. Das geschieht in der Hoffnung, dass Erfahrungen gemacht werden, die hilfreich für die weitere Entwicklung sind – weil sie bestärken, oder auch „Sackgassen“ deutlich machen. In allem ist aber wichtig: „Die Rede von Chancen bzw. vom Aufbruch der Kirche wird jedoch nur dann eine positive Resonanz finden, wenn sich alle Verantwortlichen und Handelnden in der Kirche neu Gott und seiner Treue anvertrauen. Verunsicherung und Ratlosigkeit im Blick auf den künftigen Weg der Kirche in unseren Breiten müssen ehrlich vor Gott gebracht werden, sonst ist keine tiefer gründende Entwicklung der Kirche möglich.“[16] Vertrauen in die Gegenwart Gottes, aber auch in die Mitchristen ist ein wichtiges Gepäckstück auf dem Weg. Das gilt auch für die Entfaltung der Charismen. „Wenn ich es nicht selbst mache, sondern dem anderen überlasse, dann klappt es nicht“ – ein solcher Satz ist Beispiel für eine Haltung von fehlendem Vertrauen in die Charismen des anderen.“[17]

[1] Das Zukunftsbild für das Erzbistum Paderborn 18.

[2] Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über das Laienapostolat Nr. 2.

[3] Vgl. Padilla, Estala P.: Partizipation definiert „lokale Kirche“ neu – Einsichten und Herausforderungen,
in: Klaedtke, Martin u. a. (Hg.): Praxis Partizipation. Voraussetzungen und Wege zu einer Kirche der Beteiligung, Würzburg 2016, 61ff.

[4] Vgl. Simonson, Julia/Vogel, Claudia: Organisationale Struktur des freiwilligen Engagements und Verbesserungsmöglichkeiten der Rahmenbedingungen, in: Simonson, Julia/Vogel, Claudia/Tesch-Römer, Clemens (Hg.): Freiwilliges Engagement in Deutschland. Der Deutsche Freiwilligensurvey 2014, Berlin 2016, 515.

[5] Vgl. Kröger, Elisa: Wie lernt Kirche Partizipation? Drei Grundperspektiven, in: Kröger, Elisa (Hg.): Wie lernt Kirche Partizipation? Theologische Reflexion und praktische Erfahrungen, Würzburg 2016, 425.

[6] Werbick, Jürgen: Gott-menschlich: Elementare Christologie, Freiburg/Br. 2016, 33.

[7] Bucher, Rainer: Partizipative Kirche – Stationen eines weiten Weges, in: Kröger, Elisa (Hg.): Wie lernt Kirche Partizipation? Theologische Reflexion und praktische Erfahrungen, Würzburg 2016, 68.

[8] Straßburger, Gaby/Rieger, Judith: Partizipation kompakt, Weinheim 2014, 230.

[9] Das Zukunftsbild für das Erzbistum Paderborn 68.

[10] Straßburger, Gaby: Die institutionelle Verankerung von Partizipation: Strukturelle Weichenstellungen, in: Straßburger, Gaby/Rieger, Judith (Hg.): Partizipation kompakt, Weinheim 2014, 86.

[11] Das Zukunftsbild für das Erzbistum Paderborn 67.

[12] „Gemeinsam Kirche sein“. Wort der deutschen Bischöfe zur Erneuerung der Pastoral / hrsg. vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Bonn 2015, 19.

[13] Hennecke, Christian: Gottes Design entdecken – wie der Geist weht, wo er will. Theologie und Praxis einer gabenorientierten Pastoral, Würzburg 2017, 62.

[14] Obernauer, Silke: Vielfältig begabt. Grundzüge einer Theorie gabenorientierter Mitarbeit in der evangelischen Kirche, Berlin 2009, 144.

[15] „Gemeinsam Kirche sein“. Wort der deutschen Bischöfe zur Erneuerung der Pastoral / hrsg. vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Bonn 2015, 19.

[16] Das Zukunftsbild für das Erzbistum Paderborn 18.

[17] Das Zukunftsbild für das Erzbistum Paderborn 51.

Projektbericht 1

Im Projekt ist der erste wissenschaftliche Projektbericht entstanden, der auf die Ausgangssituation, die einzelnen Modelle und Auswirkungen der Pandemie eingeht und so erste Einblicke liefert.

Sie können ihn im Erzbistums-Shop bestellen oder sich hier herunterladen.

Projektbericht 2

Ein Modell, das erprobt wurde, sind die Gemeindeteams. Hierbei übernimmt ein Team von ehrenamtlich Engagierten die Verantwortung für das kirchliche Leben der lokalen Gemeinde. Der zweite Projektbericht gibt einen Überblick über das Modell „Gemeindeteam“ und einen Einblick in die Evaluationsergebnisse.

Sie können ihn im Erzbistums-Shop bestellen oder sich hier herunterladen.

Ihre Ansprechpersonen zum Modellprojekt

© Sabrina Voss / Erzbistum Paderborn

Matthias Kolk

Abteilung Leben im Pastoralen Raum
© privat

Lisa Hofmeister

Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Katholische Theologie / Uni Paderborn

Übersicht

Der Pastorale Raum Schmallenberg-Eslohe

Der Pastorale Raum Schmallenberg-Eslohe liegt im Dekanat Hochsauerland-Mitte und umfasst seit 2013 die fünf pastoralen Bereiche Dorlar-Wormbach, Esloher Land, Fredeburger Land, Schmallenberger Land sowie den Bereich Wilzenberg. Sitz des Pfarrers ist in St. Alexander, Schmallenberg. Der Pastorale Raum erstreckt sich von Wenholthausen im Norden nach Lenne im Süden und von Salwey im Westen nach Westfeld im Osten über ca. 420 km². Insgesamt gehören dem Pastoralen Raum 28 Pfarreien und Pfarrvikarien an, in denen etwa 25.000 Katholikinnen und Katholiken leben und in dem über 90 Kirchen und Kapellen stehen.
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Die Pfarrei St. Andreas Velmede

Seit 2013 bildet St. Andreas eine Gesamtpfarrei, zu der die Gemeinden Andreasberg, Bestwig, Heringhausen, Nuttlar, Ostwig, Ramsbeck und Velmede zählen. Als Pfarrei bildet St. Andreas den Seelsorgebereich Ruhr-Valmetal des pastoralen Raums Meschede-Bestwig. Die Pfarrei gehört zum Dekanat Hochsauerland-Mitte. In ihr stehen 11 Kirchen und Kapellen und leben etwa 7000 Katholikinnen und Katholiken.
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Der Pastorale Raum Arnsberg

Seit 2014 bilden die Pastoralverbünde Arnsberg-Wedinghausen, Arnsberg-Neustadt und Oeventrop-Rumbeck den pastoralen Raum Arnsberg. Am 1. Januar 2019 werden sich die Pfarreien zusammenschließen. Im pastoralen Raum stehen 15 Kirchen und Kapellen und leben etwa 17.000 Katholikinnen und Katholiken. Er ist Teil des Dekanats Hochsauerland-West.
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Der Pastoralverbund Balve-Hönnetal

2012 wurde aus den Pastoralverbünden Balver Land und Oberes Hönnetal der Pastoralverbund Balve-Hönnetal errichtet. In dessen Bereich stehen 14 Kirchen und Kapellen und leben etwa 9100 Katholikinnen und Katholiken. Es ist vorgesehen, dass 2025 ein Zusammenschluss mit dem Pastoralverbund Hemer erfolgt.
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