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© Maria Savenko / Shutterstock.com

Vom äußeren und inneren Reisen

Blog-Beitrag von Prälat Thomas Dornseifer

„Ein Reisender sucht die Selbsterfahrung – alle anderen sind im Urlaub.“

Dieser Satz der deutschen Autorin Heike Ullmann hat mich mitten im Jahr, quasi im letzten Drittel der Sommerferien in Nordrhein-Westfalen, zum Nachdenken gebracht: Was ist die besondere Qualität der Urlaubszeit? Muss man weit weg fahren, um ein Reisender zu sein? Ist Selbsterfahrung nicht immer möglich? Und natürlich: Was kann das alles für jede und jeden Einzelnen von uns bedeuten, aber auch für uns als Weg-Gemeinschaft?

Auch die meisten von Ihnen werden wohl gerade die „schönsten Wochen des Jahres“ genießen. Wie man es mit dem Urlaubmachen hält, ist eine Frage des individuellen Geschmacks. Manche entdecken gern neue Städte, haben Freude daran,  durch die Straßen zu schlendern oder auch mal ein Museum zu erkunden. Andere genießen es, einfach mit einem guten Buch die Seele baumeln zu lassen. Die meisten Kinder, so werden es die Eltern unter Ihnen bestätigen können, lieben vor allem Wasser- und Strandvergnügen. Gerade bei Familien scheint es also gar nicht immer so leicht zu sein, alle Urlaubs-Wünsche unter einen Hut zu bringen.

Urlaub ist „Qualitätszeit“

Über eins herrscht aber Einigkeit: Urlaub soll Erholung sein. Erholung vom schnelllebigen Alltag, vom Stress, vom Getrieben-Sein durch „Viel-zu-viel-zu-tun“ und „Viel-zu-wenig-Zeit“. Das gilt mitunter nicht nur für Erwachsene, denn auch für Kinder ist der Terminplan heute bisweilen gut gefüllt: Schule, Hausaufgaben, Klarinettenunterricht, Reiten, Fußballtraining, Einsätze als Messdienerin und Messdiener oder die Pfadfindertreffen fordern Zeit ein. Deshalb ist Urlaub – gerade auch für Familien – oft ein Raum, in dem man kostbare „Qualitätszeit“ miteinander verbringen kann, die im Alltag allzu schnell mal zu kurz kommt.

Im Urlaub hat im Idealfall also „die liebe Seele Ruh‘“. Zur Ruhe kommen, sich besinnen – das ermöglicht neue Perspektiven. Viele Dinge, die man im Alltag innerlich in eine hintere Ecke geschoben hat, kommen nicht selten gerade dann zum Vorschein und drängen an die Oberfläche. Diese Erfahrung schildern viele Urlaubsseelsorger, die den Menschen dort zuhören, wo Menschen Ferien machen. Eine solche Besinnung und Einkehr ist in meinen Augen auch eine Reise – keine weite auf der Landkarte, aber eine nach innen. Sie hilft uns, unseren Alltag und unseren Lebensweg aus einer anderen Perspektive zu sehen: Wo stehe ich eigentlich? Bin ich da, wo ich sein will? Will ich eigentlich ganz woanders hin?

Ein Stück Heimat in der Fremde

Mir hilft es in diesem Zusammenhang oft, mich ab und zu einfach für fünf Minuten in den Dom hier in Paderborn zu setzen: Man spürt nicht nur sich selbst, sondern vor allem auch seine Verbindung zu Gott wieder neu. Der Trubel und die Hektik draußen sind – zumindest für einen Moment –  ganz weit weg. Bisweilen kann das auch eine „Zumutung“ sein, diesen Moment der Stille bewusst auszuhalten – ein Zeichen dafür, wie sehr die Beschleunigung im Alltag für uns zur Gewohnheit geworden ist. Aber gerade deshalb helfen solche kleinen Unterbrechungen, um zu merken: Da schlummert vielleicht doch ein bisschen mehr in der Tiefe, als das, was unsere eigene Alltags-Oberfläche zulässt.

Auch im Urlaub sind solche Erfahrungen möglich. Auch am Ferienort findet man vielleicht eine Kirche – egal, ob beeindruckende Kathedrale oder kleine Kapelle am Wegesrand oder vielleicht auf dem Gipfel eines Berges: Auch hier kann der Reisende ein Stück Ruhe und Besinnung finden – vielleicht sogar auch ein Stück Heimat und Identifikation in der „Fremde“?

© gregorioa / Shutterstock.com

Eine äußere Reise mit einer inneren Reise verbindet das Pilgern. Im Christentum gibt es eine jahrhundertelange Tradition, sich pilgernd auf den Weg zu machen. Spätestens durch Hape Kerkelings Roman „Ich bin dann mal weg“, in dem der Komiker seine eigene Reise auf dem Jakobsweg beschreibt, ist das Pilgern scheinbar wieder richtig in Mode gekommen. Pilgernde Menschen machen sich auf den Weg: bis zu einem Ziel oder sie gehen auch  nur einen Teil des Weges. Aber sie gehen. Sie brechen auf. Sie stoßen auf Hindernisse. Aber sie gehen trotzdem weiter.

Zukunftsbild – eine Ermutigung zum Aufbruch

Auch unser Zukunftsbild im Erzbistum Paderborn ist eine Ermutigung zum Aufbrechen – immer wieder neu. Es ist der Orientierungsrahmen für unseren Weg des Wandels, den wir gemeinsam in unserem Erzbistum gehen, jede und jeder an ihrem und seinem Platz, mit den je eigenen Aufgaben und vor allem mit dem je eigenen Charisma. Auf diesem gemeinsamen Weg passiert gerade viel, manch einer mag sich vielleicht auch so vorkommen, als gehe Vieles zu schnell oder als ob man nicht schnell genug mitkommt. Gerade deshalb ist es wichtig, regelmäßig innezuhalten und den Weg immer wieder zu überprüfen. Das tun wir mit unseren Diözesanen Foren, zuletzt 2017 und bald wieder im Herbst 2020. Das tun wir auch mit verschiedenen Beteiligungsformaten – innerhalb des Generalvikariats genauso wie mit den Menschen in den Kirchengemeinden. Eine solche Selbstvergewisserung, die auch spirituell fundiert sein muss, ist nötig, um zu wissen, was unser gemeinsames Ziel ist und ob der Weg dahin der richtige ist. Und dann gilt im Grunde dasselbe wie nach dem Urlaub oder nach den Ferien: Dann kann der Weg mit neuem Schwung und Elan weitergegangen werden.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen noch einen schönen Rest-Sommer mit viel Muße zum Innehalten und Krafttanken.

Ihr Prälat Thomas Dornseifer

Zum Autor

Prälat Thomas Dornseifer leitet die Hauptabteilung Pastorale Dienste im Erzbischöflichen Generalvikariat Paderborn. Zudem ist er stellvertretender Generalvikar.

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