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Wenn es keine andere Wahl als Zusammenhalten gibt

Weihbischof Matthias König mit einem persönlichen und weltkirchlichen Blick auf die Corona-Krise

Weihbischof Matthias König mit einem persönlichen und weltkirchlichen Blick auf die Corona-Krise

Wie lange gilt das Kontaktverbot noch? Ab wann dürfen Feste wieder gefeiert werden? Mit all diesen Fragen, die Menschen in Deutschland umtreiben, besteht auch die Gefahr, die Menschen an den Rändern aus den Augen zu verlieren, in anderen europäischen Ländern und weltweit. Davor warnt Weihbischof Matthias König im Interview – und äußert gleichzeitig die Hoffnung, dass die EU gestärkt aus dieser Krise hervorgeht.

Redaktion

Weihbischof König, was beschäftigt Sie persönlich momentan am meisten?

Weihbischof Matthias König

Das, was vermutlich fast alle beschäftigt: Wie kann man die Zeit, die durch äußeren Stillstand gekennzeichnet ist, sinnvoll füllen? Dadurch, dass viele Aufgaben digital weiterlaufen, habe ich damit keine Probleme. Trotzdem fühlt sich die Zeit in manchen Bereichen wie verlängerte Exerzitien an. Jeden Tag nehme ich mir Zeit für die Anbetung im Dom, zu der die anderen Bischöfe und auch erstaunlich viele andere Menschen kommen. Dort kann ich das, was die Welt und die Menschen bewegt, vor Gott tragen.

Redaktion

Sie sind Mitglied in der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), pflegen für die DBK und das Erzbistum Paderborn viele Kontakte. Wie unterschiedlich sind die Erfahrungen, von denen Ihre internationalen Partner berichten?

Weihbischof König

Als Erstes fällt mir Indien ein, wo ich im Januar und Februar noch gewesen bin. Es ist kaum vorstellbar, dass es in diesem riesigen Land mit 1,3 Milliarden Einwohnern nun verboten ist, in die Öffentlichkeit zu gehen. Die Menschen sollen zuhause bleiben, aber Millionen Menschen haben gar kein Zuhause, die leben auf der Straße. Außerdem bedeutet der Shutdown für Millionen Menschen dort und auch in anderen Erdteilen, dass alles Einkommen wegbricht, weil viele nicht mehr als Tagelöhner, Aushilfen und Essensverkäufer arbeiten können.

Aus Afrika höre ich, dass die Situation sehr unterschiedlich ist, aber alle haben Angst. Aus Äthiopien, dem zweitbevölkerungsreichsten Land Afrikas hörte ich, dass es nur hundert Intensivbetten gibt. In Deutschland haben wir 30.000. Da kann man verstehen, dass eine Katastrophe zu befürchten ist, wenn sich das Coronavirus auch dort so verheerend ausbreitet.

Redaktion

Das Beispiel zeigt auch die Ungleichheit, die in der Welt herrscht, ganz deutlich.

Weihbischof König

Ja. Gleichzeitig merken wir, dass wir in Deutschland mit uns selbst beschäftigt sind. Ich schließe mich da nicht aus. Wir haben den Blick für die wirkliche Not in anderen Erdteilen und auch in anderen Ländern Europas verloren.

"Wir haben den Blick für die wirkliche Not in anderen Erdteilen und auch in anderen Ländern Europas verloren."

– Weihbischof Matthias König

Redaktion

In dieser Krise könnte sich auch zeigen, ob die EU und alle Länder als Weltgemeinschaft zusammenhalten. Da kommt ein Donald Trump und kündigt die Zahlungen an die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Ist das ein Zeichen, dass wir als Menschheit nicht richtig zusammenhalten?

Weihbischof König

Ich hoffe sehr, dass die EU durch diese Krise und den Versuch, sie gemeinsam zu bewältigen, gestärkt wird. Im Grunde genommen haben wir gar keine andere Wahl – und im positiven Sinne auch keine andere Chance – als die Situation gemeinsam anzugehen.

In Deutschland spüren wir eine hohe Zustimmung gegenüber unseren Politikern und das kann ich auch gut verstehen. Wir haben den Eindruck, dass sie die Dinge in dieser plötzlich hereingebrochenen Situation gut managen. Ich hoffe, dass sich das auch auf EU-Ebene durchsetzt, damit die Solidarität nicht nur verbal, sondern auch praktisch funktioniert. Deutschland hat das versucht, indem Kranke aus Frankreich und Italien in unseren Krankenhäusern aufgenommen wurden. Nun beliefert China öffentlichkeitswirksam alle Welt mit Masken. Ich denke, dass auch wir dem Prinzip „Tu Gutes und rede darüber“ folgen sollten, damit die Welt sieht, dass Europa und Deutschland sich nicht zurückziehen.

Redaktion

Wir sagen ja so schnell: „Wir sind katholisch, wir sind Weltkirche.“ Was bedeutet das für Sie in diesen Tagen wirklich?

Weihbischof König

Dass wir versuchen, die Ärmsten der Armen in den Blick zu nehmen und für sie da zu sein. Unsere großen Hilfswerke tun das, sie werden täglich informiert, was die dringendsten Bedürfnisse der Menschen sind, wo die größten Brennpunkte sind und was die Kirche mit ihren Hilfsmitteln tun kann. Jetzt ist auch die Caritas noch mehr gefragt, wenn man sieht, was in den Flüchtlingslagern los ist.

Im Paderborner Dom können Gläubige jetzt jeden Tag vor dem Allerheiligsten beten, zur Ruhe kommen und Kraft finden. Das Allerheiligste wird täglich von 17 bis 18 Uhr im Altarraum des Paderborner Domes zur eucharistischen Anbetung ausgesetzt.

Redaktion

Wie kann ich mich unabhängig von den Hilfswerken für die Menschen an den Rändern einsetzen?

Weihbischof König

Das geschieht ja schon bei uns im Umfeld, wenn ich höre, wie viele Menschen, die sonst wenige Kontakte pflegen, nicht in Vergessenheit geraten. Ich bin froh, dass junge Menschen erstaunliche Initiativen zeigen, um diese Menschen in den Blick zu nehmen.

Außerdem ist ein Teil unserer Freiwilligen noch in den skandinavischen Ländern geblieben. Und die, die aus anderen Ländern zurückmussten, versuchen auf ihre Weise, nun hier mitzuarbeiten. Ich habe das Beispiel eines jungen Mannes vor Augen, den ich im Januar und Februar noch in Indien getroffen habe. Er ist nun wieder in der Heimatgemeinde und hat sich dort sofort in die mediale Arbeit eingebracht, damit die Gottesdienste aus den Kirchen in die Haushalte kommen. Er sagt, dass ihn dieses Engagement nach all den Monaten, in denen er in einer fremden Welt gelebt hat, in seiner Heimat wieder richtig ankommen lässt. Er spüre nun, wie wichtig ihm seine Heimatgemeinde ist. Das stimmt mich froh und hoffnungsvoll.

Redaktion

Was gibt Ihnen in der derzeitigen Situation noch Hoffnung?

Weihbischof König

Mein österlicher Glaube. Die Botschaft, die wir in diesen Tagen immer wieder hören, feiern und bekennen: Durch den Tod geht es zum Leben. Durch das Dunkel zum Licht. Christus hat das, was uns bedrängt und einschränkt, durch den Tod und seine Auferstehung besiegt.

Wenn ich jeden Tag im Dom vor dem Allerheiligsten knie, dann spüre ich, dass ich aus dem Gebet lebe. Denn ich trage auch so manche Bedrängnis mit mir, zum Beispiel von schwer Erkrankten oder von Menschen, die um andere trauern. Ich habe in dieser Zeit schon drei Beerdigungen gefeiert.

Redaktion

Und wie war die Stimmung bei den Beerdigungen?

Weihbischof König

Da war trotz aller Traurigkeit ganz viel Hoffnung. Wir haben am Grab, dem Sarg, der Urne gesungen und gemeinsam gebetet. Da war ganz viel Nähe zu spüren. Das gibt es ja auch in anderen Bereichen, dass Menschen durch ein Gespräch, sei es ein Telefonat oder eine Unterhaltung auf der Straße, ganz viel Hoffnung schöpfen.

Mir fällt da als persönliches Beispiel eine ältere Frau aus einer früheren Pfarrei von mir ein. Zum Ende unseres Telefonats sagte sie, dass mein Anruf ihr schönstes Ostergeschenk gewesen sei. So eine Rückmeldung stimmt mich froh. Es zeigt, dass wir mit vielen kleinen Zeichen etwas tun können. Und weltkirchlich gesehen gibt mir Hoffnung, wie viele Menschen in aller Welt aus diesem Glauben heraus versuchen, gegen die Krise anzugehen und andere Menschen mit ihren Mitteln und Möglichkeiten im Auge zu behalten.

Redaktion

Weihbischof König, vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Tobias Schulte.

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