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“Eine Kultur der Verantwortungsübernahme gibt es schon”

Interviewreihe "7 Leitsätze zur Organisationsentwicklung" mit Andrea Jansen und Indra Wanke

Interviewreihe „7 Leitsätze zur Organisationsentwicklung“: Andrea Jansen und Indra Wanke aus dem Bereich Pastorale Dienste über Verantwortung

Wenige Monate nach Veröffentlichung des Zukunftsbildes erhielten die Mitarbeitenden im Erzbischöflichen Generalvikariat einen Satz bunter Karten mit „7 Leitsätzen der Organisationentwicklung“. Diese Sätze zeigten eine erste Richtung an, wie der vom Zukunftsbild beabsichtigte Kulturwandel im Generalvikariat aussehen könnte.

Fünf Jahre danach fragen wir bei Abteilungsleitungen nach: Werden die Leitsätze gelebt? Wie hat sich die Kultur in unserer Behörde schon verändert? Indra Wanke und Andrea Jansen, Leiterinnen der Abteilung „Verschiedene Lebensbereiche – Kategorialseelsorge“ im Bereich „Pastorale Dienste“, geben Auskunft zum Leitsatz „Wir fördern Verantwortung, indem wir Verantwortung übertragen und übernehmen.“

Redaktion

Die von Ihnen geleitete Abteilung ist in dieser Form neu. Welche Aufgaben hat sie?

Andrea Jansen

Wir sind eine Abteilung, die zwei Bereiche zusammenführt, die vorher getrennt waren. Das ist einmal der Bereich Ehe und Familie, und der andere Bereich ist die Kategorialseelsorge. Zum Bereich Ehe und Familie zählt die Ehe-, Familien- und Lebensberatung mit all ihren Beratungsstellen. Das besondere dieser Abteilung ist es, dass wir hier im Haus nur zu dritt sind und die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Außenstellen arbeiten – in hoher Eigenverantwortung.

Redaktion

Wie kam es zu der Entscheidung, eine Abteilung mit dieser Ausrichtung im neuen Bereich „Pastorale Dienste“ zu schaffen?

Indra Wanke

Diese Entwicklung hat schon begonnen, bevor wir in die Verantwortung gekommen sind. In einer Umfrage des Bereichs Pastorale Dienste wurde deutlich, dass es wichtig ist, noch näher an die Fragestellungen der Menschen ranzukommen und diese schneller zu beantworten. Auch die große Bedeutung der Kategorialseelsorge wurde gesehen. Bei der Einführung der neuen Abteilung ging es darum, eine Unterstützung dieser Felder zu sichern. Diese war natürlich auch vorher da, kann nun aber noch konzentrierter geschehen. Man sah außerdem die Chance der Vernetzung. Die unterschiedlichen Felder sind zunächst einmal eigenständig für sich unterwegs, entdecken jetzt aber, dass es einen Mehrwert hat, sich gemeinsam mit dem Ziel auszurichten, für die Menschen da zu sein.

Andrea Jansen

Ich glaube, der Bereich Pastorale Dienste hat in seiner Umstrukturierung stark auf das geschaut, was im Zukunftsbild steht. Vor allem auf die vier verschiedenen Handlungsfelder: Mit der Bildung neuer Abteilungen und auch der Bestätigung bisheriger Abteilungen wurden diese stärker in den Fokus genommen. In unserer Abteilung ist das Handlungsfeld Caritas und Weltverantwortung stark abgebildet oder mit anderen Worten: das diakonische Handeln. Ganz stark ausgeprägt ist das in den kategorialen Feldern, in denen es um seelsorgerische Präsenz in Krisensituationen geht. Aber auch bei der Ehe-, Familien- und Lebensberatung steht das Diakonische im Vordergrund.

“Verantwortung übernimmt ja eigentlich jeder Mensch, der einen Arbeitsvertrag unterzeichnet hat, egal auf welcher Position. Und es geht im Grunde darum, diese Verantwortung, die mein Gegenüber immer hat, anzuerkennen: Ich sehe dich in deiner Verantwortung, ich nehme dich ernst, ich schaffe dir Rahmenbedingungen, damit du diese Aufgabe tun kannst.”

Andrea Jansen

Redaktion

Wie sieht ein normaler Arbeitstag für Sie aus?

Andrea Jansen

Ich habe am 1. März angefangen, also quasi mit der Corona-Pandemie. Sehr viel Normalität gab es bisher noch nicht. Viele Anfragen, die bei mir ankommen, sind noch neu für mich und ich muss erst einmal nachforschen, was ich jetzt damit mache…

Indra Wanke

Ich bin schon etwas länger im Bereich Pastorale Dienste und habe schon mehr Normalität erlebt. Normal ist derzeit, ständig zwischen Homeoffice und Präsenztagen zu wechseln. Die Präsenztage sind dann stark von Besprechungen auf unterschiedlichen Ebenen geprägt. Dazu gehören Gespräche mit den Diözesanbeauftragten oder den Verantwortlichen für die Ehe-, Familien- und Lebensberatung. Im Homeoffice bin ich dann eher damit beschäftigt, Mails abzuarbeiten und inhaltliche Dinge anzugehen.

Redaktion

Neben der Abteilungsleitung haben Sie auch die inhaltliche Verantwortung für den Bereich Ehe- und Familienpastoral. Wie greift das ineinander?

Indra Wanke

Ich finde, dass die Felder in unserer Abteilung inhaltlich gut ineinander greifen. Im Bereich Ehe und Familie begleiten wir Menschen in ihrer Partnerschaft, ihrer Ehe, ihrer Familie, also letztlich durch ihre Biografie hindurch. Wir setzen also bei den Lebensthemen an, und das ist etwas, was die Kategorialseelsorge auch tut. Da geht es um Themen wie Krankheit, Sterben, Krisen und Scheitern. Nur: Wenn solche Themen in einer Familie auftauchen, dann prägen sie das gesamte System nachhaltig. Die Chance unserer Abteilung liegt darin, das alles zusammen zu sehen.

Andrea Jansen

Und gleichzeitig hat die Ehe- und Familienpastoral noch weitere Bezüge, man denke nur an den ganzen Komplex Sakramentenvorbereitung, die Liturgie oder die vielen besonderen Initiativen in unserem Erzbistum, die sich um Ehe und Familie drehen. Es gibt viele Vernetzungen, wir können also nicht als Säule ohne Beziehungen zu anderen da stehen.

Redaktion

Sie sind beide neu in der Rolle der Abteilungsleitung – wie geht es Ihnen nach den ersten Monaten?

Indra Wanke

Die letzten Monate waren von der Corona-Pandemie geprägt. Prozesse, die wir geplant hatten, wurden verlangsamt, etwa das Zusammenfinden als Leitung, das Zusammenfinden mit den Diözesanbeauftragten, ein gemeinsames Sich-auf-den-Weg-machen… Andererseits hat in dieser Zeit eine ganz intensive Kommunikation stattgefunden, zum Beispiel ging es um die Frage, was das für die einzelnen Felder bedeutet und in welcher Form diese trotz der Beschränkungen weiter für die Menschen da sein konnten. Es war eine gute Zeit, um das Miteinander einzuüben. Aber alles lief natürlich ganz anders als gedacht.

Andrea Jansen

Ich erlebe eine große Unterstützung durch die Bereichsleitung der Pastoralen Dienste. Diese wirkt sich so aus, dass jeder weiß, dass wir eine neue Abteilung sind, und zudem ist es auch ein Novum, eine Tandem-Leitung zu haben. Es ist auch ein Experiment, bei dem wir erst einmal schauen, wie man eine Leitungsstelle mit Beschäftigungsumfang von 100 Prozent auf zwei Personen aufteilen kann.

Redaktion

Haben Sie unterschiedliche Aufgaben?

Indra Wanke

Für die verschiedenen Stellen der Kategorialseelsorge gibt es schon eine Aufteilung der Zuständigkeiten. Die Diözesanbeauftragten haben also eine klare Ansprechpartnerin. Bei mir ist das die Gefängnisseelsorge, die Telefonseelsorge und die Polizei-, Notfall- und Feuerwehrseelsorge. Und im Bereich der Ehe- und Familienpastoral sind es die EFL-Beratungsstellen.

Andrea Jansen

Bei mir liegt Krankenhausseelsorge und Reha, Hospiz, Behindertenseelsorge und der Kontakt zur Caritas. Daneben sind wir auch noch für einzelne Projekte verantwortlich, die traditionell zur Ehe- und Familienpastoral gehören: die Kinderwallfahrt zum Beispiel oder das Weihnachtsheft. Hier sondieren wir noch, wie wir damit von unserer Seite umgehen.

“Verantwortung ist kein aktives Übertragen, sondern etwas, was schon da ist. Die Diözesanbeauftragen zum Beispiel tragen ja Verantwortung, teilweise schon seit vielen Jahren. Und das wollen wir auch in der neuen Struktur fördern. Wir versuchen die Unterstützung zu geben, damit sie vor Ort ihre Arbeit gut tun können.”

Indra Wanke

Redaktion

Spüren Sie, dass Sie jetzt mehr Verantwortung haben?

Indra Wanke

Ja, ich kann das für mich auf alle Fälle sagen. Weil einfach noch einmal Fragen dazugekommen sind, die sich bei meinen früheren Tätigkeiten nicht gestellt haben. Personalverantwortung zum Beispiel oder Stellenplanfragen. Die Zahl der Mitarbeitenden, die in unseren verschiedenen Feldern da sind, ist schon enorm. Das ist schon ein hohes Maß an Verantwortung.

Andrea Jansen

Für mich ist die Veränderung weniger groß. Ich glaube, das hat etwas mit meiner früheren Stelle in der Berufseinführung von Gemeindereferentinnen und Gemeindereferenten zu tun. Das war zwar im Vergleich zu den Mitarbeitenden in der jetzigen Abteilung eine kleine Zahl. Aber ich war letztendlich federführend in der Anstellung und auch in der Weiterbeschäftigung. Das Novum ist für mich eher, dass ich mich jetzt auf einer Zwischenstufe befinde, die ich vorher nicht kannte: zwischen Bereichsleitung und Diözesanbeauftragten. Da muss ich für mich noch klären, was meine Rolle ist.

Indra Wanke

Die Diözesanbeauftragten arbeiten ja sehr eigenverantwortlich, und unsere Aufgabe ist es dann eher, die Kommunikation ins Haus hinein zu fördern, in die unterschiedlichen Strukturen: zu unserer Bereichsleitung, zur Personalabteilung, zur Finanzabteilung und so weiter.

Redaktion

Das Zukunftsbild versucht ja, ein einseitiges Verständnis von Verantwortung aufzubrechen. Knapp formuliert: Verantwortung heißt nicht nur, Verantwortung zu übernehmen, sondern auch, Verantwortung zu übertragen. Was heißt das konkret in ihrer Abteilung?

Andrea Jansen

Ich würde Verantwortung noch weiter definieren. Verantwortung übernimmt ja eigentlich jeder Mensch, der einen Arbeitsvertrag unterzeichnet hat, egal auf welcher Position. Und es geht im Grunde darum, diese Verantwortung, die mein Gegenüber immer hat, anzuerkennen: Ich sehe dich in deiner Verantwortung, ich nehme dich ernst, ich schaffe dir Rahmenbedingungen, damit du diese Aufgabe tun kannst.

Indra Wanke

Verantwortung ist kein aktives Übertragen, sondern etwas, was schon da ist. Die Diözesanbeauftragen zum Beispiel tragen ja Verantwortung, teilweise schon seit vielen Jahren. Und das wollen wir auch in der neuen Struktur fördern. Wir versuchen die Unterstützung zu geben, damit sie vor Ort ihre Arbeit gut tun können. Wichtig ist dabei Transparenz: dass ich mitbekomme, an welchen Themen die Mitarbeitenden dran sind, welche Fragen sie sich gerade stellen sich oder welche Hürden sich auftun.

Redaktion

Was bedeutet es für die Rolle einer Abteilungsleitung, wenn Verantwortung von vielen übernommen wird?

Indra Wanke

Es kommt vor allem darauf an, die gemeinsam zu erreichenden Ziele in den Blick zu nehmen und den Rahmen abzustecken: Wohin sind wir gemeinsam unterwegs? Die konkrete Ausgestaltung des Arbeitsfeldes nimmt dann jede oder jeder Verantwortliche für sich vor. Die kategorialen Felder sind eingebunden in das große Ganze, in die Gesamtstrategie des Generalvikariates, das das Zukunftsbild als Orientierungsrahmen hat.

Redaktion

Was muss es an Rahmenbedingungen geben, damit Menschen gerne Verantwortung übernehmen?

Andrea Jansen

Ich glaube, es braucht Sicherheit, eine klare Zuweisung von Verantwortlichkeit, ein Ernstnehmen dessen, was Mitarbeitende tun und ein klares Interesse der Mitarbeitenden an seiner Tätigkeit. Und es braucht die Gewissheit: Das, was ich tue, ist in ein Ganzes eingebunden. Mit anderen Worten: Ich muss erfahren, dass das, was ich tue, Relevanz hat.

Redaktion

Mit Blick auf das gesamte Generalvikariat: Wie weit hat es sich aus Ihrer Sicht schon der Gedanke durchgesetzt, dass Verantwortung von vielen wahrgenommen wird?

Indra Wanke

Wenn ich an meine früheren Einsatzgebiete denke, dann habe ich im Rahmen meiner jeweiligen Aufgaben immer Verantwortung getragen und ein gutes Maß an Freiheit in der konkreten Ausgestaltung der Aufgabe erlebt. Im Blick auf das Generalvikariat besteht die Herausforderung, Verantwortungsübernahme innerhalb der Strukturen einer Behörde zu gestalten. Wir wollen schneller auf die Bedarfe der Menschen reagieren und agil arbeiten. Manche Prozesse brauchen aber innerhalb unserer Strukturen einfach ihre Zeit.

Redaktion

Wie würde es sich aus Ihrer Sicht auf das Generalvikariat auswirken, wenn in der Mitarbeiterschaft eine Kultur der Verantwortungsübernahme entstünde?

Andrea Jansen

Ich finde, die gibt es schon. Würde man etwas anderes behaupten, würde man all den Leuten nicht gerecht, die mit ungemein viel Motivation und Ernst an der Arbeit sind, die sich als Teil eines Ganzen betrachten, die Wertschätzung für ihre Arbeit erfahren und sie auch an andere weitergeben. Es mag sein, dass das ganze möglicherweise noch nicht so eine Dynamik hat, dass es von einer Abteilung auf die andere überspringt. Aber dass es das nicht gibt, das wäre nicht richtig. Was mir außerdem wichtig ist: dass ich in Kontakten immer wieder merke, dass Leute mitdenken, weiterdenken, mich auf Dinge aufmerksam machen. Und auch umgekehrt: Wenn ich eine Frage stelle oder auf etwas aufmerksam mache, kommt Dank zurück, dass man mitgedacht hat. Ich glaube schon, diese Motivation für die eigene Arbeit kommt auch daher, dass die Menschen ganz bewusst in einer kirchlichen Einrichtung arbeiten. Das verändert. Und was ein verantwortungsvolles Miteinander schließlich auch ausmacht, ist Toleranz gegenüber Fehlern. Wenn Fehlertoleranz wirklich ernstgenommen wird, dann wird bei einem Fehler zuerst gesehen, dass jemand zum Beispiel neu ist. Oder es wird gefragt, warum dieser Fehler geschehen ist und was man für einen Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin eventuell tun kann, damit sie ihre Aufgaben besser erledigen können. Das ist ein ganz anderer Ansatz. Und da liegt eine Chance.

Interviewreihe "7 Leitsätze zur Organisationsentwicklung"

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